Berlin
"Wir brauchen mehr Personal"

Polizeigewerkschafter Rainer Wendt nimmt Innenminister de Maiziêre in die Pflicht

22.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:17 Uhr

Berlin (DK) Rainer Wendt (kl. Foto) ist seit 2007 Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Seit Langem schon beklagt er die Überlastung der Beamten - nicht erst seit der Flüchtlingskrise. Im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion fordert er unter anderem einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen.

 

Herr Wendt, Innenminister Thomas de Maiziêre will die Kontrollen an deutschen Grenze auf unbestimmte Zeit fortsetzen. Schafft die Polizei das?

Rainer Wendt: Das ist so nicht zu schaffen, das geht nur mit mehr Personal. Die Polizei ist seit Monaten sieben Tage die Woche an den Grenzen im Einsatz. Die besondere Aufbausituation sollte eigentlich eine Ausnahmesituation sein. Inzwischen ist daraus der Normalfall geworden. Für die Einsatzkräfte und ihre Familien bedeutet das eine enorme Belastung. So darf es nicht weitergehen. Es ist höchste Zeit, die Polizeikräfte an den Grenzen zu entlasten und mehr Personal bereitzustellen.

 

Wie soll das geschehen?

Wendt: Wir brauchen kurzfristig Tausend Unterstützungskräfte für die Bundespolizei, die einfachste administrative Arbeiten - darunter etwa den Papierkram - übernehmen können. Dann könnten sich die Bundespolizisten auf die eigentliche Polizeiarbeit an den Grenzen konzentrieren. Normalerweise leisten 400 Bundespolizisten an der Grenze ihren Dienst, aktuell sind es mehr als 2000, die andernorts abgezogen werden und dort schmerzlich vermisst werden. Der Bundesinnenminister muss jetzt ein Signal geben und schnell Unterstützungskräfte einstellen.

 

Wie dramatisch ist der Personalmangel bei der Polizei?

Wendt: Immerhin ist der rasante Personalabbau erst einmal gestoppt. Die Bundespolizei bekommt in absehbarer Zeit 3000 neue Stellen - unter anderem stellen auch Bayern und Nordrhein-Westfalen neue Leute ein. Das sind wichtige, wenn auch erste Schritte. Wenn 2017 die große Pensionswelle einsetzt, wird sich der Personalmangel verschärfen.

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagt recht deutlich, dass die Sicherung der nationalen Grenzen deutlich schwieriger sei als die der EU-Außengrenzen. Teilen Sie diese Einschätzung?

Wendt: Die Sicherung der EU-Außengrenzen wäre der bessere Weg. Wir müssen zudem die strukturschwachen Regionen in Europa stärken, um weitere Wanderungsbewegungen innerhalb Europas zu verhindern. Außerdem braucht es eine intensive Schleierfahndung an den Binnengrenzen. In dieser angespannten Lage müssen wir die deutsche Grenze zusätzlich sichern. Die Bundespolizei könnte das leisten. Eine vernünftige Grenzsicherung wäre auch ein wichtiges Signal an die Herkunftsländer der Flüchtlinge.

 

Zum Abschluss etwas anderes: In Köln ist ein Sextäter während eines Ausgangs den Wachen entflohen. Wie kann das sein?

Wendt: Der Inhaftierte hat nun einmal Anspruch auf diesen Ausgang. In Köln handelte es sich um eine Panne. Das wird sicherlich ein Disziplinarverfahren nach sich ziehen.

 

Die Fragen stellte

Andreas Herholz.

Foto: Hitij/dpa