Ingolstadt
Wildwestromantik im Peterwirt

07.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:02 Uhr

Deutsch-amerikanische Symbolik: Die Railroad Dancer (wörtlich übersetzt: Eisenbahntänzer) orientieren sich an der Wildwest-Romantik der Vereinigten Staaten.

Ingolstadt (DK) Seit zehn Jahren pflegen die Railroad Dancer ihre Form von Wildwestromantik auf dem Parkett. Zu den Klängen von Countrymusik haben Jung und Alt gleichermaßen Spaß, wie der fünfte Teil der DONAUKURIER-Serie über die Ingolstädter Tanzszene zeigt.

Ab und zu verwandelt sich der Peterwirt in Unsernherrn in einen Western-Saloon: Die Holzkutsche, die von der Decke hängt, könnte auch vor dem berühmten Club Wildhorse in Nashville, Tennessee, stehen. Aus den Lautsprechern des Ghettoblasters erklingen Countrysongs von US-Musikern wie Keith Urban oder Alan Jackson. Stilecht sind auch die 18 Frauen und Männer gekleidet, die in Formation den Line Dance auf der Tanzfläche proben: Alle haben schwarze Cowboyhüte auf, tragen Stiefel, die zumeist direkt aus den USA kommen, Gürtel mit dekorativen Schnallen und natürlich die Boloties um den Hals, die verzierten Lederschnüre, die als Krawatten dienen. Wildwestromantik vermitteln auch die indianischen Traumfänger aus Federn, die zumeist auf die Hüte gesteckt werden.

Hierarchien gibt es beim Ingolstädter Klub Railroad Dancer nicht. Doch Kordula Zäuner, mit einem hochmodernen Headset-Mikrofon vor dem Mund, gibt den Takt vor. "Sonst können mich die anderen beim Auftritt nicht hören", erläutert die Vortänzerin, die mit knappen Befehlen die Formation durch den Raum dirigiert. Sie zählt zu den 19 Gründungsmitgliedern, die im Februar 2000 die Tanzgruppe gegründet haben (dazu auch Informationen im Internet: www.railroad-dancer.de). "Als ich 1988 erstmals in den USA Line Dance gesehen habe, war ich total fasziniert", erinnert sich Kordula Zäuner. Vor allem die Möglichkeit, den Tanzstil bis ins hohe Alter zu pflegen, sagte ihr sehr zu. Und: "Der große Vorteil beim Line Dance ist, dass auch ohne Partner getanzt werden kann."

Tragen, was passt

Eine einheitliche Tanzuniform ist übrigens kein Muss. Alle können beim Tanzen tragen, was passt. Nur bei den zumeist kostenlosen Auftritten der Truppe achten die Railroad Dancer auf die identische Kleidung, mal mit roten Blusen, mal mit blauen. So präsentierten sich die Ingolstädter kürzlich auch bei ihrem Jubiläumsfest, bei dem sie in Unsernherrn 250 Gäste begrüßen konnten. Zur Gratulation kamen Tanzgruppen aus nah und fern, darunter die Line Dancer aus der Holledau, Schondorf oder Taufkirchen.

Der Tanzstil, der sich hauptsächlich in den USA entwickelte, ist schließlich auch hierzulande weit verbreitet. Als Freizeitsport ist Line Dance in Deutschland seit 2002 anerkannt. Im Rahmen des Deutschen Tanzsportabzeichens (DTSA) gibt es inzwischen sogar eine eigene Prüfung.

Für künstlerischen Nachwuchs werben die Tänzer bei Auftritten in Schulen und Kindergärten. Auch in den eigenen Reihen rekrutieren die Railroad Dancer. Die zehnjährige Larissa etwa folgt seit zwei Jahren den Fußstapfen ihrer Mutter und steht in der ersten Reihe der Formation. "Line Dance macht viel Spaß", erzählt die Grundschülerin aus Hohenwart, die aber auch Hip-Hop oder Jump Style liebt.

Ein wenig Lampenfieber

Die Choreografien und Schrittfolgen findet Larissa nicht schwer, und sie hat auch keine Angst, aus der Reihe zu tanzen. "Ich hatte nur beim ersten Auftritt ein wenig Lampenfieber", erinnert sie sich, "aber ich habe keinen einzigen Fehler gemacht." Immerhin: Das Repertoire beim Westerntanz kann 100 verschiedene Stile, vom "After Five Stomp” bis zum "Wishful Thinking” umfassen. Wer will, kann sich aber auch nur gemütlich im Kreis drehen. So wie der US-Schauspieler Kevin Costner, der in dem berühmten Hollywoodfilm "mit dem Wolf tanzte".