Berlin
Wirtschaftsspione im Visier

Regierung und Verbände planen Strategie gegen Ausspähung deutscher Firmen

28.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:44 Uhr

Berlin (AFP) Die deutsche Wirtschaft soll besser vor Angriffen aus dem Ausland geschützt werden. Wirtschaftsverbände und Bundesregierung planen eine nationale Strategie, die Spionage und Sabotage deutscher Firmen durch ausländische Geheimdienste oder die Konkurrenz verhindern soll.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und das Bundesinnenministerium unterzeichneten gestern in Berlin eine gemeinsame Erklärung, auf deren Grundlage die Antispionage-Strategie bis 2015 erarbeitet werden soll. Eingerichtet wird dafür zunächst eine gemeinsame Steuerungsgruppe, zudem soll eine Koordinierungsstelle für die Sicherheitsbehörden zu Fragen des Wirtschaftsschutzes im Innenministerium geschaffen werden.

„Für einen erfolgreichen Schutz unserer Wirtschaft müssen wir das Bewusstsein für die noch immer unterschätzte Gefahr von Angriffen auf Know-how und Innovation deutscher Spitzenunternehmen deutlich erhöhen“, sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Insbesondere mittelständische Firmen müssten stärker für Sicherheitsfragen sensibilisiert werden.

Gerade die heutige arbeitsteilige Wirtschaft, bei der Produkte an zahlreichen Standorten in Deutschland und der gesamten Welt entwickelt und produziert werden, sei anfällig für Wirtschaftsspionage, sagte Friedrich. Die Schäden für die deutsche Wirtschaft beliefen sich auf geschätzt 50 Milliarden Euro. Allerdings sei die Dunkelziffer groß, denn viele Firmen meldeten Angriffe den Behörden nicht. „Wir haben keine Zeit zu verlieren“, sagte der Minister.

BDI-Chef Ulrich Grillo betonte, eine Zusammenarbeit von Staat und Unternehmen bei dem Thema müsse immer freiwillig sein. Vom Staat forderte er eine koordinierende Rolle. Friedrich allerdings wiederholte seine Forderung, Unternehmen müssten Angriffe auf ihre sicherheitsrelevante Infrastruktur verpflichtend melden. Dies sei zum Beispiel im Rahmen der Energiewende, mit der intelligente Steuerungssysteme an Bedeutung gewinnen sollen, besonders wichtig.

DIHK-Präsident Eric Schweitzer sagte, die Sensibilität der Unternehmen sei durch das Bekanntwerden der umfangreichen Internetüberwachung durch Geheimdienste aus den USA und Großbritannien gestiegen. Es gebe aber keine klaren Erkenntnisse über den tatsächlichen Schaden. Die Aufklärung des NSA-Skandals solle daher auch nicht zur Bedingung für einen Abschluss der Verhandlungen von EU und USA über ein Freihandelsabkommen gemacht werden.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, betonte, dem Inlandsgeheimdienst lägen bis heute „keine Erkenntnisse“ vor, dass britische oder US-Nachrichtendienste hierzulande Wirtschaftsspionage betrieben hätten. Hingegen habe man „ein sehr großes Interesse“ anderer ausländischer Nachrichtendienste „am technologischen Know-how deutscher Unternehmen“ festgestellt. Besonders aktiv seien hier die chinesischen und russischen Dienste, sagte Maaßen. Betroffen seien davon auch wissenschaftliche Einrichtungen.