Ingolstadt
"Wir sind Paris!"

Französischer Generalkonsul dankt Schülern für Anteilnahme nach Terrorangriffen

22.12.2015 | Stand 02.12.2020, 20:23 Uhr

Zur Erinnerung: Jean-Claude Brunet (r.) enthüllte im Pausenhof des Gymnasiums mit Christian Lösel und Reinhard Brandl (v. l.) eine Gedenktafel für Charles de Gaulle, der 1916 als Kriegsgefangener im Lazarett, das einst an dieser Stelle stand, einige Tage verbracht hatte.

Ingolstadt (DK) Im Katharinen-Gymnasium haben sich nach den Terroranschlägen in Paris am 13. November 800 Schüler und Lehrer in ein Kondolenzbuch eingetragen. Reinhard Brandl übergab es dem französischen Generalkonsul in München. Der bedankte sich gestern im Katherl sehr bewegt für diese Geste.

Der Besuch des Bundestagsabgeordneten stand schon lange fest. Aber als Reinhard Brandl am Vormittag des 16. November im Katharinen-Gymnasium eintraf, war vieles anders. Greller. Dramatisch. Und unglaublich traurig. Ihn und seine Zuhörer hatte tragische Aktualität eingeholt. Brandl wollte mit den Schülern über Sicherheitspolitik sprechen. Aber jetzt, nur drei Tage nach den Terroranschlägen in Paris mit 130 Toten und 350 Verletzten, stand der CSU-Politiker vor den jungen Leuten wie ein Ersthelfer, nahm die betretene Stimmung auf, bewertete die Ereignisse des düsteren Freitagabends, so weit das zu dem Zeitpunkt möglich war. Am selben Vormittag legten Achtklässler im Katharinen-Gymnasium ein Kondolenzbuch für die Opfer von Paris aus; ein spontaner Entschluss. Mehr als 800 Lehrer, Schüler und der Gast aus dem Bundestag trugen sich ein. Wenig später überbrachte Brandl das Buch dem französischen Generalkonsul in München, Jean-Claude Brunet.

Der Diplomat war von dieser Geste des Mitgefühls so beeindruckt, dass er beschloss, die Schüler kennenzulernen. Das Katharinen-Gymnasium empfing Brunet gestern fast im Stile eines Staatsakts. Auf der Bühne standen vier stattliche Flaggen: Frankreichs Trikolore, Schwarz-Rot-Gold, Weißblau für Bayern und die Europaflagge. Zur Linken und zur Rechten war die Wand in den französischen Nationalfarben Blau, Weiß und Rot angestrahlt. Zwei Schülerinnen begrüßten den Generalkonsul zuerst auf Französisch, dann auf Deutsch. „Wir stehen ratlos und betroffen vor so viel Hass, Terror und Intoleranz“, sagte Rudolf Schweiger, der Schulleiter. Er ließ die deutsch-französische Freundschaft hochleben, die ihm am Herzen liegt, seit er das Nachbarland 1972 und 1973 als Austauschschüler in der Ingolstädter Partnerstadt Grasse kennenlernte. „Gastfreundliche und liebenswürdige Freunde!“

OB Christian Lösel hob diese Freundschaft auf die politische Ebene, sprach vom „Geist der europäischen Einigung“, der nach 1945 vor allem von den einstigen Feinden Frankreich und Deutschland ausgegangen sei. Jetzt, im Angesicht des Terrors, „ist es wichtig zu wissen, dass Freunde mit einem empfinden“. Der OB dankte außerdem „allen Bürgern, die sich für Flüchtlinge engagieren – denn das kann man gar nicht hoch genug einschätzen“.

Der Terror von Paris habe ihn „tief berührt“, sagte Brandl. Er wandte sich aber auch Heiterem zu, als er sein nicht immer freundschaftliches Verhältnis als Schüler zur französischen Sprache schilderte. Trotzdem habe er später beschlossen, zwei Jahre in Grenoble zu studieren, und das nie bereut.

Sinem Tuncel, Schülerin der 8a, erzählte, wie sie und ihre Mitschüler auf die Idee mit dem Kondolenzbuch gekommen sind. „Wir stehen zusammen – gegen Hass, Terror und Intoleranz!“, rief die Schülerin in die voll besetzte Turnhalle. „Nous sommes Paris! Wir sind Paris!“

„Ich bin sehr bewegt“, bekannte Brunet in seiner Rede. Der Generalkonsul dankte den Schülern „im Namen der französischen Regierung, im Namen der Familien der Opfer und im Namen des ganzen Volkes“. Solidarität und Anteilnahme der Deutschen „geben uns Trost – wir spüren, dass unsere engsten Freunde fest an unserer Seite stehen“. Brunet rief die Schüler dazu auf, „immer für unsere gemeinsamen Werte einzutreten, mitzuwirken und den Geist der Gründerväter des vereinten Europas wachzuhalten“.

Einer von ihnen, Charles de Gaulle (1890–1970), der spätere Präsident, verbrachte im Ersten Weltkrieg als Kriegsgefangener einige Tage in dem Lazarett, an dessen Stelle heute das Katharinen-Gymnasium steht. Ihm zu Ehren enthüllten die Gäste dort feierlich eine Gedenktafel.