Wo die Energie aus dem Boden wächst

12.12.2008 | Stand 03.12.2020, 5:21 Uhr

Profis im Wald: Ohne klare Anweisungen lässt Revierförster Andreas Naumann (links) niemanden in den Wald.

Ingolstadt (DK) Heizen mit Holz hat sich zu einer echten Alternative entwickelt. Immer mehr Ingolstädter wagen sich daher auch an die gefährliche und mühsame Beschaffung des Energieträgers. Das A und O sind indes die Sicherheitsvorschriften im Wald, betonen die Profis vom Ingolstädter Forstamt.

Es ist früher Vormittag, die Wintersonne versteckt sich hinter den Wolken. Die klamme Kälte erfüllt auch das kleine Waldstück in der Nähe des Ingolstädter Fort Hartmann. Doch Frank Emmerich fühlt sich pudelwohl. Harte Arbeit an der frischen Luft, das ist ganz im Sinne des städtischen Angestellten. Für den privaten Hausbedarf will Forstwirt Emmerich ein paar Ster (das Maß entspricht einem Kubikmeter) Holz ernten und dabei gleichzeitig demonstrieren, wie der Baum sicher, umweltschonend und möglichst Kräfte sparend vom Wald in den Ofen kommt.

Denn nicht alle, die mit Axt und Säge Nachschub für daheim besorgen wollen, halten sich an die Regeln: "Es gibt immer wieder Selbstwerber, die ohne Schutzkleidung arbeiten", berichtet Revierförster Andreas Naumann, der für die städtischen Wälder Neuhau und Auwald zuständig ist. Bei solchen groben Verstößen gegen die Sicherheitsvorschriften kennt der 35-Jährige keine Gnade und streicht die Übeltäter von seiner Kundenliste. Das schmerzt derzeit besonders, denn die Zahl der Selbstwerber, wie die privaten Holzfäller amtlich heißen, wird in den Ingolstädter Wäldern streng begrenzt.

So wie die Nachfrage nach Ofenheizungen angestiegen ist, wird heutzutage auch mehr Holz benötigt. 140 Kunden zählte das Schanzer Forstamt vor zehn Jahren. Heuer betreut Andreas Naumann bereits über 230 Kunden und nimmt bis zum Saisonende im nächsten Frühjahr keine neuen mehr an. "Für viele ist die Holzarbeit mehr ein Hobby", weiß der Revierförster. Besonders an den Feiertagen erwartet er wieder einige Selbstwerber im Forst, die das Holzfällen mit einem Familienausflug verbinden.

Frank Emmerich gehört hingegen zu den Verbrauchern, die genau die einzelnen Energieträger und ihre Kosten analysieren. "Mir waren einfach die Preise sympathischer", begründet der Experte seine Entscheidung für Holz, das er wie jeder andere Kunde auch beim Forstamt bezahlt. Zudem ist Emmerich ein Anhänger des kontrollierten Feuers im Wohnzimmer: Beinahe das ganze Jahr hindurch heizt der Ingolstädter, weil er die Stimmung, das Knistern und Prasseln der brennenden Holzscheite liebt.

Im Wald ist Frank Emmerich, ein gestandenes Mannsbild, ganz in seinem Element: Nach kurzer Beurteilung, bei der Frank Emmerich exakt die Fällrichtung bestimmt, setzt er die Motorsäge an eine 17 Meter hohe Grauerle. "Achtung", ruft der Forstarbeiter und schneidet eine so genannte Fallkerbe aus dem Stamm. Wenige Sekunden und zwei Schnitte später neigt sich der Baum zur Seite. Ein leichter Druck auf den Stamm genügt schließlich, um den Energieträger endgültig zu Boden zu werfen. Den Baum hat Förster Andreas Naumann zuvor ganz gezielt ausgewählt, weil er andere im Wachstum behinderte.

Die ganze Routine der Profis zeigt sich beim nächsten Arbeitsschritt: Während sich das Maßband vom Werkzeuggurt an seiner Hüfte abwickelt, entfernt Frank Emmerich die Äste und schneidet gleichzeitig Normstücke in Meterlänge ab. Auch bei Transport und Lagerung des Holzes hat der Forstarbeiter so manchen Trick drauf: Um die glitschigen Stücke besser bewegen zu können, benutzt Emmerich eine spezielle Packzange. Selbst 40 Kilo schwere, meterlange Stämme können so mit der Hand sauber aus dem Wald geschleppt werden. Auf keinen Fall soll das Holz jedoch zwischen zwei Bäumen gestapelt werden: "Das drückt die Rinde ab und zerstört den Baum", warnt Emmerich und zeigt, wie mit wenigen Arbeitsschritten ein provisorisches Gestell gebaut werden kann.

Etwa zehn Ster Holz am Tag könnte er bei diesem Tempo ernten. Doch viel wichtiger als die Geschwindigkeit bei der Arbeit ist die Sicherheit: Jährlich verunglücken Hunderte von Menschen bei Waldarbeiten. Besonders vorsichtig geht Frank Emmerich daher mit der Motorsäge um: "Auf gar keinen Fall darf man damit einen Kavalierstart hinlegen," warnt der Fachmann. "Die sind mörderisch gefährlich." Von Kopf bis Fuß hat der Holzhauer daher die vorgeschriebene Sicherheitskleidung angelegt und bleibt bei jedem Handgriff hoch konzentriert. Klar ist nämlich auch: "Selbst wir lernen immer wieder etwas Neues hinzu."