Wir gehen in die Verlängerung – unseren Kindern zuliebe

28.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:25 Uhr

Zum Artikel „Empörte Eltern“ (PK vom 26./27. Juli):

Als Mutter zweier kleiner Kinder (drei und vier Jahre), die beide den gemeindlichen Kindergarten Reichertshausen besuchen, war ich bei besagter Gemeinderatsitzung auch anwesend. Nun versuche ich, mir meine Verärgerung über die getroffene Entscheidung auf diese Weise von der Seele zu schreiben. Wie viele andere Eltern auch, bin ich der Meinung, dass ein Multifunktionsspielgerät für den Kindergarten eine Bereicherung und mehr als nur eine Abrundung des vorhandenen Angebots darstellt. Freifläche zum Fußballspielen und Herumtollen haben wir dank unseres großen Gartens genügend, aber Möglichkeiten zum Klettern und Hangeln, zum Rutschen und Turnen sind doch sehr begrenzt. Und ist es nicht so, dass wir unsere Kinder unter anderem in den Kindergarten schicken, damit sie dort Möglichkeiten zum Bewegen vorfinden, die wir ihnen zu Hause nicht bieten können? Gerade für größere Kinder, die schon länger in die Einrichtung gehen, ist es wichtig, dass sie dort auch altersentsprechende Bewegungsanreize finden. Da kann ein 15 Jahre altes Spielgerät, das im Laufe der Zeit ständig verkleinert wurde und für Kinder bis maximal fünf Jahren vielleicht noch eine Herausforderung darstellt, nicht ausreichend sein. Meiner Meinung nach ist ein einziges Gerät mit einer Rutsche und zwei Schaukeln für bis zu 100 Kinder einfach zu wenig. Mal ganz abgesehen von der Zeit, in der der Ostgarten saniert wird. 100 Kinder auf der grünen Wiese.

Besonders frech, ja schon fast gemein, fand ich den Kommentar von einem der Gemeinderäte, der unterstellte, die Erzieherinnen wünschten sich das Spielgerät nur, um nicht selbst mit den Kindern spielen zu müssen. Das Personal im Kindergarten leistet hervorragende Arbeit, und jeder der selbst kleine Kinder hat, weiß, wie anstrengend und fordernd der Umgang mit unserem Nachwuchs sein kann. Da kann man nicht mal sagen, man lässt den Tag ruhiger angehen, weil man vielleicht nicht so gut drauf ist. Die Kinder fordern unsere ganze Aufmerksamkeit, und das ständig. So groß die Anzahl der Kinder, so groß auch die der kleinen und größeren Bedürfnisse. Und diesen allen gerecht zu werden, und das Tag für Tag, ist eine großartige Leistung! Angesichts dessen ist ein solch unqualifizierter Kommentar für mich nicht nachvollziehbar.

Bislang dachte ich immer, der Gemeinderat hat den Auftrag, die Interessen des Volkes zu vertreten. Und dann kommt das Volk, zumindest ein in diesem Fall betroffener Teil, hält Plädoyers, erörtert die Sachlage, gibt fachkundig Auskunft zu allen Fragen, steht Rede und Antwort und kann meines Erachtens die noch bestehenden Zweifel fundiert ausräumen, und trotzdem zählt im Endeffekt die persönliche Meinung einzelner mehr als die Meinung derer, die es eigentlich wissen müssen, da sie tagaus tagein mit unseren Kindern arbeiten und alleinig die Situation aus pädagogischer Sicht objektiv beurteilen können. Und dann müssen die Nein-Stimmen nicht mal begründet werden, man ist halt leider einfach dagegen? Schade.

Mein besonderer Respekt gilt an dieser Stelle Alois Zaisch, der durch den Austritt aus seiner Partei bewiesen hat, dass es in der Politik nicht nur darum geht, parteipolitische Interessen durchzusetzen, sondern dafür zu kämpfen, wofür man persönlich steht. Mit diesem entschlossenen Schritt hat er die Arbeit der vielen engagierten Eltern und Erzieherinnen auf ganz besondere Weise gewürdigt. Vielen Dank hierfür! Auf diese Weise hat er dafür gesorgt, dass unser Glaube in die Politik und Demokratie nicht gänzlich verloren geht.

Besonders schade finde ich die Tatsache, dass sich einige der Gemeinderäte nicht einmal die Mühe gemacht haben, sich die Situation vor Ort anzusehen, stattdessen wird nach einer einstündigen Diskussion für Nein gestimmt und so die Arbeit von vielen Tagen, Wochen, Monaten, sogar Jahren vieler engagierter Eltern und Erzieherinnen zunichtegemacht. Die Mitglieder des Elternbeirats (und auch andere Eltern) haben sehr viel ihrer freien Zeit (und diese ist zwischen Kindererziehung, Haushalt und Beruf nicht gerade üppig und dadurch besonders kostbar) in dieses Projekt investiert, angesichts knapper Gemeindekassen sogar eigenhändige Hilfe angeboten, und dann wird innerhalb kürzester Zeit alles zunichtegemacht. Kein Wunder also, wenn nach einer solch derben Enttäuschung auch mal Tränen fließen. Ein Zeichen mehr dafür, mit wie viel Herzblut, Überzeugung und Leidenschaft hinter diesem Projekt gestanden wurde.

Als ich am Donnerstagabend nach Hause kam, fragte mich mein Mann, wie ich mich jetzt fühlte. Um das Beispiel des Fußballspielens noch mal aufzunehmen, vielleicht kann ich es so beschreiben: Man stelle sich vor, Deutschland steht im WM-Endspiel. Nach vielen Mühen und Anstrengungen endlich im Finale. Deutschland schießt ein Tor. Millionen Menschen sehen es. Aber der Schiedsrichter sagt Nein, es war kein Tor. Und das Spiel ist aus, vorbei. Keine Nachspielzeit, keine Verlängerung. Einfach aus.

Jetzt habe ich persönlich keinen Vorteil davon, wenn Deutschland Weltmeister wird oder eben nicht. Aber aus unserem persönlichen Endspiel vom Donnerstagabend gehen die Verlierer ganz klar hervor: unsere Kinder. Aber das nehmen wir nicht so hin. Wir gehen in die Verlängerung – unseren Kindern zuliebe!

Jasmin Kottmayr

Reichertshausen