"Wir haben voll in den Krisenmodus geschaltet"

Audi-Vorstandschef Bram Schot über die Corona-Krise, Italien und seinen Abschied vom Ingolstädter Autobauer

19.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:42 Uhr
Audi-Vorstandschef Bram Schot wird am 1. April vom früheren BMW-Manager Markus Duesmann abgelöst. −Foto: Murat, dpa

Interview mit Audi-Vorstandschef Bram Schot über die Corona-Krise, Italien und seinen Abschied vom Ingolstädter Autobauer

 

Herr Schot, zwischen Bilanzziehen, Abschied nehmen und Krisenmanagement, eine persönliche Frage zu Beginn. Was für Gedanken gehen Ihnen momentan durch den Kopf?
Bram Schot: Mir geht es wie allen Audianern: Die Corona-Pandemie besorgt und beunruhigt mich. Und gleichzeitig müssen wir im Vorstand gerade in Ausnahmesituationen wie diesen einen kühlen Kopf bewahren. Im Vordergrund steht für mich, dass wir unserer Verantwortung für unsere Mitarbeiter, die Gesellschaft und die Wirtschaft gerecht werden.

Sie haben auch fünf Jahre lang in Italien gearbeitet? Haben Sie noch Kontakte dorthin? Wenn ja, was berichten Ihnen die von der Lage im Land?
Schot: Mit Italien verbindet mich viel. Anfang des Jahres war ich zum Beispiel an der Universität Bocconi in Mailand und habe einen Vortrag vor Studentinnen und Studenten gehalten. Das Coronavirus trifft das Land besonders hart, man sieht aber auch, wie die Gesellschaft in dieser Krise an vielen Stellen enger zusammenrückt. Ich wünsche den Menschen in Italien, dass sie trotz dieser harten Prüfung ihren Optimismus und die Lebensfreude nicht verlieren und schnell wieder Kraft schöpfen.    

Eine schwierigere Konstellation für eine Amtsübergabe gibt es wohl nicht. Welche Prioritäten haben Sie in den letzten Wochen und Tagen gesetzt?
Schot: Seit einigen Tagen haben wir natürlich voll in den Krisenmodus geschaltet. Dabei können wir auf die sehr gute Arbeit unserer von Peter Kössler geleiteten Task Force bauen. Sie beschäftigt sich schon seit vielen Wochen mit präventiven Maßnahmen im Kampf gegen Corona. Und ich bin sehr glücklich, wie wir in den vergangenen Wochen und Monaten die Umsetzung und die Operationalisierung unserer Unternehmensstrategie vorangetrieben haben. Dazu gehört unter anderem unsere ambitionierte E-Roadmap und der Start unserer globalen Marketingkampagne, mit der wir die Neuausrichtung der Marke hin zu mehr Progressivität forcieren.

Wie schwer fällt der Abschied?
Schot: Ich habe mich bewusst für diesen Schritt entschieden. Es war langfristig so geplant. Und dennoch gibt es natürlich Schöneres als Abschiede - gerade in dieser außergewöhnlichen Zeit. Ich werde eine tolle und sehr ereignisreiche Zeit, in der wir viele Veränderungen angestoßen haben, in Erinnerung behalten.

Ab wann haben Sie gewusst, dass es für Sie keine Zukunft bei Audi gibt?
Schot: Ich habe bei dem Angebot, interimistisch die Führung zu übernehmen, nicht lange nachgefragt, sondern zugepackt. Der Schritt, Audi nun zu verlassen, entspricht meiner langfristigen Planung und ich habe mich darauf konzentriert, Audi zukunftsfähig aufzustellen.

Das Unternehmen will Stellen abbauen. Im Jahresbericht schlägt sich das noch nicht groß nieder. Wie schnell muss dieser Abbau geschehen?
Schot: Wir werden die Stellen bis 2025 sozialverträglich entlang der demografischen Linie abbauen. Gleichzeitig werden wir circa 2000 neue Zukunftsarbeitsplätze schaffen und haben ein jährliches Weiterbildungsbudget von 80 Millionen Euro. Für 2020 gehen wir mit dem Vorruhestandsprogramm einen ersten konkreten Schritt.

Der A3 ist angelaufen und muss schon gestoppt werden. Ist er künftig das Brot-und-Butter-Auto, wie es früher der A4 war?
Schot: Der A3 ist der sportliche Premium-Kompaktwagen. Er spricht unterschiedlichste Zielgruppen an und ist deshalb für uns von großer Bedeutung. In den Neunzigern hat das Modell die Premium-Kompaktklasse begründet und ist mit mehr als fünf Millionen verkauften Exemplaren bis heute das erfolgreichste Modell seiner Klasse. Wir sind überzeugt, dass auch die vierte Generation, voll digitalisiert, effizient und mit sportlichem Design, wieder viele neue Fans finden wird.

Denken Sie, dass nach Corona die Welt wieder etwas deglobalisiert wird?
Schot: Nein. Auch der Kampf gegen das Virus zeigt ja, dass wir über Grenzen hinweg eng zusammenarbeiten müssen, um erfolgreich zu sein. Dank der sehr guten Zusammenarbeit mit unseren Zulieferern haben wir in dieser schwierigen Situation Mittel und Wege gefunden, die Versorgung lange aufrecht zu erhalten. Auch davon werden wir beim Neustart profitieren.

Wie geht es beruflich weiter?
Schot: Das habe ich noch nicht entschieden. Fest steht: Ich habe viel Energie und viele Ideen, die ich umsetzen möchte.

DK

Die Fragen stellte Stefan König.