Münchsmünster
Wo einst Hopfen gezupft wurde

Franz Binder ist Logistikplaner bei Audi in Münchsmünster und erinnert sich dabei auch an früher

08.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:13 Uhr

Vom Hopfengarten zu Audi: Franz Binder arbeitet in der Logistik des Autobauers. - Foto: Rössle

Münchsmünster (PK) Aus der Ruhe bringt Franz Binder so schnell nichts. Der 57-Jährige aus Münchsmünster ist Planer in der internen Logistik bei Audi und hat viel Spaß dabei, am Aufbau in Münchsmünster mitzuwirken. Bei Problemen tut eine gewisse Gelassenheit gut. Und die bringt Binder mit.

Binder umreißt das Aufgabengebiet in der Planung der internen Logistik, das mit körperlicher Arbeit nichts zu tun hat: Die ganze Wertstoffentsorgung, den internen Paketdienst, das Behältermanagement und die Lkw-Leitstelle organisieren. Das Team – kein reines Logistikteam – ist zur Zeit sieben Mann stark und momentan auch noch mit dem Aufbau der Logistikhalle (ausschließlich für leere Behälter) beschäftigt, die im Oktober fertiggestellt sein soll. „Alles ist im Aufbau, Münchsmünster ist noch lange nicht fertig“, sagt Binder. Die neue Logistikhalle wird 60 mal 47 Meter groß sein, die Höhe misst acht Meter. Die Brutto-Logistikfläche beträgt 1900, die Lkw-Schleuse 950 Quadratmeter.

Da Binder, der heuer für 20 Jahre ehrenamtliche Mitarbeit in den IHK/HWK-Prüfungsausschüssen mit einem goldenen Ring ausgezeichnet worden ist, und seine Kollegen nicht operativ unterwegs sind, spielt sich viel am Schreibtisch und am Computer ab. Dennoch sucht Binder den Kontakt zu den Mitarbeitern vor Ort. „Ich stempel morgens an und geh dann erst einmal durch die Hallen. Da erfährt man so vieles.“ Zum Beispiel, wenn es irgendwo zwickt, wo etwas gemacht werden muss, wo der Platz knapp wird. „Ein Logistikplaner muss kommunikativ sein“, erzählt Binder. „Der Mitarbeiter oder Kollege, der sagt, dass es zwickt, hat meistens auch eine Lösung im Kopf. Die höre ich mir an. Oft ist die Idee gut umzusetzen. Und eine solche Neuerung wird am besten angenommen.“ Ein Beispiel: die Breite der Gänge, durch die die Gabelstapler fahren müssen. „Man hatte mir gesagt, dass der Stapler an manchen Ecken nicht rumkommt.“ Nach Rücksprache mit der Logistikplanung sind die Gänge nun breiter angelegt.

Binder, der in seiner Freizeit beim TV Vohburg in der Karateabteilung den Nachwuchs trainiert und rund 20 Jahre in der Vohburger Wasserwacht Kindern das Schwimmen beigebracht hat, war „der allererste Meister in der neuen Lackiererei bei Audi in Ingolstadt“. Nach Münchsmünster ging er nicht nur wegen der Nähe zu seinem Wohnort, sondern auch, „weil ich mit 57 Jahren noch einmal etwas Neues mit aufbauen wollte, weil ich eigene Ideen einbringen wollte“. Binder ist also kein Neuling in der Logistik, hat seine Erfahrungen aus Ingolstadt mitgebracht. Ansonsten gilt auch „learning by doing“.

Apropos Nähe zum Wohnort: „Früher bin ich 40 Minuten mit dem Auto nach Ingolstadt gefahren, heute schaffe ich es mit dem Rad von zu Hause ans Werkstor in sieben Minuten.“ Zu Fuß klappt es in einer Viertelstunde. Und wenn es mal „brennt“ und er ist schon daheim, ist er schnell an Ort und Stelle.

Das Haupttor ruft bei Binder eine besondere Erinnerung wach: „Genau da, wo jetzt die Einfahrt ist, gab es früher einen Hopfengarten. Als Kind habe ich da immer meiner Mutter bei der Hopfenernte geholfen.“ Das Feld, erinnert sich Binder, gehörte damals dem Münchsmünsterer Bauern Kreitmeier. Am Tag schaffte seine Mutter zehn bis zwölf Körbe voller Hopfen – wohlgemerkt per Hand gezupft. „Gesammelt hat der Bauer den Hopfen in einem geeichten Gefäß. Und für jedes volle gab es ein ,Blecherl’. „Erst bei Ende der Hopfenernte gab es dann ein Dankesfest, und da wurden die erarbeiteten Blecherl in Mark umgetauscht. Lang ist’s her, 100 Meter vor dem Tor findet Binder sogar noch eine Hopfenpflanze, die sich an einem Baumstamm hochwindet.

Zurück im Büro. Heute muss man das System beherrschen, früher, erinnert sich Binder, gab es die ,Lagerkarteikarten’. „Da stand die Artikelnummer drauf und die Anzahl der Teile, die noch vorrätig sind.“ Die Zahl wurde korrigiert, die Karte kam zurück ins Fach an der Wand. Früher war die Arbeit im Lager aber auch körperlich anstrengender. „Schwer heben und tragen müssen wir heute nicht mehr“, erklärt Binder. „Das machen heute alles Maschinen. Es gibt sogar Hebehilfen.“ Das bedeutet für Binder: „Diese Art von Arbeit hat sich für den Menschen verbessert.“ Dafür werden nun höhere Anforderungen gestellt: am Computer, am Terminal im Stapler oder bei der Strichcodierung.

Interne Logistik bedeutet auch, die Pakete zu verteilen, die angeliefert werden. Binder: „Die Empfänger werden informiert, dass das Paket da ist.“ Und wenn es nicht abgeholt wir? „Nach zwei Tagen wird es zurückgeschickt. Da sind wir gnadenlos.“ Passiert das oft? „Nein, es läuft nun sehr gut.“ Das bringt ihn also auch nicht aus der Ruhe.