Ingolstadt
"Wir werden durch dick und dünn gehen"

Claus Lessmann über seine neue Band Phantom 5, ihr gleichnamiges Debütalbum und die schmerzhafte Trennung von Bonfire

20.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:47 Uhr

Bekannte Gesichter in einer neuen Band: Die Mitglieder von Phantom 5 sind Sänger Claus Lessmann (von rechts), Schlagzeuger Axel Kruse, Gitarrist und Sänger Michael Voss, Bassist Francis Buchholz und Gitarrist Robby Boebel. - Foto: Phantom 5

Ingolstadt (DK) Deutschland hat eine neue Melodic-Rockband - und die Mitglieder sind beileibe keine Unbekannten: Phantom 5 ist mit keinen Geringeren als dem Ingolstädter Claus Lessmann (ehemaliger Bonfire-Sänger), Francis Buchholz (ehemaliger Bassist der Scorpions), Michael Voss (Mad Max), Robby Boebel (Frontline) und Axel Kruse (Jaded Heart) besetzt. Nun ist ihr Debütalbum "Phantom 5" erschienen. In zwölf Liedern unternimmt die Band eine Reise in die 1980er-Jahre. Claus Lessmann erzählt vom Werdegang der Gruppe und seiner schmerzhaften Trennung von Bonfire.

 

Herr Lessmann, Ihr Plattenlabel bezeichnet Phantom 5 als "Melodic-Rock-Allianz". Wieso denn eine Allianz?

Claus Lessmann: Wahrscheinlich ist das eine Reaktion darauf, dass sie uns erst als "Supergroup" und "Allstar-Band" angekündigt und dann mitgekriegt haben, dass wir das gar nicht mögen. Es entsteht ein Erwartungsdruck, wenn solche Wörter verwendet werden, bevor wir überhaupt einen Ton komponiert haben. Wir wollten uns darauf konzentrieren, was wir können, und das ist, melodischen Rock machen. Im Endeffekt sind wir nichts anderes als eine Newcomerband. Mit einer Geschichte, aber eigentlich kennt Phantom 5 keiner.

 

Aber als Band sind Sie schon zusammengewachsen?

Lessmann: Phantom 5 ist als Projekt geplant gewesen. Wenn das Album erfolgreich ist, dann müssen wir als Band zusammenwachsen. Das heißt, wir werden durch dick und dünn gehen. Wir müssen all das noch einmal durchmachen, was wir schon gehabt haben. Dann kann man von einer Band sprechen.

 

Also blicken Sie bereits in die Zukunft?

Lessmann: Eigentlich nicht. Wir lassen alles auf uns zukommen und uns überraschen. Man kann Erfolg nicht planen, so dass man sagen kann, man macht jetzt genau das Richtige.

 

Mit Phantom 5 haben sich verdiente Vertreter der deutschen Rockmusik zusammengetan. Wie kam es dazu?

Lessmann: Es war der Traum vom Plattenchef unseres Labels, so ein Projekt ins Leben zu rufen. Er hat Michael Voss angerufen und ihn gefragt, ob er sich das vorstellen könnte. Vossi hat gesagt, er schaut, was er tun kann, die Leute dafür zusammenzubringen. Und dann haben wir einfach angefangen.

 

Hat jeder gleich mitgemacht?

Lessmann: Es waren alle sofort dabei, als sie gehört haben, wer mitmacht. Bei mir war das sogar mehr der Fall, weil ich schon mit Michael Voss gearbeitet habe, der früher Gitarrist bei Bonfire war. Ich war erstaunt, wie gut das mit der Zusammenarbeit nach der langen Zeit wieder funktioniert hat. Als hätte es diese 30 Jahre dazwischen gar nicht gegeben.

 

War der Start für die Band leichter dadurch, dass alle so lange im Geschäft sind?

Lessmann: Es war eine neue Erfahrung. Vor allem für mich, weil ich fast nie außerhalb von Bonfire gearbeitet habe. Aber es war nicht so, dass ich Probleme gehabt hätte, im Gegenteil. Die Arbeit war sehr erfrischend. Man versucht zwar, mit einer Coolness heranzugehen, aber man hat einen gewissen Anspruch, dass es gut wird.

 

Michael Voss sagt, Ihr Debütalbum ist eine Reise in die 1980er-Jahre. War das geplant?

Lessmann: Das ist uns erst im Nachhinein gekommen. Unsere einzige Vorgabe war, ein melodisches Rockalbum zu produzieren. Deshalb haben wir einfach darauf losgeschrieben. Dass es eine Art Zeitreise geworden ist, war ein nicht geplanter Zufall. Ich freue mich, dass es so geworden ist, weil die 80er die Hochzeit dieser Art von Musik waren.

 

Vermissen Sie diese Zeit?

Lessmann: Sicher. Es ist aber nicht so, dass ich ihr unheimlich nachtrauere. Man kann die Vergangenheit nicht zurückholen. Wir hatten eine gute Zeit in den 80ern. Aber wir haben auch die 90er und die 2000er überlebt. Wenn man andere Musikrichtungen anschaut, was da alles gekommen und gegangen ist . . . Rockmusik ist immer noch da, obwohl sie viele totgesagt haben.

 

Die Phantom-5-Musiker leben in Deutschland verteilt. Waren Sie zusammen im Studio?

Lessmann: Teils, teils. Einen großen Teil haben wir im Bayerischen Wald zusammengebracht. Vossi und ich haben uns eine Hütte gemietet. Wir wollten weg von der gewohnten Atmosphäre im Studio. Wir haben mobiles Studioequipment mitgenommen und waren dort sehr kreativ. Ich glaube, den Spaß, den wir beim Songschreiben hatten, der ist auf dem Album zu hören.

 

Inwiefern?

Lessmann: Früher war es oft so, dass Demos besser waren als die Aufnahmen, weil man den Moment, in dem die Musik entstanden ist, mit aufgenommen hat. Das zu reproduzieren, ist schwierig. Durch die heutige Technik ist die Qualität der Demos so gut, dass man sie gleich für die Platte verwenden kann. Was lustig war: Bei der Hütte gab es einen Zoo mit Hängebauchschweinen, Pferden und Ziegen. Der eine oder andere Grunzer und Hahn ist auf den Aufnahmen zu hören. Aber wir verraten natürlich nicht, wo.

 

Ihr erstes Album ist erschienen. Wie ist die Resonanz?

Lessmann: Gewaltig. Das Album wird von der Presse und Rezensionsschreibern gut angenommen. Wir sind überwältigt von den Reaktionen, die teilweise mehr als positiv sind.

 

Kommt melodischer Rock auch beim jungen Publikum an?

Lessmann: Mit Sicherheit. Es gibt viele, die diese Musik neu für sich entdecken. Ich denke, sie sind froh, dass es ehrliche Musik ist, dass es etwas Handgemachtes gibt, weg von der Retorte. Eine gute Geschichte, dass junge Leute wieder zum Rock kommen.

 

Wann kann man Sie live sehen?

Lessmann: Wenn die Resonanz so groß ist, dass der Druck auf die Band, live zu spielen, wächst, dann werden wir ernsthaft überlegen, rauszugehen. Das Album ist frisch, jetzt warten wir erst ab. Aber im Endeffekt sind Konzerte der Grund, warum wir einmal angefangen haben, Musik zu spielen.

 

Ist es Ihnen gelungen, durch Phantom 5 mit der Trennung von Bonfire abzuschließen?

Lessmann: Ich denke schon. Mir konnte nichts Besseres passieren. Phantom 5 hat mir geholfen, das Ganze zu verarbeiten. Das ist nichts, was man mir nichts, dir nichts wegsteckt. Bonfire war ein großer Teil meines Lebens. Manche Geschichten haben sehr wehgetan. Jetzt ist alles gut, ich fühle mich wohl mit den Jungs. Auf geht's zu neuen Ufern.

 

Das Gespräch führte

Tanja Stephan.