"Wir möchten eine Lanze brechen für Leitungswasser"

Michael Steffen erklärt, wie Refill funktioniert: An Stationen in Restaurants, Geschäften oder bei Friseuren kann man seine Flasche auffüllen

24.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:00 Uhr
Michael Steffen ist einer der Initiatoren von Refill in Nürnberg. Dort gibt es 80 Nachfüll-Stationen für Leitungswasser. −Foto: privat

Herr Steffen, in mehr als 80 deutschen Städten gibt es Refill-Stationen, wo man kostenlos seine Wasserflasche auffüllen kann - bei Ihnen daheim in Nürnberg, aber auch in München, Regensburg oder Augsburg.

Worum geht es bei der Initiative?

Michael Steffen: Es sind drei Aspekte. Zuerst geht es darum, dass es kostenlos Trinkwasser gibt. Viele Menschen vergessen, dass gerade wir in Deutschland eine sehr gute Trinkwasserqualität haben. Das ist in anderen Ländern überhaupt keine Selbstverständlichkeit. Wir wollen eine Lanze brechen für das Leitungswasser, das einfach aus dem Hahn kommt. Der zweite Aspekt ist der Plastikmüll: Selbst in Deutschland werden in jeder Stunde zwei Millionen Plastikflaschen verbraucht. Dazu steckt in jeder Flasche im Schnitt ein Transport von 500 Kilometern quer durch Deutschland oder sogar Europa. Drittens versuchen wir Projekte zu fördern, bei denen es darum geht, etwas zu teilen. Das Schöne ist: Einen Wasserhahn hat jeder, und man kann Wasser teilen. Das kostet nur einen Bruchteil, ein Hundertstel oder Tausendstel dessen, was verpacktes Wasser kostet.

War es viel Arbeit, Refill in Nürnberg aufzubauen?

Steffen: Natürlich ist viel Organisationsarbeit zu leisten, aber das Konzept ist einfach zu übernehmen. So kann man die fertige Karte mit den Stationen nutzen, und es gibt monatliche Schulungen, wo einem alles beigebracht wird. Schön ist auch die Community, über die sich alle Städte deutschlandweit austauschen können. Wir arbeiten beispielsweise gemeinsam an Hygieneverordnungen, die wichtig sind. Den Aufkleber kann man auch übernehmen: Man muss nur den Namen seiner Stadt einsetzen.

Und dann muss man Partner finden, die mitmachen. War das in Nürnberg schwierig?

Steffen: Man kennt natürlich schon das ein oder andere Restaurant, sodass der Start relativ leicht ist. In der Mittagspause habe ich dann mal gefragt und viele Gastronomen waren einverstanden. Hin und wieder gibt es natürlich auch Geschäfte, die skeptisch sind, weil sie selber Wasserflaschen verkaufen und denken, sie graben sich selber die Einnahmequelle ab. Letztendlich haben die meisten mitgemacht, weil ihnen klar geworden ist: Wer vorbeikommt, um sich Wasser zu holen, der nimmt vielleicht auch etwas anderes aus dem Geschäft mit. Es sind ja nicht nur Restaurants dabei oder Lebensmittelläden, sondern auch Buchläden, Friseure oder Apotheken - das komplette Spektrum. Mittlerweile kommen auch ziemlich viele Anfragen, sodass wir keine Akquise mehr betreiben. In Nürnberg haben wir jetzt 80 Stationen - das ist genug.

Man bekommt also an vielen Stationen in Nürnberg kostenlos Trinkwasser. Wird dieses Angebot denn gut angenommen?

Steffen: Das Frankenfernsehen hat neulich eine kleine Umfrage gemacht, und es hat sich gezeigt, dass viele das Refill-Logo noch nicht kennen und die Stationen zum Teil noch nicht so viel genutzt werden. Daran müssen wir in diesem Sommer noch arbeiten: Die Menschen müssen informiert werden, dass sie ihre Wasserflaschen mitnehmen und auf die Stationen zugehen.

Die Hitze jetzt ist doch perfekt, um die Sache anzukurbeln?

Steffen: Ja genau. In Nürnberg findet einmal im Jahr auf dem Hauptmarkt die Veranstaltung "Bio erleben" statt: Da hatten wir heuer einen Stand mit einer Refill-Station. Bei der Hitze wurde das Angebot natürlich sehr gut angenommen. Aber wir müssen uns noch ein paar weitere Aktionen überlegen, um Refill bekannter zu machen.

Vielleicht scheuen die Leute auch davor zurück, einfach in einen Laden zu spazieren und um Wasser zu bitten?

Steffen: Das kann schon sein, aber davon wurde mir noch nicht berichtet. Ich denke, es überwiegt die Neugier der Menschen, sich in einem Geschäft umzuschauen, in das sie sonst vielleicht nicht hineingegangen wären.

Das Gespräch führte

Suzanne Schattenhofer
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