Ingolstadt
"Wir hatten da keinen Einfluss"

Auch in der Neuauflage des Hochbauamtsprozesses bestreiten die Angeklagten alle Vorwürfe

05.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:35 Uhr

Das neue Gesicht des Schulzentrums Südwest: Links in der Bildmitte der Altbau, rechts davon die Neubauten von Realschule (oben) und Mittelschule, um deren Planungen es im Hochbauamtsprozess geht - Foto: Schalles

Ingolstadt (DK) In der Neuauflage des Hochbauamtsprozesses vor der Berufungskammer des Landgerichts ist der Frontverlauf unverändert: Die Staatsanwaltschaft will dem städtischen Hochbauchef, seinem Stellvertreter und drei Architekten wettbewerbswidrige Absprachen bei Planungen fürs Schulzentrum Südwest nachweisen.

Die Angeklagten bestreiten dies.

 

Im Frühsommer hatten die Beteiligten schon einmal versucht, die Vorwürfe rund um die Neubauten von Realschule und Mittelschule in der Ochsenschlacht erneut aufzuhellen, nachdem es im Vorjahr vor dem Amtsgericht Schuldsprüche für alle fünf Angeklagten gegeben hatte (DK berichtete). Der Berufungsprozess war jedoch geplatzt, weil einer der Verteidiger plötzlich für längere Zeit erkrankt war.

Gestern nun gab es quasi den Neustart des Neustarts, ohne dass sich an den Positionen etwas geändert hätte. Immer noch glaubt die für Wirtschaftsstrafsachen zuständige Staatsanwaltschaft München II, dass das heutige Führungsduo des städtischen Bauamts zwei Architekturbüros im Vorfeld eines Ausschreibungsverfahrens 2009 derart mit Insider-Informationen „gefüttert“ hat, dass nur diese Planer die Aufträge bekommen konnten (und auch tatsächlich bekamen).

Die Angeklagten bestreiten dies glattweg; sie wollen Freisprüche erreichen. In ihren Verteidigungsstrategien gibt es aber mittlerweile einige Änderungen: Der 40-jährige Amtsleiter wollte gestern vorerst keine Angaben zu den Vorwürfen mehr machen, behielt sich aber Aussagen an späteren Prozesstagen (angesetzt sind bis Februar 2016 erst einmal zehn weitere Termine) vor. Die drei Architekten (zwei haben ein gemeinsames Büro) verlasen gestern teils längere Erklärungen, wollen aber vorerst nicht mehr auf Detailfragen des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft antworten.

So konzentrierten sich gestern die ersten Aufklärungsversuche von Anklägerin und Kammer auf den stellvertretenden Amtsleiter, der als Einziger Rede und Antwort stand. Der 58-jährige Beamte betonte immer wieder, dass er und sein Kollege auf der Anklagebank, der seinerzeit noch Büroleiter des Baureferenten gewesen war, sich in allen Fragen der damaligen Ausschreibung auf die Kompetenz einer eigens von der Stadt eingeschalteten auswärtigen und angeblich erfahrenen Anwaltskanzlei verlassen hätten. Bewusste Manipulationen in der Behörde zugunsten der beschuldigten Architekten, wie dies von einer früheren Mitarbeiterin des Hochbauamtes behauptet worden ist (siehe Kasten), habe es nie gegeben. „Wir hatten da keinen Einfluss, wollten auch keinen haben“, beteuerte der Mann.

Wie seinerzeit ausführlich berichtet, hatte die Stadt für den Neubau der Schulen in der Ochsenschlacht erstmals ein sogenanntes VOF-Verfahren (Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen) angewandt, bei dem die Kandidaten sich zunächst nicht mit einem konkreten Entwurf für die Planung bewerben, sondern ihre Qualifikation für eine spezielle Anforderung mittels detaillierter Angaben zu ihrer Leistungsfähigkeit und mit Referenzprojekten belegen müssen. Die Anwaltskanzlei sollte hier Herr des Verfahrens sein. Konkret ging es um Planungen für die neue Mittelschule und die neue Realschule, die inzwischen ja auch verwirklicht worden sind.

Auch die beschuldigten Architekten hatten seinerzeit keine Erfahrungen mit einem VOF-Verfahren gehabt. Ein Berliner Planer, der in Ingolstadt eine Zweigniederlassung hat, betonte gestern in seiner Stellungnahme, dass er seine Vorkenntnisse für den letztlich von ihm betreuten Bau der Mittelschule einzig aus einer Machbarkeitsstudie habe, die er seinerzeit im Vorfeld für den gesamten Neubaukomplex im Auftrag der Stadt angefertigt habe. Dieser Umstand sei der Hauptbelastungszeugin, die im Bauamt erst später in die Planungen eingebunden worden sei, offenbar nicht bekannt gewesen. Der Staatsanwaltschaft und auch dem Schöffengericht als Erstinstanz machte der Architekt den Vorwurf, sich bei den Ermittlungen bzw. bei der Beweisaufnahme „die Brille der Voreingenommenheit“ dieser Zeugin aufgesetzt zu haben.

Der Prozess wird nächsten Donnerstag fortgesetzt.