„Wir machen unsere Wälder klimafest“

16.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:49 Uhr
Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU). −Foto: Nicolas Armer/Archivbild

Pinienhaine und Ananas-Anbau wird es in Bayern auch künftig nicht geben. Aber der Klimawandel wirkt sich auf die Forst- und Landwirtschaft im Freistaat aus. Darüber haben wir mit Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) gesprochen.

Frau Kaniber, Ministerpräsident Markus Söder hat Sie beauftragt, bis September ein Konzept vorzulegen, wie der Staatswald für den Klimawandel umgebaut werden soll. Was kommt da jetzt auf Sie zu, schließlich hat Söder den Waldumbau zum zentralen Projekt der bayerischen Klimapolitik erklärt?
Michaela Kaniber: Wir werden die Bewirtschaftung der Staatswälder so ausrichten, dass sie ihre Leistungen für den Klimaschutz auf Dauer optimal erbringen können. Das ist eine entscheidende Weichenstellung für die Klimapolitik. Denn unser Wald ist der größte Kohlenstoff-Speicher, den wir in Bayern haben. Deshalb werden wir alles daran setzen, unsere Wälder, die unter dem Klimawandel leiden, stabil und klimafest zu machen und so auf Dauer zu erhalten.

Wie wird sich unser Wald verändern? Bekommen wir Pinienhaine wie in den Mittelmeerländern?
Kaniber: Um Pinienhaine zu sehen, werden wir weiterhin in den Süden fahren müssen. Bei uns werden vor allem Fichten und Kiefern in Zukunft deutlich seltener sein und dann gemeinsam mit anderen Baumarten wie Tanne, Buche oder Eiche im Wald stehen. Pinien und Palmen werden es bei uns aber weiterhin schwer haben. Denn auch in Zukunft wird es bei uns noch Frosttage geben – und damit kommen die meisten südländischen Bäume nicht zurecht.

Welche Bäume werden nun gepflanzt?
Kaniber: Auch künftig werden wir in erster Linie auf heimische Arten wie Buche, Tanne und Eiche setzen. Wir müssen aber besser darauf achten, wo welche Baumart zum Standort passt. Das ergänzen wir dann mit bisher eher selteneren heimischen Baumarten wie Elsbeere, Speierling oder Feldahorn. Aber natürlich müssen wir auch Bäume in Betracht ziehen, die es bisher bei uns noch nicht gibt – Baumhasel und Zeder beispielsweise. Aber hier gibt es noch Forschungsbedarf, damit wir nicht auf die falschen Pferde setzen. 

Werden Bäume verschwinden, weil sie den Klimaänderungen nicht gewachsen sind?
Kaniber: Voraussichtlich wird keine Baumart ganz aus Bayern verschwinden. Aber manche werden deutlich seltener vorkommen. Ganz generell wird es künftig mehr Laubbäume und weniger Nadelbäume geben. Regional kann das ganz unterschiedlich sein. 

Wie weit ist die Forschung, um den Wald klimaresistenter zu machen? Was läuft da speziell in Bayern?
Kaniber: Walderhalt und Klimaschutz sind schon seit Jahren Forschungsschwerpunkte bei uns. Wir werden das aber angesichts des rasant fortschreitenden Klimawandels weiter verstärken. Denn wir brauchen schnell Antworten, auf welche Baumarten wir auch künftig setzen können. Dazu haben wir ein bundesweit einzigartiges, digitales Informationssystem entwickelt, das schon heute zeigt, welche Bäume geeignet sind. Das ergänzen wir mit praktischen Versuchen im Wald.

Was bedeutet es, wenn die Auwälder bei Neuburg ein „Naturmonument“ werden? 
Kaniber: Diese Auwälder sind wahre Naturjuwelen und in Süddeutschland einzigartig. Durch eine jahrhundertelange naturnahe Waldbewirtschaftung sind dort viele Waldstrukturen entstanden, die für den Natur- und Artenschutz sehr wertvoll sind. Diese Strukturen wollen wir weiterentwickeln und so sicherstellen, dass die Wälder für künftige Generationen erhalten bleiben.

Der Klimawandel betrifft auch die Landwirtschaft. Statistiken sagen, bei uns sei es trockener als in Spanien. Was heißt das aktuell für den Pflanzenbau? 
Kaniber: Das große Problem ist die Trockenheit, weniger die Hitze. Das heißt, dass wir vor allem versuchen müssen, die Böden aufnahmefähiger zu machen – etwa durch Belebung des Bodens, durch Erosionsschutz oder die Vermeidung von Bodenverdichtungen. In trockenen Lagen wie beispielsweise im fränkischen Weinbau oder auch im Gemüsebau  muss künftig mehr bewässert werden. Hier wird aber von unseren Landesanstalten schon seit vielen Jahren intensiv geforscht. 

Kommen bald exotische Früchte aus Bayern – also Ananas aus Franken und Papayas aus Schwaben?  
Kaniber: Also da muss ich Sie enttäuschen, Zitronen und Palmen wird es bei uns auf Dauer im Freien nicht geben. Denn das Klima wird zwar insgesamt etwas wärmer, aber die Gefahr von Schäden durch Spätfröste wird bleiben und sich vielleicht noch verschärfen, wenn es zu früh warm wird. Damit wird es bei uns zwar vielleicht etwas mehr wärmeliebende Pflanzen wie Hirse, Soja, Süßkartoffeln oder Kichererbsen geben, aber keine exotischen Früchte.

Werden die bayerischen Winzer bald neue Weinsorten präsentieren?
Kaniber: Grundsätzlich ist der Klimawandel gut für die Weinqualität. Denn die Trauben können besser ausreifen. Vor allem Silvaner und Riesling Rotweine oder Sauvignon blanc und Chardonnay profitieren davon. Insgesamt werden die bekannten Rebsorten bestehen bleiben. Auch der Rotweinanteil wird sich nicht nennenswert erhöhen. Unsere Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau forscht sowohl mit internationalen Rebsorten wie auch mit alten regionalen, die in den vergangenen Jahrhunderten nicht ausreiften. Aber ich rechne nicht damit, dass es neue großflächige Anbaugebiete in anderen Regionen Bayerns geben wird. 

Was wird sich in unseren Hausgärten verändern? Mancherorts gibt es ja Pflanzsatzungen, dass nur regionale Pflanzen gepflanzt werden dürfen.
Kaniber: Die Überwinterung von mediterranen Pflanzen wie Feigen, Kaki oder Artischocken ist zwar tatsächlich sicherer geworden, trotzdem bleibt die Gefahr von Spätfrösten. Was sich verändert, ist die Anbauzeit. Vieles – wie Salate oder Kohl – wächst länger in den Herbst hinein als bisher. Das hat auch den Vorteil, dass der Wasserbedarf nicht so hoch ist wie im Sommer. Unsere Gartenakademie hat da übrigens im Netz viele Tipps. 

 

 

Alexander Kain