Herr
"Wir wollen was zerreißen"

27.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:36 Uhr

 

Herr Reich, Sie sind jetzt bald eineinhalb Jahre am neuen Standort. War die Entscheidung richtig

Reich: Auf jeden Fall. Unser Ziel war es, uns mit dem gesamten Leistungsspektrum zu präsentieren. Vorher hatten wir zwei Standorte, und in der Bahnhofstraße konnte der Kunde nicht auf einen Blick wahrnehmen, was wir anbieten. Das ist hier anders, und entlang der Regensburger Straße ist auch die Frequenz besser geworden.

Die Leute biegen auf dem Weg in die Altstadt ab?

Reich: (nickt) Es gab einen Kontakt mit einem Mitarbeiter eines Münchner Konzerns, der in Schrobenhausen wohnt. Er interessierte sich für Konferenztechnik. Diesen Kontakt hätte ich am alten Standort nicht bekommen. Neulich war ein Fliesenleger aus Dachau da, der für sein Büro einen Teppichboden bei uns fand. Gerade bei Firmen aus dem Schrobenhausener Umland hat sich die Wahrnehmung verbessert.

Das leidige Thema Parken hat sich für Sie auch erledigt . . .

Reich: Genau... (lächelt)

Ihre Parkplätze sind größer als üblich, oder?

Reich: Der Standardparkplatz ist 2,50 Meter breit, wir sind auf 2,70 Meter gegangen. So können bei uns auch Kinder problemlos aussteigen. Wir haben auch zwei rollstuhlgerechte Parkplätze, mit über drei Metern.

Werden Sie von den Kunden darauf angesprochen?

Reich: Nicht oft. Einmal habe ich gehört, dass es ungewohnt ist, in so eine große Parklücke zu fahren. Wenn es nicht passen würde, dann wäre das womöglich eher ein Thema.

Apropos ungewohnt: Was für Reaktionen bekommen Sie auf den Neubau?

Reich: Der Weg aus der verwinkelten Papeterie mit den niedrigen Räumen in den offenen Bau – das ist eine Weiterentwicklung, die schon wahrgenommen wurde.

Gab es auch Reaktionen aus Ihrer Branche?

Reich: Unser Ladenbauer hat ein Konzept entworfen, das in der Fachpresse große Beachtung findet. Denn die Branche präsentiert sich häufig so, wie wir das früher auch gemacht haben: kleingliedrig, eng, wenig strukturiert, mit viel Ware auf sehr geringer Fläche. Wir haben uns an anderen Branchen orientiert, die auf einen Erlebnischarakter setzen, wie zum Beispiel Sportartikel. Wir haben das auf unsere Branche übertragen. Das haben vor uns bisher wenige versucht. Wir sind in unserer Branche Vorreiter und haben regelmäßig Besuch von Kollegen aus ganz Deutschland, die Anregungen für ihr eigenes Geschäft suchen.

Welche Rolle spielt das Internet in Ihrer Branche?

Reich: Das ist ein Thema. Weil man sehr schnell sehr viele Händler abfragen kann. Da wird man meistens jemanden finden, der bei einem Artikel vielleicht gerade günstiger ist. Wir setzen andere Schwerpunkte, und da sehe ich auch die Existenzberechtigung des Einzelhandels in der Zukunft: dass wir uns über Dienstleistung, über persönlichen Kontakt, über Beratung positionieren. Ich kann die Dingen anfassen, ich kann sie gegebenenfalls auch wieder zurückgeben, ohne dass ich extra ein Päckchen packen muss. Da sind wir besser als ein Versandhandel.

Es ist ja seit einigen Monaten tatsächlich immer wieder die Rede von einer Trendumkehr: hin zum Einkaufserlebnis. Können das Ihre Zahlen belegen?

Reich: Ich tu mich schwer, dazu etwas zu sagen, weil unser Umzug schon ein struktureller Einschnitt war, der es schwer macht, solche Entwicklungen abzulesen. Beim Schulbedarf haben wir im vergangenen Herbst einen Vergleich angestellt, und da hatten wir tatsächlich eine Steigerung gegenüber den Vorjahren. Ob das nun eine Trendwende war, oder ob der Neubau dazu beigetragen hat, kann ich nicht sagen. Was ich daraus aber ablese: Wir sind auf dem richtigen Weg.

Haben Sie selber einen Webshop?

Reich: Für Firmenkunden, ja. Aber darauf liegt nicht unser Fokus. Er dient einfach als weiterer Bestellweg – neben Telefon, Fax, Mail oder natürlich dem persönlichen Gespräch.

Wie gut funktioniert aus Ihrer Sicht der Einkaufsstandort Schrobenhausen?

Reich: Gut. Wir haben ja auch eine Filiale in Augsburg. Wir stellen fest, dass in Schrobenhausen der Kontakt zu den Kunden sogar enger ist, persönlicher.

Wäre es für Ihre Firma egal, wo Sie Ihre Zentrale haben?

Reich: Nein. Das Ladengeschäft ist hier, es funktioniert so nur in Schrobenhausen. Wobei wir 80 Prozent unseres Umsatzes mit Firmengeschäft machen. Man könnte meinen, dass der Standort dafür unerheblich wäre, das ist aber nicht so. Denn wir sind hier in der Gegend verwurzelt, das spielt eine große Rolle. Ich denke schon, dass wir so, wie wir uns heute im Neubau präsentieren, auch in einer anderen Stadt auftreten könnten. Aber ich denke nicht, dass alle Kunden mit uns mitziehen würden. Wir sind ein Schrobenhausener Unternehmen, das ist so gewachsen. Die Kunden sind kurze Wege und damit schnelle Reaktionszeiten gewöhnt. Das ist schon richtig so.

Was muss passieren, damit es mit dem Einzelhandel in Schrobenhausen positiv weitergeht?

Reich: Ich finde, dass Schrobenhausen bereits jetzt attraktiv ist und viele Vorteile zu bieten hat. Gerade durch den Neubau hatten wir Kontakt mit vielen Fachhandelskollegen aus ganz Deutschland. Da geht man auch mal durch die Innenstadt, auch, um etwas zu essen. Und das ist immer wieder interessant: Sie sagen nämlich ganz andere Dinge über die Stadt als die Schrobenhausener.

Nämlich?

Reich: Dass Schrobenhausen eine sehr schöne Stadt ist, gemütlich, dass der Stadtkern sehr schön ist. Die externen Meinungen fallen durchwegs positiv aus.

Wie beobachten Sie den Altstadtprozess, der vor knapp einem Jahr angelaufen ist?

Reich: Aus unternehmerischer Sicht ganz gelassen. Wir haben in der Innenstadt den Lotto-/Zeitschriftenladen, der ist unabhängig vom Verkehr. Es fährt ja niemand mit dem Auto in die Stadt, um eine Zeitung zu kaufen, sondern man nutzt die Nähe, weil man sowieso gerade beim Einkaufen war, beim Kaffee trinken oder beim Arzt.

Wobei man ja durchaus früher Autos vor Ihrem alten Standort halten sah, wo dann jemand raussprang, um eben eine Zeitung mitzunehmen. Das geht in der Zeil nicht mehr so ohne Weiteres.

Reich: Sie wissen doch, was manche sagen: Geparkt wird natürlich überall, wo es geht (lacht).

Vielleicht ist ja auch jemand von Geschäft zu Geschäft gefahren, um so einzukaufen . . .

Reich: Das könnte schon auch sein. Ich denke, bei uns ist das heute nicht mehr nötig, denn wir liegen jetzt zentral. Und in der Mitte ist man ja tendenziell eher mal.

Sie sagten, Sie sehen den Altstadtprozess als Unternehmer gelassen. Was sagen Sie aber als gebürtiger Schrobenhausener, der hier aufgewachsen ist?

Reich: Ich privat finde schon, dass zu viele Autos in der Stadt sind. Gerade im Sommer wäre es noch schöner in den Cafés, wenn etwas mehr Ruhe einkehren würde. Aber gerade vor kurzem habe ich mit Autofahrern gesprochen, die überzeugt davon sind, dass es für den Handel sehr schädlich wäre, wenn man die Geschäfte weniger mit dem Auto erreichen könnte. Es ist den Schrobenhausener ganz offensichtlich wichtig, dass sie sich mit dem Auto komfortabel in der Innenstadt bewegen können. Ich würde mir wünschen, dass man die Aufenthaltsqualität erheblich steigern kann, verstehe aber jeden Händler, der Sorgen hat. Die Frage lautet: Was ist der sinnvollste Kompromiss. Ich denke, dass der aktuelle Vorschlag sehr gut geeignet ist, allen gerecht zu werden: mehr Aufenthaltsqualität, Sicherheit für die Fußgänger und zugleich dem Handel die Sicherheit bieten, mit dem Auto erreichbar zu sein.

Das Gespräch führte

Mathias Petry