"Wir lieben die Country-Musik"

11.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:22 Uhr
Im Takt der Musik: Hans Zierer und Renate Wirler (v.l.) sind bei der Country-Night in ihrem Linedance-Element.Bernhard Meyer (Archiv) −Foto: Meyer (Archiv)

Was bedeutet Glück? In unserer DK-Serie wollen wir dieser Frage nachgehen. Für den Pondorfer Hans Zierer ist es der Linedance. Eine Geschichte, die das Herz erfreut.

Pondorf - Seit vielen Jahren ist der Pondorfer Hans Zierer als Linedancer auf Tour. Bei den Auftritten und Veranstaltungen merkt man den Akteuren ihren Spaß bei ihren Tanzvorführungen an. Die Tänzer scheinen glücklich zu sein. Wie also kommt man in Oberbayern zu diesem doch sehr amerikanisch angehauchten Tanzsport?

Laut Definition ist Line Dance eine "choreographierte Tanzform, bei der einzelne Tänzer unabhängig von der Geschlechterzugehörigkeit in Reihen und Linien vor- und nebeneinander tanzen. Die Tänze sind passend zur Musik choreographiert, die meist aus den Kategorien Country und Pop stammt". Um das Jahr 1952 entstand der Line Dance in den USA. In Deutschland ist Line Dance seit 2002 als Freizeitsport anerkannt.

Bereits vor dieser Zeit ist Hans Zierer aus Pondorf auf diese Tanzform aufmerksam geworden. "Zum Linedance bin ich im Frühjahr 1999 gekommen, als mich mein Bruder fragte, ob ich mit nach Schweitenkirchen zum US-Cartreffen fahren will", erinnert sich Zierer. Als sie die Straßenkreuzer bestaunten, hörten sie auf einmal Countrymusik aus dem Bierzelt. "Wir gingen natürlich sofort hinein. Dort spielte eine Country-Band und eine Gruppe tanzte Linedance", erzählt er. Cookie and the Crumbs hieß diese Truppe, die es bereits seit 1997 gibt.

"Ich war sofort begeistert und knüpfte gleich die ersten Kontakte mit den Cowgirls. Sie boten mir an, doch nächste Woche nach Rohrbach zu kommen und einen Übungsabend mitzumachen", schildert Zierer. Am 19. Mai trat er dann abends beim Alten Wirt in Rohrbach an "Die ersten Schritte waren furchtbar", blickt Zierer auf seine Debütveranstaltung: Rechter Shuffle vorwärts. Rechter Fuß vorwärts, linker Fuß neben dem Rechten absetzen, rechter Fuß vorwärts. Das gleiche dann noch einmal, aber mit links beginnend.

"So geht das nicht", habe die Trainerin allerdings gesagt und ihm die Schritte erneut gezeigt. Er habe erwidert: "So geht aber kein normaler Mensch."Der Kommentar der Trainerin: "Du bist nicht zum Gehen da, sondern zum Tanzen." Eine Woche später seien die meisten überrascht gewesen, als Zierer wieder antrat und mittanzte. "Es wurde jede Woche ein neuer Tanz erlernt und die gelernten Tänze wurden dann abwechselnd wiederholt", erzählt er. Daher hieß es üben, üben und nochmals üben. "Wir fuhren dann fast jedes Wochenende auf Country-Veranstaltungen", schildert Zierer. Zum Beispiel nach München, Erding, Nürnberg, Schweitenkirchen und Eging am See. In die Western-Stadt Pullman City nahe Passau ging es dann zudem vier bis fünf Mal im Jahr. In den vergangenen Jahren hat der Linedance-Boom auch in der direkten Umgebung Einzug gehalten. "Es gibt eine ganze Reihe schöner Veranstaltungen", weiß Zierer aus seiner Erfahrung.

Die Altersstruktur der Linedancer ist sehr breit gefächert. Erste Erfahrungen sammeln schon Jugendliche ab zwölf Jahren. "Der älteste Linedancer in unserer Gruppe wird heuer 75. Er ist fast immer dabei und topfit", sagt Zierer zum Gesundheitsaspekt von Linedance. Linedance halte fit und mache Spaß.

Viel Freude machen der Gruppe auch die zahlreichen Auftritte. Zu Hochzeiten, Geburtstagen, Dorffesten oder sonstigen Veranstaltungen wurden sie schon engagiert. "Für die Tanzlehrerin ist das oft sehr anstrengend, da sie die Musik aussuchen muss und die Musikstücke auch noch bearbeitet werden müssen. Aber nach dem Auftritt haben wir wieder alle unseren Spaß", erklärt Zierer.

Seit dem Jahr 1999 ist er bei den Juradancern in Beilngries aktiv. Im Jahr 2012 schrieb er sich an der Volkshochschule Beilngries ein, um weitere Tänze zu lernen und die bekannten zu üben. Im Laufe der Zeit hat er schätzungsweise an die 600 Tänze gelernt, die er auch gut beherrscht. Western Cha Cha, Honky Tonk Stomp, Doctor Doctor, Knee Deep oder Kill The Spider heißen einige der rhythmischen Tänze. "Voriges Jahr im Juni habe ich den Tanz Ice Cold Corona" gelernt, sagt Zierer weiter. Da geht es aber um eine Biersorte. Heute bringt man mit Corona nur noch mit dem neuartigen Virus in Verbindung. "Die Musik und der Tanz sind aber sehr schön", findet er. Im Internet ist unter Ice Cold Corona-Line Dance ein Video zu sehen, das den Tanz zeigt. Schwierig, sich so viele verschiedene Tänze einzuprägen, findet er es nicht - er hat ein Hilfsmittel: "Zu jedem neuen Tanz gibt es eine Tanzbeschreibung, auf der der Choreograph die Musik und natürlich die genauen Tanzschritte angegeben hat. Es kommt immer wieder vor, dass man Tänze vergessen hat oder ältere auffrischen möchte", meint Cowboy Hans.

Gemeinsam mit Renate Wirler aus Kinding hat er auch schon mehrere Veranstaltungen organisiert. Die Country-Night der Linedance-Gruppe Juradancers Beilngries findet seit ein paar Jahren in Grösdorf statt. Die Branche boomt, wissen Wirler und Zierer aus Erfahrung. Rund 230 Teilnehmer bringt man in dem Tanzsaal unter. Kurz nach der Ausschreibung ist dann auch schon ausgebucht, erzählt Zierer. Knapp 300 Anfragen erreichen die Organisatoren jedes Jahr aus der näheren und weiteren Umgebung. Natürlich hat so eine Country-Night ein ganz besonderes Flair. Der Tanzsaal ist sehr amerikanisch angehaucht. Überall Stars and Stripes und weitere Requisiten aus dem Land der einst unbegrenzten Möglichkeiten. Besonders stolz ist Zierer auf das Bühnenbild. Ein Cowboy reitet durch die Prärie. Das ist so typisch für Amerika wie das Oktoberfest für Bayern. Maler Günther Schlagbauer hat das überdimensionale Kunstwerk angefertigt. Er überzeugte sich dabei selbst von der Wirkung während eines Tanzabends. Und tatsächlich: Hinter der Country-Band, die alle Musiktitel live spielt, macht sich das Gemälde als Dekoration sehr gut. Westernstyle eben. In diesem Look sind auch viele der Linedance-Gruppen gekleidet. "Wir lieben die Country-Musik", sagen die beiden Organisatoren.

In diesem Jahr war das Event für Ende März geplant, doch auch hier machte das Coronavirus einen Strich durch die Rechnung und der Tanzabend musste abgesagt werden. Es ist zwar schade, dass der beliebte Abend ausfallen musste, doch Cowgirl Renate und Cowboy Hans sind zuversichtlich. In der Absage haben sie bereits den Termin für 2021 angekündigt und daraufhin haben sich sofort am nächsten Tag schon die ersten Linedancer angemeldet. Am 20. März 2021 gibt es dann wieder Country und Western satt für die gesamte Linedance-Family.

DK