Pfaffenhofen
"Wir fühlen uns wie Hilfspolizisten"

Straßhof-Wirtin Eva-Maria Leopold ist frustriert über Corona-Ignoranten

03.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:14 Uhr
Bittet um Verständnis für die Corona-Maßnahmen: Eva-Maria Leopold im Foyer ihres Hotel-Restaurants. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen - Eva-Maria Leopold hat's satt: Permanent müsse sie sich rechtfertigen, sagt die Straßhof-Wirtin, "ständig werde ich schwach angeredet". Grund: Immer wieder ignorieren Gäste die Corona-Auflagen, die sie für übertrieben halten.

 

Pfaffenhofen - Deshalb hat sie sich jetzt im Internet auf Facebook an die Öffentlichkeit gewandt: "Liebe Gäste, heute müssen wir dringend einige Dinge besprechen, die uns in den letzten Tagen zunehmend negativ aufgefallen sind."

Seit die Infektionsschutz-Maßnahmen zunehmend gelockert werden, glauben offenbar viele ihrer Gäste, dass die Auflagen nur noch eine reine Formsache sind, die man nicht allzu ernst nehmen muss. "Tatsächlich aber", sagt die 37-Jährige, die mit ihrem Mann Stefan Leopold das Hotel mit Restaurant und großem Biergarten in Siebenecken betreibt, "haben wir wahnsinnig viele Auflagen, die sich zudem auch noch mehrmals die Woche ändern." Die Gesetzestreue ist das eine. Das andere: "Ich möchte weder unsere Mitarbeiter noch unsere Gäste einem Ansteckungsrisiko aussetzen."

Deshalb achtet sie darauf, dass Maskenpflicht, Abstandsgebot und Kontaktbeschränkungen eingehalten werden - oft allerdings zum Unmut ihrer Gäste. Jetzt reicht's ihr: "Bei uns hat sich in letzter Zeit so viel aufgestaut, dass wir uns entschlossen haben, an die Öffentlichkeit zu gehen."

"Man fühlt sich wie die Hilfspolizei", sagt die Wirtin des Straßhofs. "Die aktuell geltenden Regeln gefallen uns auch nicht, aber wir müssen uns daran halten." Und deshalb listet sie in ihrem Online-Eintrag all die Fragen auf, für deren Antworten manche Gäste kein Verständnis haben. "Entweder aus Unkenntnis oder aus Egoismus, ich weiß es nicht", sagt die Wirtin frustriert.

Sie spricht diese nur schwer belehrbaren Gäste direkt an: "Ja, wenn Du das Restaurant oder den Biergarten betreten willst, musst Du eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Auch wenn Du wieder rausgehst." - "Nein, Du kannst jetzt gerade nicht eine Hochzeitsfeier oder einen Geburtstag in gewohnter Form durchführen." -  "Nein, mehr als zwei Haushalte dürfen laut der aktuellen Kontaktbeschränkung nicht an einem Tisch zusammensitzen. Auch nicht, wenn Ihr alle eine Familie seid."

Da wollten etwa Eltern den Geburtstag ihrer Zwillingstöchter feiern und die beiden Freundinnen der Mädchen sowie die Großeltern und eine befreundete Familie einladen. Nur zwei Haushalte, erklärte Eva-Maria Leopold. "Sie wollen doch wohl nicht den Wunsch unserer Mädchen platzen lassen", beklagten sich daraufhin die Eltern. Sehr viel Zeit gehe für überflüssige Diskussionen drauf, sagt die Wirtin. "Nein", schreibt sie auf ihrer Online-Seite, "Du kannst keinen Tisch für Dich und Deine zehn Geschäftspartner reservieren, auch wenn ihr den ganzen Tag Schulter an Schulter zusammenarbeitet. Und nein, wir dürfen laut Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) auch keine Gruppenreservierungen für mehrere Tische machen."

Was die Situation zusätzlich erschwert: Gäste aus anderen Bundesländern verstehen oft nicht, warum in Bayern verboten ist, was etwa der Hamburger Senat erlaubt. Was sich Eva-Maria Leopold wünscht: "Fordert uns nicht permanent zu Straftaten nach dem Infektionsschutzgesetz auf!" Verstöße gegen die aktuell geltenden Regeln würden mit hohen Geldstrafen und ein bis zwei Jahren Gefängnisstrafe geahndet, abgesehen von dem Risiko einer Infektion. Restaurant-Besitzer hätten schon ihre Konzession verloren, weil sie sich über Corona-Auflagen hinweggesetzt haben. In einem benachbarten Landkreis, hat die Straßhof-Wirtin erfahren, habe ein Metzger 5000 Euro Strafe zahlen müssen, weil er einem vermeintlichen Bauarbeiter ohne Mundschutz eine Leberkäs-Semmel verkaufte, der sich dann als Mitarbeiter des Ordnungsamts zu erkennen gab.

Leopold bedankt sich nicht nur bei den Gästen, "die mit der nötigen Umsicht und Gelassenheit dieser schwierigen Zeit begegnen", sondern auch bei ihren Mitarbeitern. Für die hat sie ein weites Herz ("Wir sind wie eine große Familie"): Den Biergarten mit seinen 300 Plätzen stellt sie auf Selbstbedienung um. "Es ist unserem Personal nicht zuzumuten, draußen bei 30 Grad mit Mundschutz zu arbeiten."

PK