Ingolstadt
Wo der Wolf Tom Waits singt

Der Puppenspieler Daniel Wagner erzählt bekannte Märchen auf sehr spezielle Weise - Gastspiel im Jungen Theater Ingolstadt

22.02.2019 | Stand 23.09.2023, 6:03 Uhr
  −Foto: Zinnecker

Ingolstadt (DK) Er hat Tischler gelernt - wie Harrison Ford.

"In bin ein großer Fan von Harrison Ford, also eigentlich von Indiana Jones", sagt Daniel Wagner. Also wollte er seinem Idol nacheifern - um dann vielleicht Archäologe zu werden und allerlei filmreife Abenteuer zu bestehen. Aber nein. Daniel Wagner, Jahrgang 1977, ist Puppenspieler geworden. Im Familienunternehmen Theater auf der Zitadelle in Berlin-Spandau, das seine Eltern Regina und Ralf Wagner 1996 gegründet hatten. Aber die Ausbildung zum Tischler an der Staatsoper Berlin bereut er trotzdem nicht. "Das war super. Ein Handwerk zu haben, ist echt gut. " Nach der Lehre entschied er sich für das Puppenspiel-Studium an der Ernst-Busch-Hochschule und trat damit nicht nur in die Fußstapfen seiner Mutter, sondern lernte dort auch seine heutige Frau Anna kennen, die ebenfalls Puppenspielerin ist. Und beide sind gerade dabei, mitten in Kreuzberg ein neues Theater aufzubauen. Das Theater im Bergmannkiez befindet sich in einem schönen Berliner Hinterhof, in einem alten Pferdestall der Schultheißbrauerei, ein Backsteinbauwerk. "Ein magischer Ort", schwärmt Daniel Wagner. Trotzdem ist er viel auf Tour. Und im März in Ingolstadt.

Schon im vergangenen Jahr betörte er das Publikum mit einer sehr speziellen Version des Märchen-Klassikers "Der gestiefelte Kater". Held in seiner Geschichte war eine gestiefelte Katze und die Produktion insgesamt mit dem bösen Zauberer Sagrotan, einem völlig konfusen Sensenmann und großen Schleichfiguren-Schattentheater ein fulminantes Theatervergnügen für alt und jung.

Diesmal bringt Daniel Wagner zwei Stücke mit - und spielt einmal abends und einmal nachmittags. Am Samstag, 9. März, bringt er in seiner Märchencomedy "Das tapfere Schneiderlein" und "Rotkäppchen" auf die Bühne. Am Sonntag, 10. März, gibt es eine Nachmittagsvorstellung vom "Tapferen Schneiderlein". Darin erzählt der Puppenspieler vom Schneider Helge, der es auf den Königsthron schafft und die Prinzessin heiratet. Und wie unterscheiden sich die beiden "Schneiderlein"-Vorstellungen? "Gar nicht", sagt Daniel Wagner. Aber merkwürdigerweise wirke das Spiel vor Erwachsenen anders. "Puppenspiel hat einfach keinen guten Ruf", bedauert Daniel Wagner. "Die meisten denken, das ist puppig, nicht cool und bestimmt nur was für kleine Kinder. " Dabei ist es alles andere als das - und mittlerweile vielfach ausgezeichnet "Unser Markenzeichen ist, dass wir nicht zwischen Kinder- und Erwachsenentheater unterschieden", fügt er an. Schon beim letzten Gastspiel hat Daniel Wagner unter Beweis gestellt: Sein Spiel mit den theatralen Formen, in der nicht nur der Puppenspieler, sondern auch der Schauspieler, der Lichtkünstler und Technikfreak gefordert ist, ist formidabel. Seine Herangehensweise an die altbekannten Märchen zeugt von Fantasie und Witz. Und die Puppen sind sowieso kleine Kunstwerke. Vater Ralf Wagner baut die Holzfiguren, Mechtild Nienaber entwickelt die Stoffpuppen.

Was können Puppen, was Menschen nicht können? "Die sind selber schon komisch. Außerdem können sie fliegen, schnell sein, viel schneller als Menschen. Man hat viel mehr Timing-Möglichkeiten und entwickelt schon dadurch eine bessere Komik", sagt Daniel Wagner.

Gibt es einen Moment im Stück, auf den er sich am meisten freut? Daniel Wagner überlegt kurz: "Bei ,Rotkäppchen' finde ich die Szene schön, wenn der Wolf Tom Waits singt. " Und beim "Tapferen Schneiderlein"? "Der Moment, an dem ich auf der Bühne einen Stromschlag bekomme. Obwohl das Quatsch ist, weil da ja gar kein Strom ist. Aber es gibt eine Szene, in der ich die Tischlampe für das Schattenspiel benötigt. Also stecke ich den Stecker in die Wildschweinnase. Und beim Rausziehen kriege ich eine gewischt, so dass ich nicht mehr weiterspielen kann. Wenn ich gut drauf bin, dauert das sehr lange. Dann ist das Publikum ganz verunsichert. " Er lacht.

Etwa 100 Gastspiele absolviert er im Jahr - quer durch die Republik. "Es macht Spaß rumzufahren und zu sehen, wie das Publikum reagiert. Denn das ist von Stadt zu Stadt verschieden. In Bayern funktioniert es gut. Man merkt: Den Leuten geht es gut - und sie haben Lust zu lachen. "

Märchencomedy am 9. März um 19 Uhr in der Werkstatt des Jungen Theaters Ingolstadt, "Das tapfere Schneiderlein" am 10. März um 16 Uhr in der Werkstatt. Kartentelefon (0841) 30547200.

Anja Witzke