Pollenfeld
Wiederkehrende Beiträge "sozial verträglicher"

Diplom-Verwaltungswirt Jürgen Raab referierte in Pollenfeld über Straßenausbaubeiträge

07.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:20 Uhr

Über "Straßenausbaubeitragssatzung - Neuerungen und Grundsätzliches für Bürger" referierte Diplom-Verwaltungswirt Jürgen Raab aus Königsbrunn (rechts) in Pollenfeld. Anton Haunsberger bedankte sich für die "anschaulichen Ausführungen". - Foto: Asbach-Beringer

Pollenfeld (tab) Sehr anschaulich und mit großer Leichtigkeit führte der Diplom-Verwaltungswirt Jürgen Raab aus Königsbrunn die Zuhörer durch seinen Vortrag zum Thema "Straßenausbaubeitragssatzung - Neuerungen und Grundsätzliches für Bürger", obwohl der Inhalt eher schwere Kost erwarten ließ. Raab stellte dabei die beiden Abrechnungsmodelle - einmalige und wiederkehrende Beiträge - wertfrei gegenüber, auch wenn er keinen Hehl daraus machte, dass er wiederkehrende Beiträge aufgrund sozialer Aspekte generell favorisiere.

Dennoch warnte der Fachmann vor übereilten Schlüssen: Nicht für jede Gemeinde sei diese Variante automatisch die bessere, es müssten stets Einzelfallentscheidungen getroffen werden.

Raab, der als Referent des Bildungswerks für Kommunalpolitik in Bayern vom Kreisverband der Freien Wähler nach Pollenfeld in das Gasthaus Gstädtner/Eichhorn eingeladen worden war, stellte zunächst die Gemeinsamkeiten der beiden Abrechnungsarten heraus. So würden sowohl die einmaligen als auch die wiederkehrenden Beiträge zum Zweck der Aufwandsdeckung erhoben. Beide Male sei eine Satzung erforderlich, und man müsse die Bevölkerung jedes Mal möglichst frühzeitig über Vorhaben, Verfahren und Billigkeitsmaßnahmen - wie beispielsweise Stundungen - informieren. Auch ein Nebeneinander von einmaligen und wiederkehrenden Beiträgen in einer Gemeinde erlaube das Kommunale Abgabengesetz (KAG).

Grundsätzlich übernehme bei den einmaligen Ausbaubeiträgen (altes Modell) die Gemeinde ungefähr 25, 50 oder 75 Prozent, je nachdem, ob es sich um eine Anlieger-, Haupterschließungs- oder Hauptverkehrsstraße handle, führte Raab weiter aus. Bei den wiederkehrenden Ausbaubeiträgen (neues Modell) spreche man von "ganz überwiegendem Anliegerverkehr bei geringem Durchgangsverkehr" (25 bis 30 Prozent Gemeindeanteil), von "erhöhtem Durchgangsverkehr, aber noch überwiegendem Anliegerverkehr" (35 bis 45 Prozent) und von "überwiegendem Durchgangsverkehr" (55 bis 80 Prozent). Aus diesen Parametern muss die Gemeinde einen für alle Straßenarten gleich hohen Gemeindeanteil bilden. Das Gesetz fordert hier mindestens 25 Prozent. Im Durchschnitt liegt er - was die Erfahrungswerte anderer Bundesländer zeigen - bei etwa 36 Prozent.

Auf den ersten Blick gibt es also keine großen Unterschiede zwischen den beiden Abrechnungsarten. Berücksichtigt man jedoch, dass das neue Modell zur Zahlung nicht nur die Anlieger der sanierten Straße, sondern die Eigentümer im gesamten Gemeindegebiet oder in einzelnen, voneinander abtrennbaren Teilen heranzieht, so fällt auf, dass dann nicht mehr ins Gewicht fällt, an welcher Straße man anliegt. Nun zahlt derjenige, dessen Haus sich an einer Kreisstraße oder an einer gemeindlichen Hauptverkehrsstraße befindet, den gleichen Betrag wie ein Anwohner an einer wenig befahrenen Straße, sofern dieser - logischerweise - auch die gleiche Grundstücks- und Geschossfläche hat. "Auf der anderen Seite ist das neue Modell meiner Meinung nach sozial verträglicher, weil über Jahre kleinere Beiträge gezahlt werden und niemand auf einen Schlag fünfstellige Summen begleichen muss", betonte Raab. Er konnte dabei mit einigen Beispielen - vornehmlich aus Rheinland-Pfalz und Hessen - aufwarten. So zeige die Praxis, dass in Pirmasens derzeit bei einer beitragspflichtigen Fläche von 780 Quadratmetern jährlich 78 Euro, in Biblis für 900 Quadratmeter 56 Euro gezahlt werden müssen. Mancher Zuhörer rieb sich dabei verwundert die Augen, bleibe die Gesamtsumme doch immer die gleiche, egal welche Abrechnungsart zugrunde gelegt wird. Raab wies auch darauf hin, dass bei den wiederkehrenden Beiträgen zwar kein Erlass, keine Raten und keine Verrentung mehr möglich seien, es jedoch Überleitungsregelungen gebe.

Wenn vor oder nach der Einführung der wiederkehrenden Beiträge bereits für eine Erschließung oder den Ausbau einer Straße gezahlt wurde oder ein Beitrag hierzu noch zu leisten ist, kann man verschont werden. Dies gelte für einen Zeitraum von höchstens 20 Jahren unter Berücksichtigung der Nutzungsdauer und des geleisteten Umfangs. Raab machte außerdem darauf aufmerksam, dass Gemeindeverwaltungen, die bereits seit einigen Jahren mit den wiederkehrenden Beiträgen arbeiten, darin keine nennenswerte Mehrbelastung sehen. Der Anfangsaufwand für die Einteilung der Abrechnungseinheiten würde sich schon beim zweiten Maßnahmenpaket amortisieren. Von der Idee, stets nur die oberste Asphaltdecke abzufräsen und zu erneuern, weil bei Reparaturarbeiten, die keine Verbesserung darstellen, ausschließlich die Gemeinde zahlt, hält Raab nichts: "Irgendwann ist der Untergrund kaputt, und dann wird es richtig teuer."