„Wir haben jetzt den Schwarzen Peter“

14.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:59 Uhr

Windkraft in der Flaute? Mit der 10-H-Regelung hat sich der Bau weiterer Windräder, hier die Anlagen bei Denkendorf, in einigen Gemeinden der Region erledigt - Foto: Wilcke

Riedenburg (dk) Die 10-H-Regelung für Windräder ist beschlossene Sache. Dennoch bleibt der Bau weiterer Anlagen in der Region ein Thema. In Riedenburg, Beilngries und Breitenbrunn gehen die Planungen schon in den nächsten Wochen weiter. In Dietfurt, Altmannstein und Mindelstetten könnte die Windkraft hingegen abgehakt sein.

BEILNGRIES
 In der Großgemeinde Beilngries hat man die Entscheidung über die 10-H-Regelung aufmerksam verfolgt. Im Juni dieses Jahres hatte sich der Stadtrat sowohl für eine Fläche bei Wolfsbuch als auch für ein Areal bei Grampersdorf als potenzielle Konzentrationsgebiete für Windkraft ausgesprochen und das Verfahren zur Aufstellung eines Teilflächennutzungsplanes eingeleitet. Besonders gegen die Fläche bei Grampersdorf war jedoch heftiger Widerstand entbrannt, die Bürger fürchten unter anderem eine Umzingelung ihres Heimatortes. Rund 500 Stellungnahmen sind im Rathaus eingegangen, die nun geprüft werden. In den nächsten Monaten soll der Stadtrat über die Flächen entscheiden.

Diesem Votum wolle und könne er nicht vorgreifen, sagt Robert Lenz, der Geschäftsleitende Beamte der Stadt. Nach dem jüngsten Beschluss werde die 10-H-Regelung bei der Beratung im Gremium aber eine wichtige Rolle spielen. In der geplanten Form liegen Teile der Flächen näher als zwei Kilometer an der Wohnbebauung. Gibt es dann überhaupt noch geeignete Flächen in der Großgemeinde? Die Errichtung von Windkraftanlagen wäre bei konsequenter Umsetzung des Gesetzes auf jeden Fall deutlich erschwert, so die Einschätzung des Geschäftsleitenden Beamten – schließlich gibt es noch weitere Ausschlusskriterien.

Christian Engmann von der Bürgerinitiative Gegenwind Altmühlberg begrüßt die Entscheidung des Landtags. Dadurch sei gewährleistet, dass die Menschen in Bayern ohne gravierende Beeinträchtigungen durch Windräder leben könnten. Sollte eine Gemeinde künftig davon abweichen wollen, müsse sie klar Stellung beziehen. Engmann hofft, dass die Regelung hinsichtlich der offenen Flächen auf dem Altmühlberg konsequent umgesetzt wird. Dies sei vonseiten der Politiker schließlich mehrfach angekündigt worden, sagt er.

RIEDENBURG

Hat sich das Thema Windkraft in Riedenburg mit der 10-H-Regelung erledigt? Mitnichten, findet Bürgermeister Siegfried Lösch. Der CSU-Politiker geht davon aus, dass der Ausbau der Windenergie die Entscheidungsträger der Dreiburgenstadt noch auf Monate hinaus beschäftigen wird. Das Problem dabei sind seinen Worten zufolge die vielen unbeantworteten Fragen. „Denn was letztlich im Gesetz steht, weiß noch keiner“, betont Lösch. Damit bleibt weiter alles offen.

Auswirkungen könnte der Landtagsbeschluss vor allem auf den geplanten Windpark bei Jachenhausen haben. An der Gemeindegrenze von Riedenburg und Hemau sind derzeit zwölf Anlagen geplant. Erst am Freitagvormittag teilten die beteiligten Unternehmen mit, die entsprechenden Anträge bei den Landratsämtern in Kelheim und Regensburg zu stellen. 10 H soll dort nach dem Willen der Investoren keine Rolle spielen. Vielmehr hoffen sie auf einen gemeindlichen Konsens; dann wäre ein geringerer Abstand zu Wohngebieten möglich. Eine Entscheidung darüber will Lösch aber keinesfalls ohne die Bevölkerung treffen. „Ich bin dafür, die Leute einzubinden“, sagt er und schließt einen Bürgerentscheid nicht aus.

Darüber hinaus hören die Planungen aber nicht auf. Nach wie vor läuft die Arbeit am Flächennutzungsplan für Windkraft. Einstampfen will Lösch dieses Konzept auf keinen Fall – auch wenn vor allem anderen 10 H gilt. Darüber hinaus steht das Raumordnungsverfahren für das Gebiet der beiden Städte aus, das die Regierungsbezirke Niederbayern und Oberpfalz im Schulterschluss erstellen.

Viele offene Fragen also, mit denen es die Entscheidungsträger der Kommune zu tun haben. Schuld an diesem Dilemma, daran lässt der Bürgermeister keinen Zweifel, hat aber einzig die Landesregierung. „Wir Gemeinden haben jetzt den Schwarzen Peter“, übt er deutliche Kritik an der CSU-Führung in München. Dass in der Landeshauptstadt von einer Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung die Rede ist, bezeichnet er als Farce. „Die Regierung ist jetzt fein raus und wir müssen damit fertig werden, schimpft er und erinnert an die bereits getätigten Ausgaben. Um den Anforderungen von oben gerecht zu werden, hat Riedenburg in den vergangenen Jahren mehrere Zehntausend Euro in Planungen investiert. Geld, das die Stadt nach Ansicht des Bürgermeisters jetzt vom Freistaat zurückfordern sollte.

DIETFURT

Im Gemeindebereich von Dietfurt sind durch das 10-H-Gesetz nach Angaben des Geschäftsführenden Beamten Ernst Dietlmeier „so gut wie keine Windräder“ mehr möglich. Bei einer üblichen Höhe von rund 200 Metern könnten „wegen der gegebenen Siedlungsstruktur“ die geforderten Abstandsflächen nicht eingehalten werden.

Drei Flächen gibt es in Dietfurt, die für solche Anlagen aufgrund ihrer Windhöffigkeit grundsätzlich geeignet wären: östlich von Schweinkofen, südlich von Zell und nördlich von Mallerstetten an der Gemeindegrenze nach Berching. Für sie hatte der Stadtrat einen Flächennutzungsplan mit einer Abstandsfläche von 1000 Metern aufstellen wollen. Doch mit dem neuen Gesetz sei das weitere Vorgehen erst einmal ausgebremst. Dietlmeier kann sich aber nicht vorstellen, dass Dietfurt – wie die meisten Kommunen auch – von der 10-H-Regelung abweichen werde. „Uns liegen zudem keine konkreten Anträge vor“, sagt er. Er weiß lediglich von einer Voranfrage im Neumarkter Landratsamt für ein Windrad bei Vogelthal.

Von der Entscheidung des Landtags nicht betroffen sind hingegen die beiden bei Mallerstetten geplanten Anlagen. „Das sind Altfälle, die sind längst genehmigt“, betont Dietlmeier. Allerdings hätten diese Anlagen nach der 10-H-Regelung keine Chance mehr, denn die Entfernung zur Wohnbebauung beträgt nur rund 800 Meter.

ALTMANNSTEIN

Manfred Zippel bedauert die Entscheidung für 10 H „nicht unbedingt“. Zumindest nicht als Geschäftsführender Beamter der Marktgemeinde Altmannstein. Das bis jetzt einzige Windrad auf dem Gemeindegebiet bei Pondorf und die geplante Konzentrationsfläche bei Mendorf hätten für genug Ärger und Probleme gesorgt, da sich in beiden Ortsteilen heftiger Widerstand gebildet habe. Jetzt sei Altmannstein „zum Glück außen vor“. Schon seit geraumer Zeit habe es keine weiteren Anträge gegeben. „Soweit wir wissen“, schränkt Zippel ein. Grundsätzlich stellt er sich aber die Frage, wie unter diesen Voraussetzungen die Energiewende geschafft werden solle. Auch ärgert er sich, dass durch die vorangegangenen Überlegungen viel Arbeitszeit gebunden worden sei. Die Pläne liegen jetzt jedenfalls „in der Schublade“. Sie könnten aber „jederzeit wiederbelebt werden“.

MINDELSTETTEN

Für die Gemeinde Mindelstetten ändert sich durch die 10-H-Regelung nichts. Wie Bürgermeister Alfred Paulus (CWG) weiß, ist dort der Manchinger Flugplatz das K.-o.-Kriterium für Windkraft, genauer gesagt eine Funkstrecke. Er selbst findet die Entscheidung für sehr große Abstände von den Siedlungen aber nicht richtig. In der kleinen Gemeinde, die einen eigenen Energiearbeitskreis hat und für die ein Energiekonzept aufgestellt worden ist, könnte er sich ohne Weiteres auch ein Windrad vorstellen. „Wenn sich die Voraussetzungen ändern und es weit genug vom Ort weg wäre, hätte ich damit gar kein Problem.“ Man könne nicht gegen alles sein, betont er. „Lieber habe ich mehr Windkraft in Bayern als die Stromtrasse.“ Das Konzept der Konzentrationsflächen – mit der Beteiligung der Bürger – hält er für grundsätzlich besser.

BREITENBRUNN

Im Gemeindebereich von Breitenbrunn wird es mit der 10-H-Regelung wohl keine Windräder mehr geben. Das bestätigt der Geschäftsleitende Beamte Jürgen Konrad. Der Markt plant derzeit mit den Nachbarkommunen Seubersdorf und Parsberg die Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windkraft. Wie es damit nun weitergeht, soll sich am 26. November entscheiden. Dann treffen sich Vertreter der Gemeinden.

Zuletzt waren in Breitenbrunn noch zwei Vorrangflächen vorgesehen – westlich von Gimpertshausen sowie der Rödelsberg bei Kemnathen. Im Endeffekt wären dort vier bis sechs Windräder möglich gewesen. Greift nun die 10-H-Regelung, dürfte laut Konrad kein Gebiet mehr übrig bleiben. Kemnathen und Rasch sowie der Seubersdorfer Ortsteil Winn liegen innerhalb der auszuschließenden Fläche. Auch Gimpertshausen und sogar Staufersbuch in der Gemeinde Berching würden sich möglicherweise zu dicht an den möglichen Standorten befinden.