München
"Wir haben die Holzmedaille"

16.12.2013 | Stand 02.12.2020, 23:18 Uhr

Alexander Dobrindt ist aufseiten der CSU sicher einer der Gewinner der letzten Bundestagswahl: Er wird in dieser Legislatur das Bundesministerium für Verkehr leiten - Foto: Stache/AFP

München (DK) Amputierte Ministerien? Dass die CSU bei der Ressortverteilung der großen Koalition Federn lassen musste, ist offensichtlich. Aber ist das tatsächlich eine Niederlage für die Partei

Horst Seehofer hatte die Situation wohl kommen sehen. Nach dem CSU-Parteitag vor drei Wochen – der Saal wurde gerade aufgeräumt – erzählte der Parteichef folgende Anekdote: Mitte der 90er Jahre saß das Kabinett in Bonn zusammen. Seehofer war da Gesundheitsminister. Bundeskanzler Helmut Kohl war gerade unzufrieden mit manchem seiner Minister und raunzte in die Runde: „Guckt euch den Seehofer an. Der hat den kleinsten Etat, macht aber den größten Wind.“ So zumindest stellt es der heutige CSU-Chef und Ministerpräsident dar.

Was die Anekdote aussagen sollte, ist heute klar: Welchen Kabinettsposten man innehat, sei gar nicht so entscheidend. Entscheidend sei, was man daraus macht. Seehofer wollte wohl schon mal darauf vorbereiten, dass die CSU in Zukunft nicht mehr die ganz wichtigen Ressorts wird besetzen können.

Dieser Logik folgt aber nicht jeder in der Partei. Am Tag nach der Verkündung des neuen Berliner Kabinettszuschnitts herrscht in Teilen der CSU Ernüchterung. Ganz so stark wie immer angekündigt komme die Partei nun doch nicht aus den Verhandlungen, heißt es. Das ist die eine Seite. Andere sehen aber auch Chancen in der künftigen Aufstellung.

Als besonders ärgerlich sieht mancher, dass ausgerechnet SPD-Chef Sigmar Gabriel sich nun als Sieger der Koalitionsverhandlungen feiern lassen kann. Gabriel wird Superminister für Wirtschaft und Energie, seine in der CSU unbeliebte bisherige Generalsekretärin Andrea Nahles bekommt das Großressort für Arbeit und Soziales. Die eigene Ressortausbeute wirke da eher schwächlich, sagt ein CSU-Vorstand. Und das, obwohl die Partei die Wahl doch haushoch gewonnen habe. „Bei unseren Anhängern ist jetzt der Eindruck: Wir sind nicht auf dem Stockerl. Wir haben die Holzmedaille.“ Das relativ unbedeutende Entwicklungshilfeministerium, das Landwirtschaftsministerium ohne den Verbraucherschutz, ein Verkehrsministerium mit Breitbandausbau, dafür aber ohne die Zuständigkeit fürs Bauen – von „amputierten Ministerien“ ist die Rede. Statt auf drei Ministerien für die CSU zu beharren, hätte mancher lieber das mächtige Innenministerium behalten. Immerhin sei die innere Sicherheit „ein Markenkern“ der Partei.

Ein zusätzlicher Nadelstich: Das Bauressort wird dem SPD-geführten Umweltministerium zugeschlagen. Dafür wird dann ausgerechnet der bayerische SPD-Landesvorsitzende Florian Pronold als Staatssekretär zuständig sein. Er kann sich dann unter anderem auch in bayerischen Großstädten als Kümmerer in Sachen Mietpreise profilieren. Pronold ist nicht erst seit dem vergangenen Wahlkampf eines der beliebtesten Ziele für Lästerattacken aus der CSU.

Allerdings gibt es in der Partei auch eine breite Masse derer, die zufrieden sind mit der neuen Aufstellung. Der Grat zwischen Schönrednerei und echter Begeisterung ist schmal. Aber nach Meinung vieler gibt es durchaus auch Gründe zur Freude. „Wir können aus den drei Ressorts mehr machen als die anderen“, sagt ein CSU-Mann. Das Entwicklungsministerium? Brauche die Partei um ihren internationalen Anspruch zu dokumentieren. Das Agrarressort? Ein Muss, um den bayerischen Bauern zu helfen. „Hätten wir darauf verzichtet – das hätten unsere Anhänger nicht verstanden“, hört man immer wieder. Und das Verkehrsministerium galt wegen der Maut-Pläne der CSU schon lange als Pflichtressort.

In der Landesgruppe hat man nachgerechnet. 1,6 Ministerien hätten der CSU zugestanden – wenn man die Wählerstimmen der einzelnen Koalitionspartner betrachtet. Dass die Partei drei bekommen habe, sei doch ein echter Verhandlungserfolg.

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