Geisenfeld
Wildschweinfleisch: "Verzehr bedenkenlos"

Der Geisenfelder Theo Faust kontrolliert für den Jagdverband Schwarzwild auf Strahlenbelastung

06.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:35 Uhr

Mit Wildschweinen kennt sich Theo Faust aus. Als Frischling - hier ein präpariertes Tier aus der Sammlung des Geisenfelders -- sind sie noch niedlich, später bringen die Tiere 90 Kilogramm und sogar noch mehr auf die Waage. - Foto: Zurek

Geisenfeld (DK) Das Fleisch des Wildschweins ist in Verruf geraten. "Zu belastet", "zu ungesund" - das hört Theo Faust immer wieder. Als einer derjenigen, die im Auftrag des Bayerischen Jagdverbandes die Qualität der erlegten Tiere prüft, bricht er eine Lanze für "die schmackhafte Delikatesse".

Allerdings nicht, weil etwa die Folgen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 nicht mehr spürbar wären, sondern wegen der strengen Kontrollen. Wildschweinfleisch aus Bayern könne aufgrund "der guten Überwachung ohne Bedenken verzehrt werden", so Faust, der die Leckerbissen am liebsten "als Kotelett am Stück gebraten" genießt. Seit elf Jahren führt der Geisenfelder im Auftrag des Landesjagdverbandes BJV Messungen durch, und seit drei Jahren hat er zudem die Berechtigung, Trichinenproben anzunehmen. Als Prüfer verweist er auf ein flächendeckendes System von über 100 Messstationen, die der BJV mit seinen Kreisgruppen unterhält. Jedes offiziell gehandelte Schwarzwildfleisch wird hier vor dem Verkauf auf seinen Gehalt an Cäsium 137 untersucht. Zusätzlich führt die bayerische Staatsregierung stichprobenartige Kontrollen durch.

"Jeder Verbraucher, der Schwarzwild kauft, kann das Messprotokoll einsehen", sagt Faust, der im Keller seines Einfamilienhauses eine Art Labor aufgebaut hat, wo er eventuellen Belastungen des Fleisches mit amtlich geeichten und überprüften Geräten "auf die Spur kommt".

Etwa 50 000 Wildschweine werden, wie der Naturschutzwart des Landkreises erklärt, jährlich im Freistaat erlegt. In Theo Fausts Zuständigkeitsbereich - also überwiegend im nördlichen Landkreis - waren es im vergangenen Jahr 800 Tiere. Heuer landeten bereits über 400 bei ihm zur Beschau. Und wie immer waren 90 Prozent davon "einwandfrei". Es gilt: "Sobald mehr als 600 Becquerel pro Kilo gemessen werden, kommt das Fleisch nicht mehr in den Handel, es wird nach EU-Hygienerichtlinien vernichtet und darf nicht einmal als Tierfutter verwendet werden", betont der Geisenfelder.

"In den sogenannten Fall-out-Gebieten ist das Schwarzwild immer noch teilweise stark belastet", weiß auch Faust. Grund für eine generelle Entwarnung sieht der Prüfer in puncto Strahlenbelastung daher nicht. Aber, so schränkt er ein: Die Ablagerung radioaktiver Isotope auf die Böden europaweit fiel unregelmäßig aus. "In manchen Teilen Bayerns sind die Tiere unbelastet oder nur geringfügig belastet, in anderen werden bei der Hälfte der erlegten Wildschweine die festgelegten Grenzwerte überschritten." Besonders betroffen ist diese Tierart deshalb, weil sie "gern Hirschtrüffel oder Maronenröhrlinge auf dem Speiseplan stehen hat", erklärt Faust. Diese Pilze reichern strahlendes Cäsium 137 verstärkt an und gelten deshalb als Radionuklid-Sammler.

Insgesamt stellt der passionierte Jäger ein stetiges Wachstum der Schwarzwildpopulation fest. "Einfach, weil das Nahrungsangebot immer besser wird, allen voran wegen des zunehmenden Maisanbaus", ist er überzeugt. Hinzu kommen aus seiner Sicht die milden Winter, die eine natürliche Dezimierung des Bestands verhindern.

Bedeutet mehr Wildsauen aber auch mehr Verkehrsunfälle? Offenbar nicht. 2015 verzeichnete die Verkehrsstatistik der Polizeiinspektion Geisenfeld insgesamt 483 Wildunfälle, der Anteil an Unfällen mit Wildschweinen ist mit 18 Tieren vergleichsweise gering. Im laufenden Jahr entfiel von bisher 264 registrierten Schadensmeldungen nur ein Dutzend auf Schwarzwild. "Zum Glück sind es so wenige", sagt Faust mit Blick auf das Gewicht der stattlichen Keiler und Sauen. 130 Kilogramm brachte das bisher schwerste Prachtexemplar in seinem Zuständigkeitsbereich auf die Waage. Das hat bei einem Zusammenstoß schlimmere Folgen als jene, die schon bei einem 20 Kilogramm leichten Reh zu verzeichnen sind.

Auf die Frage, warum Schwarzwild eher selten überfahren wird, gibt es keine wissenschaftlich belegbare Antwort. Nur so viel kann Faust als Wildschadensberater des Landkreises sagen: "Die Tiere meiden normalerweise die Straßen - außer sie bekommen Panik."