Münchsmünster/Engelbrechtsmünster
"Wir wissen nicht mehr weiter"

MdL Walter Nussel (CSU) machte sich ein Bild von der Situation des Kiesabbaus in der Region 10

28.10.2020 | Stand 02.12.2020, 10:15 Uhr
Machte sich ein Bild von der Situation des Kiesabbaus in der Region 10: MdL Walter Nussel (CSU, zweiter von links) im Kieswerk in Engelbrechtsmünster. Die drei anwesenden Unternehmen vom Initiativkreis Sand und Kies aus der Region 10 waren dankbar, dass der Abgeordnete ein offenes Ohr für ihre Anliegen hatte. Von links nach rechts: Paul Baumann (Firma Anton Eireiner aus Wemding), Robert Staab (Firma Schweiger aus Münchsmünster), Ludwig Schielein (Firma Schielein aus Geisenfeld), Doris Schweiger (Geschäftsführerin Firma Schweiger aus Engelbrechtsmünster). −Foto: Vogl

Münchsmünster / Engelbrechtsmünster - Mit dem Besuch von MdL Walter Nussel, dem Beauftragten für Bürokratieabbau der Bayerischen Staatsregierung, bei der Firma Schweiger in Münchsmünster und dem Kieswerk in Engelbrechtsmünster ging für die Unternehmer des Initiativkreises Sand und Kies am Dienstag ein großer Wunsch in Erfüllung.

Der Landtagsabgeordnete nahm sich Zeit - und die Sorgen der Unternehmer ernst.

Schon längere Zeit haben die Unternehmer des Initiativkreises Sand und Kies in der Region 10 geplant, Nussel ihre Sorgen vorzutragen. Zum Initiativkreis zählen derzeit neun Unternehmen, die in der Region 10 und den angrenzenden Regionen Sand und Kies gewinnen. Der Abgeordnete kam mit seinem Geschäftsstellenleiter Christoph Rappold zum ersten Mal nach Münchsmünster, wie er verriet.

Umsonst ist er nicht gekommen. Denn die Situation für die Unternehmer ist ernst, wie diese betonen. "Ich bin schon am Ende. Die beiden anderen Unternehmen stehen vor dem Ende", lautet das ernüchternde Fazit von Paul Baumann, Geschäftsleiter der Firma Anton Eireiner aus Wemding. Die Firma Eireiner musste bereits ein Kieswerk schließen, ebenso wie die Firma Schweiger aus Münchsmünster. Bei der Firma Schielein aus Geisenfeld sieht es ebenfalls nicht gut aus. "Wir sind in einer Situation, wo wir nicht mehr weiter wissen", stellt Geschäftsführer Ludwig Schielein fest. Am Kiesabbau hängen auch Arbeitsplätze. "Wir mussten dieses Jahr bereits Leute entlassen, weil wir ein Kieswerk schließen mussten", ergänzt Robert Staab, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Firma Schweiger.

Der Grund ist, dass die Unternehmer das Rohmaterial aus dem Trockenabbau nicht mehr waschen dürfen. Das Problem für die Behörden sei aber genau genommen nicht das Auswaschen, wie die Unternehmer betonen. Sondern der Schlamm, der beim Auswaschen übrig bleibt. In diesem findet sich geogenes Arsen. Das heißt, Arsen, das von Natur aus im Boden enthalten ist. Dieser Schlamm darf laut Behörden nicht auf dem gleichen Areal entsorgt werden, auf dem er entsteht - obwohl der Arsengehalt natürlichen Ursprungs ist. "Es ist also ein Entsorgungsproblem", fasst Nussel zusammen, der sich Notizen macht und aufmerksam zuhört.

Nassabbau dürfen die Unternehmer weiter betreiben. Dafür reichen die Vorräte bei der Firma Schweiger allenfalls noch für zwei bis drei Jahre. Ähnlich sieht es bei der Firma Schielein aus. Danach ist erst einmal Schluss. Denn neue Flächen für den Nassabbau von Kies zu erschließen, sei laut den Unternehmen insbesondere im Landkreis Pfaffenhofen schwierig. Seit Jahren werden die Unternehmen nach ihren Aussagen von der Politik in den Trockenabbau gedrängt, der jetzt von den Behörden kritisch gesehen wird.

Aber der Bedarf nach Rohstoffen von Seiten der Wirtschaft und Industrie ist weiterhin da. Robert Staab aus der Schweiger-Geschäftsleitung führt aus: "Die Menschen in der Region brauchen Wohnungen und Infrastruktur, die Wirtschaft Bürogebäude und Werkhallen. Das alles geht nicht ohne Bau- und Rohstoffe. " Laut Aussagen des Bayerischen Industrieverbandes liegt der Pro-Kopf-Bedarf an Transportbeton mit mehr als einem Kubikmeter pro Jahr auf bayerischem Spitzenniveau (zum Vergleich: Der deutsche Durchschnittswert liegt bei rund 0,6 Kubikmeter).

Wenn Kies nicht mehr in ausreichendem Umfang aus der Region gewonnen werden kann, muss er aus anderen Regionen eingeführt werden. "Das bedeutet, mehr Verkehr und mehr Umweltbelastung", sagt Ludwig Schielein. Auch würde das Bauen in der Region dann teurer, weil Sand und Kies aufwendig zu transportieren seien.

Nussel erwähnte an dieser Stelle das Kreislaufwirtschaftsgesetz, das die Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen und die umweltverträgliche Bewirtschaftung von Abfällen zum Ziel hat. Auch solle die Politik seiner Ansicht nach die Regionalität fördern und zusätzlichem CO²-Aus- stoß vorbeugen. Das passe nicht zu den aktuellen Herausforderungen zur Bewältigung des Klimawandels.

"Ich bin zunächst einmal gekommen, um den genauen Sachstand abzufragen und um zu verstehen, worum es geht", so der Abgeordnete. "Mein Ziel ist ein Paradigmenwechsel. Ich möchte, dass Themen, die sich aus Angst vor Haftung verselbstständigen und zu mehr Bürokratie führen, wieder zurück in die Legislative geführt werden, und dort über vernünftige Rahmenbedingungen entschieden wird. " Er möchte zunächst Einblick in den Schriftverkehr der Kiesunternehmer mit den Ämtern nehmen, was ihm die Unternehmer zugesichert haben. Außerdem bot er einen weiteren Gesprächstermin in München an, was auch gerne angenommen wurde.

Anschließend durfte sich Nussel im Kieswerk in Engelbrechtsmünster noch ein Bild vor Ort machen. Geschäftsführerin Doris Schweiger zeigte außerdem an einer bereits verfüllten Fläche in unmittelbarer Umgebung Rekultivierungsmaßnahmen. "Wir haben neue Lebensräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten durch Biotope oder Naturschutzgebiete geschaffen, beispielsweise für den Bienenfresser oder die Uferschwalbe. Wir nehmen nicht nur etwas, wir geben auch etwas an die Natur zurück. " Er sei beeindruckt von der ganzen Bandbreite, meinte Nussel, ehe es nach einem gemeinsamen Foto wieder zurück nach München ging.

DK