Ingolstadt
Willkommen in der Zelle

Zum 25-jährigen Bestehen gewährt das Landgericht einen Blick hinter sonst verschlossene Türen

01.03.2013 | Stand 03.12.2020, 0:26 Uhr

En garde im Landgericht: Dass sich ein Spazierstock auch als gefährliche Stichwaffe entpuppen kann, beweisen Staatsanwalt Robert Pohle (von links), Richter Jürgen Häuslschmid und Oberstaatsanwalt Christian Veh beim Tag der offenen Tür im Landgericht - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Rund 350 Schüler haben sich gestern durch das Landgericht führen lassen. An diesem Samstag hat jeder Ingolstädter die Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen des Justizbetriebs zu werfen. Dabei werden Räume geöffnet, die sonst verschlossen bleiben, und so manche Mordgeschichte erzählt.

Schwer bewaffnet traten am Freitag die Vertreter der Ingolstädter Justiz ihren Gästen entgegen. Ein mittelalterlicher Morgenstern, diverse Hieb-, Stich- und Schusswaffen, eine Präzisionsschleuder, ein schießender Kugelschreiber und sogar eine selbst gebastelte Kartoffelkanone waren aus der Asservatenkammer geholt worden, um zu demonstrieren, was Richtern, Anwälten und Staatsanwälten bei der täglichen Arbeit so alles begegnet. Außer mit dem beachtlichen Waffenarsenal verstanden es Oberstaatsanwalt Christian Veh, Staatsanwalt Robert Pohle und Richter Jürgen Häuslschmid, die rund 350 Schüler mit den Schilderungen der spektakulärsten Justizfälle in den Bann zu ziehen. In den vergangenen 25 Jahren, die das Landgericht bereits in Ingolstadt existiert, sind einige interessante Geschichten zusammengekommen. Immerhin wurden in dieser Zeit rund 22 000 Verfahren bearbeitet.

Trotz des Nervenkitzels ging es beim Tag der offenen Tür aber nicht in erster Linie um schaurige Unterhaltung. „Wir wollen Bürgern, die noch nie Kontakt mit der Justiz hatten, einen Eindruck vermitteln, was wir machen“, erklärt die Präsidentin des Landgerichts, Sibylle Dworazik. Nach dem Programm am Freitag, das Schulklassen vorbehalten war, sind am heutigen Samstag, 2. März, deswegen von 10 bis 14 Uhr alle Ingolstädter eingeladen. Der Besuch lohnt sich offenbar: „Es ist wirklich cool, mal zu sehen, was in dem Gebäude passiert, das man sonst ja nur von außen kennt“, sind sich Katharina Seifert (17) und Elin Menrad (16) einig, die am Freitag mit ihrer Klasse aus der Ingolstädter Wirtschaftsschule in das Gericht gekommen waren.
 

Im ersten Stock des Justizgebäudes informiert eine Ausstellung der Justizvollzugsanstalt (JVA) Kaisheim über die verschiedenen Arbeitsfelder in dem Gefängnis. „Hier werden nicht nur minderwertige Arbeiten verrichtet, wie man manchmal meint“, betont Kai Ernst, der Leiter der Arbeitsverwaltung der JVA. So mancher Gefangene nutzt die Zeit seiner Haft, um eine Lehre zu machen. Die Ausstellung zeigt einige Werkstücke, die in dem Gefängnis entstanden sind.

Ein Schwerpunkt bei der Führung ist auch die Vorstellung der verschiedenen Berufe, vom Wachtmeister bis zum Staatsanwalt, die am Landgericht vertreten sind. „Ich fand es sehr interessant, dass man hier auch mit der Mittleren Reife eine Arbeit finden kann“, sagte etwa der 17-jährige Marcel Meier.
 

Bei der Führung durften die Besucher auch jene Räume sehen, die der Öffentlichkeit sonst verborgen bleiben. Über eine schmale Treppe folgten sie Pohle hinunter zu den Zellen, in denen Angeklagte auf den Beginn einer Verhandlung warten. Mit einem gezielten Fingerdruck bewies offenbar ein Schüler in einem unbeobachteten Augenblick, dass auch das eingebaute Rufsystem funktioniert. Kaum hatte er den Alarmknopf in einer der Zellen gedrückt, erschien ein Justizbeamter, um nach dem Rechten zu sehen. Ein Verfahren gegen den Frechdachs wurde allerdings nicht eröffnet.