"Wir sind weiter konsequent im Angriffsmodus"

Alternative Antriebe wie Elektromobilität, zunehmende Digitalisierung sowie autonomes Fahren

20.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:18 Uhr
Der Konzern sei im Wandel vom reinen Hersteller zum Mobilitätsanbieter, sagte BMW-Chef Harald Krüger gestern. −Foto: Hase/dpa

Alternative Antriebe wie Elektromobilität, zunehmende Digitalisierung sowie autonomes Fahren - die deutsche Autoindustrie wird derzeit durcheinandergewirbelt. In diese Zeit platzen zudem ein globaler Handelsstreit und der Brexit. BMW hat gestern in München seine Bilanz vorgelegt, in der sich die Entwicklungen widerspiegeln: Die Zahlen verdüstern sich, die Gewinne sinken - auch wenn für 2018 noch das zweitbeste Ergebnis der Unternehmensgeschichte erzielt worden war.

München (DK) Die schlechte Nachricht der Bilanzpressekonferenz: BMW tritt auf die Kostenbremse - rund zwölf Milliarden Euro will der Automobilkonzern in den nächsten vier Jahren einsparen. Die gute Nachricht: Die Jobs bei BMW sind offenbar nicht gefährdet, betriebsbedingte Kündigungen sollen keine Rolle spielen - zumindest fürs Erste. Die Ursache bringt BMW-Finanzvorstand Nicolas Peter auf den Punkt: "Unsere Performance 2018 entspricht nicht unserem hohen Anspruch. Das herausfordernde Umfeld ist an der gesamten Automobilindustrie 2018 nicht spurlos vorübergegangen."

Auch BMW bekommt die Verwerfungen im globalen Handelsstreit zu spüren. Gegen die Vorwürfe von US-Präsident Donald Trump, der zu viele deutsche Autos auf den US-Straßen beklagt, kann sich BMW gut wehren - weil der Konzern in Spartanburg im US-Bundesstaat South Carolina sein größtes Werk hat und damit der größte Autoexporteur der USA ist. Weil sich Trump aber zugleich mit den Chinesen angelegt hat, ist der Export von US-BMWs nach China, wo BMW mit Shenyang sein zweitgrößtes Werk hat, derzeit problembehaftet - weil es chinesische Strafzölle auf deutsche Autos aus den USA gibt.

Zugleich galt es für das Unternehmen, Vorbereitungen für den nahenden Brexit zu treffen - weil auf der britischen Insel nicht nur Minis für den britischen Markt gebaut werden, sondern allerhand Komponenten für den Werksverbund. Rechnet man noch die negative Entwicklung von Wechselkursen, steigende Rohstoffpreise und zunehmende Regulatorik (etwa neue Abgas-Standards) hinzu, hat man die Gründe, warum BMW derzeit von "massivem Gegenwind" (Nicolas Peter) berichtet - auch wenn man im Rückblick auf 2018 nochmal auf ein gutes Ergebnis zurückblicken kann: 2,49 Millionen ausgelieferte Fahrzeuge (2017: 2,463 Millionen), 97,48 Milliarden Euro Umsatz (98,282 Milliarden), ein Vorsteuerergebnis von 9,815 Milliarden Euro (10,675), eine geplante Dividende von 3,50 Euro (4 Euro), was die zweithöchste der Unternehmensgeschichte wäre.

Für 2019 rechnet der Konzern mit einem höheren Absatz an Fahrzeugen - aber zugleich mit einem weiter zurückgehenden Gewinn. Reaktion ist ein umfassendes Sparprogramm, das vom Einkauf bis hin zu einer Komplexitätsreduzierung bei den angebotenen Fahrzeuge reicht (weniger Motor-, Modell- und Ausstattungsvarianten). Klar ist auch: Die geplanten Produktionssteigerungen müssen mit der gleichen Anzahl an Mitarbeitern erreicht werden. Natürliche Fluktuation und Altersteilzeitmodelle sollen zum Abbau genutzt werden. Vor allem in den Zukunftsbereichen werden Stellen aufgebaut, so Personalvorstand Milagros Caiña Carreiro-Andree - also in den Bereichen Software, Digitales, Forschung und Entwicklung.

Was das für den Standort Bayern bedeutet, sagte Produktionsvorstand Oliver Zipse: In Dingolfing, wo der 8-er und seine Varianten produziert werden, wo der neue 7-er zu Hause sei und künftig der iNext gebaut werde, gehe es mit dem Kompetenzzentrum Elektro-Antrieb "flott voran", hier würde die Mitarbeiterzahl tendenziell steigen. In München gebe es den 3-er-Anlauf und die Vorbereitung für den i4, hier sei die Beschäftigungssituation "im Grunde stabil". In Regensburg bereite man sich mit Leipzig auf den Start des 1-er-Modells vor, hier könne es "eine leichte Reduzierung" auf der Mitarbeiter-Ebene geben, aber "keine substanzielle Änderung".

Wie sehr BMW im Wandel ist, "vom reinen Hersteller zum Mobilitätsanbieter", umriss der BMW-Vorstandschef Harald Krüger - und versicherte: "Wir sind weiter konsequent im Angriffsmodus". Gerade was Elektromobilität und autonomes Fahren angeht. Bis Ende 2018 habe man 130000 vollelektrische und 220000 Plug-in-Hybride ausgeliefert. Bei München habe BMW vor einem Jahr einen Campus für autonomes Fahren geschaffen, kommende Woche werde in München das BMW Data Center eröffnet (eine Art Rechenzentrum für automobile Digitalität. Alleine bis Ende 2020 bringe man über zehn neue und überarbeitete Modelle mit elektrifiziertem Antrieb auf den Markt, 2021 wolle man mit dem ersten Kundenangebot für hochautomatisiertes Fahren in Serie gehen und tatsächliches autonomes Fahren zumindest mit Pilotversuchen bis 2025 erkunden.

Thema war auch die geplante Zusammenarbeit zwischen BMW und dem FC Bayern. Will BMW Audi aus dem Vertrag herauszukaufen? Derlei "steht nicht zur Diskussion", sagte Marketingvorstand Pieter Nota. Ob und wann BMW beim Münchner Rekordmeister loslegen kann, bleibt damit weiter offen. "Es gibt Gespräche."

Alexander Kain