Ingolstadt
Wittmann und Werner im Clinch

Finanzausschuss: Debatte um Etatposten für Landschaftspflege eskaliert - und in der Sache ist nichts passiert

17.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:53 Uhr

Ingolstadt (hl) Heftiger Disput um ein Thema, das seit bald zwei Jahren im Stadtrat gärt: Um die Frage, in welcher rechtlichen Form die Landschaftspflege in Ingolstadt künftig organisiert wird, mehr noch aber über die Regeln der Sitzungsleitung, sind Bürgermeister Albert Wittmann (CSU) und SPD-Fraktionschef Achim Werner gestern im Finanzausschuss heftig aneinander geraten.

Die beiden schon länger in herzlicher Abneigung verbundenen politischen Kontrahenten blafften sich streckenweise regelrecht an, weil Wittmann auf seinem Einspruchsrecht als Sitzungsleiter beharrte, Werner aber nicht in seinem Beitrag unterbrochen werden wollte.

Sachlich ging es darum, dass die Verwaltung im Entwurf für den Nachtragshaushalt 2018 einen (vorläufig gesperrten) Pauschalbetrag von 50000 Euro für eine eventuell zu gründende städtische Tochtergesellschaft ("IN Grün") eingestellt hat, obwohl es für eine gesellschaftsrechtliche Organisationsform, wie sie OB Christian Lösel länger vorgeschwebt hat, noch gar keinen Stadtratsbeschluss gibt.

Wie seinerzeit wiederholt berichtet, hatten sich die CSU-Fraktion und die Stadtspitze (ausgenommen Umweltreferent Rupert Ebner, Grüne) bislang stets gegen einen Landschaftspflegeverband unter Einbeziehung der Naturschutzorganisationen in Vereinsform nach Vorbild anderer Regionen gesperrt, während die Opposition im Stadtrat genau dies befürwortet hat. Zuletzt haben sich die Christsozialen aber offenbar nochmals intensiver mit dem Thema befasst und auch die entsprechenden Verbände und den OB zum Informationsaustausch hinzugebeten.

Bei einigen Oppositionspolitikern war das so aufgefasst worden, als werde bereits am Stadtrat vorbei an der Organisation einer neuen Gesellschaft gestrickt; die namentliche Bezeichnung einer solchen im Nachtragsetatentwurf verstärkte diesen Eindruck noch. Petra Kleine (Grüne) hielt der Verwaltung und insbesondere Bürgermeister Wittmann denn auch gestern eingangs der Sitzung vor, in diesem Punkt "politisch nicht korrekt" zu arbeiten: "So geht es einfach nicht!"

Als SPD-Sprecher Werner in dieselbe Kerbe hieb und abermals die Bedenken seiner Fraktion gegen eine privatrechtliche Gesellschaftsform für die Landschaftspflege (die Sozialdemokraten befürchteter mangelnde öffentliche Transparenz) anführte, wollte Albert Wittmann ihn unterbrechen - um herauszustreichen, dass die Verwaltung die Organisationsform bislang stets offen gelassen hat. Werner fühlte sich - nach ähnlichen plötzlichen Einwürfen des Bürgermeisters in früheren Finanzausschusssitzungen - dadurch offenbar ausgebremst und gemaßregelt und wollte sich partout nicht unterbrechen lassen, was zu einem lautstarken Streitgespräch mit dem Sitzungsleiter führte.

Auf die Anregung von ÖDP-Stadtrat Thomas Thöne hin, demnächst intern nochmals eingehender über die Diskussionskultur im Ausschuss zu reden, ließ sich Wittmann zu der Aussage hinreißen, er könne als Sitzungsleiter jederzeit eingreifen, wenn es bei Redebeiträgen im Plenum zu einem "Sprechdurchfall" komme. Werner bezog das wiederum auf sich und warf dem Bürgermeister (mit Bezug auf die "Deppenhaufen"-Affäre vor einigen Monaten) vor, nicht einmal zu eigenen verbalen Entgleisungen zu stehen. Wittmann wiederum betonte, dem Begriff "Sprechdurchfall" nur ganz allgemein beim Kabarettisten Gerhard Polt entlehnt zu haben.

In der Sache ist die Kontroverse um die rechtliche Struktur der Landschaftspflege womöglich aber bereits entschärft worden: Auf Vorschlag von Grünen-Sprecherin Kleine soll die entsprechende Position im Entwurf für den Nachtragshaushalt nunmehr mit 130000 Euro ausgestattet und die Organisationsform offen gelassen werden, so dass der Stadtrat alle Freiheiten hat, diese später festzulegen.

Sowohl Bürgermeister Albert Wittmann als auch Finanzreferent Franz Fleckinger merkten an, dass die letztlich ausgewiesene Summe - egal in welcher Höhe - in diesem Haushaltsjahr wohl kaum angetastet werden muss. Laut Fleckinger handelt es sich um einen "Vorsorgehaushaltsansatz", der gesperrt ist, bis alle rechtlichen Schritte zur Umsetzung eines Stadtratsbeschlusses zur Landschaftspflege erfolgt sind. Das sei heuer aber nicht mehr zu erwarten, die ganze Sache also noch längst nicht kassenwirksam.

CSU-Sprecherin Patricia Klein stellte in Richtung Opposition klar, dass die jüngsten Anstrengungen ihrer Fraktion, sich in Sachen Landschaftspflege zu positionieren, "überhaupt nichts Verwerfliches" darstellten und sowohl die Umweltverbände ("Die sind viel aufgeschlossener, als Sie denken") als auch OB Lösel auf Einladung an einem Informationsaustausch teilgenommen hätten. Klein: "Viel Lärm um nichts!" Noch deutlicher war Thomas Thöne mit seiner Einschätzung, dass manche Diskussionen in den Stadtratsgremien nach außen kaum noch zu vermitteln seien.

Bernd Heimerl