Singenbach
"Wir können gar nicht weiter raus, als wir jetzt schon sind"

Die Firmenchefs Daniel Seitz und Markus Riedlberger antworten auf Kritik an ihren Betriebserweiterungen - die seien auch ein Bekenntnis zur Heimat

28.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:21 Uhr
Markus Riedlberger. −Foto: Hofmann

Singenbach/Alberzell (SZ) Es sind zwei junge Unternehmer, die ihre Betriebe erweitern wollen - und zwar an den angestammten Standorten, in den Ortschaften, in denen sie zu Hause sind: Daniel Seitz aus Alberzell und Markus Riedlberger aus Singenbach erklären, was hinter der in Teilen der Bevölkerung offenbar umstrittenen Änderung des Gerolsbacher Flächennutzungsplans steht.

Wie berichtet, gab es ein Bürgerbegehren gegen die Änderung und damit gegen die Betriebserweiterungen, das allerdings nicht anerkannt wurde.

Aus bisher als Wiesen und für die Landwirtschaft genutzten Grundstücken sollen Erweiterungsflächen für die beiden Gewerbebetriebe Irrenhauser & Seitz in Alberzell und Riedlberger in Singenbach werden - das ist der Inhalt der 19. Änderung des Gerolsbacher Flächennutzungsplans, die der Gemeinderat im Juni beschlossen hat. Beide Unternehmen brauchen diese zusätzlichen Flächen dringend - das haben die Juniorchefs nun im Gespräch mit unserer Zeitung klargestellt. Der Markt im Baugewerbe werde immer flexibler, sagt Daniel Seitz (29), der zusammen mit seinem Bruder und seinem Vater, dem Gerolsbacher Bürgermeister Martin Seitz (CSU), das Unternehmen leitet. Das bedeute nicht nur, dass man mehr Kapazitäten an Lager- und Bürofläche benötige, sondern auch, dass man unter Umständen schnell reagieren müsse, um in neue Geschäftsbereiche einzusteigen, und dann kurzfristig zusätzliche Flächen brauche. Weil man als Unternehmer immer auch zukünftige Entwicklungen im Blick habe (und weil so ein Bauleitplanungsverfahren natürlich jedes Mal Geld koste, das nicht die Gemeinde bezahle, sondern der Antragsteller), sichere man sich natürlich ausreichend Erweiterungsflächen auch für die kommenden Jahrzehnte. Sprich: Was nun im Flächennutzungsplan als neue Gewerbefläche verzeichnet wird, soll nicht sofort zur Gänze erschlossen werden. Das sei auch in den vergangenen rund 25 Jahren so gewesen, sagt Seitz: Dreimal habe sich der Betrieb in Alberzell vergrößert, bis er an die Grenze des im Flächennutzungsplan vorgesehenen Bereichs gestoßen sei.

Ähnlich ist das bei der Firma Riedlberger - mit dem Unterschied, dass sie die Grenzen des bisherigen Flächennutzungsplans bereits gesprengt hat (siehe Kasten). Auch hier ist Juniorchef Markus Riedlberger (34) zusammen mit seinem Bruder und seinem Vater gemeinsam für das Unternehmen, das aus sechs einzelnen Firmen besteht, verantwortlich. Hauptsitz sei und bleibe Singenbach. "Wir sind in Singenbach tief verwurzelt", sagt Riedlberger. Die Familie nehme am Dorfleben teil, engagiere sich für die Gemeinschaft. Wenn dann kurz vor dem Dorffest Unterschriften gegen die Erweiterung des Betriebsgeländes gesammelt würden, "dann empfindest du das selbst als Angriff. Du fragst dich schon: Was habe ich jetzt verkehrt gemacht. "

Unter anderem befürchten die Nachbarn wohl zusätzliche Lärmbelästigung auf einem größeren Firmengelände. "Dass bei uns Lkw kommen - keine Frage", sagt Riedlberger. Aber in der Zeit, in der drei Laster vorfahren, seien auf derselben Straße 30 große Traktoren unterwegs. "Wir sind nach wie vor Dorfgebiet", stellt Riedlberger klar. Die Fahrzeuge seien in den vergangenen Jahrzehnten zwar größer geworden - aber auch moderner, leiser, umweltfreundlicher.

In Alberzell habe sich noch niemand bei ihm über die geplante Erweiterung beschwert, sagt Daniel Seitz. Er habe eher das Gefühl, dass die Menschen die Planungen sogar unterstützten, weil die Erweiterung ja eben nicht zum Dorfkern hin, sondern in den Außenbereich erfolge. Das stellt auch Riedlberger klar: Die neue Halle, die auf der Erweiterungsfläche gebaut werden soll, habe ihre Öffnung zum Außenbereich hin und stelle schon selbst einen Lärmschutz dar. Zudem wolle man zum direkten Nachbarn Stefan Breyer, dem Initiator des Bürgerbegehrens, hin freiwillig einen Lärmschutzwall bauen.

"Ich verstehe nicht", sagt Daniel Seitz, "dass die Leute, die etwas dagegen haben, nicht auf uns zukommen und mit uns reden. " Die Erweiterung in Alberzell sei ja auch ein Bekenntnis zu den eigenen Wurzeln. "Das ist unsere Heimat", betont der 29-Jährige: "Wir wollen hier Arbeitsplätze erhalten, Arbeitsplätze schaffen. " Ganz nebenbei, ergänzt Markus Riedlberger, brauche man ja auch am Heimatort beschäftigte Bürger, die tagsüber zur Verfügung stünden, um die kleinen Feuerwehren der Ortschaften am Leben erhalten zu können - einheimische Betriebe stünden zu ihrer sozialen Verantwortung.

Ein völlig neuer Standort kommt für beide Unternehmer nicht nur wegen der Heimatverbundenheit nicht infrage. Zum einen sei es deutlich wirtschaftlicher, den bestehenden Standort zu erweitern, als einen neuen zu suchen, sagt Seitz. Viele Mitarbeiter würden einen Umzug nicht mitmachen - "wenn du einen anderen Standort aufbaust, musst du komplett neu anfangen". Und dann stelle sich die Frage, was mit dem alten Firmengelände geschehen solle.

Bliebe noch die oft genannte Möglichkeit, dass Betriebe aus dem Dorf raus und an einen verträglicheren Standort am Ortsrand gehen sollten. "Und wo wäre dieser Standort? ", fragt Markus Riedlberger. Singenbach habe sonst ja überall reine Wohngebiete. Ähnlich ist das in Alberzell: "Wir können gar nicht weiter raus, als wir jetzt schon sind", stellt Daniel Seitz klar.

 

Ein „stiller Lagerplatz“

Markus Riedlberger sagt es im Gespräch mit unserer Zeitung gleich selbst: Die geplante Betriebserweiterung in Singenbach sei ja gar keine Erweiterung, weil das Areal schon jetzt als Lagerplatz genutzt werde. Aber es ist doch laut bisherigem Flächennutzungsplan eine Wiese – wie geht das? „Weil es ein stiller Lagerplatz ist, dürfen wir das nutzen“, erklärt Riedlberger. Jetzt allerdings müsse man eine Halle bauen, daher sei die Flächennutzungsplanänderung erforderlich.
Auf die Frage, was es mit dem Lagerplatz auf sich habe, antwortet ein Sprecher des Landratsamts Pfaffenhofen knapp: „Die Nutzung ist dem Landratsamt bekannt. Der Lagerplatz ist nicht genehmigt.“ Wird die Nutzung also geduldet? Auch hier eine knappe Antwort: „Geduldet bis zur Rechtskraft der Änderung des Flächennutzungsplans und bis zur Rechtskraft des aufgestellten Bebauungsplans.“

Bernd Hofmann