Wie erleichtert wären Sie....

07.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:50 Uhr

Zu den Artikeln bezüglich der Situation der Flüchtlinge, Interview mit Landrat Martin Wolf und Diskussion wegen minderjähriger Asylbewerber in Strobenried (PK vom 4. September):

Beim Lesen der Artikel zu diesem Thema fiel mir diese Anekdote eines Bekannten aus dem Jemen ein, der vor einigen Jahren mit seiner Familie in ein Mehrfamilienhaus auf dem Land in Bayern einzog: Eine ältere Dame, die die Wohnung unter ihm hatte, fragte ihn kurz nach dem Einzug an der Tür: „Baun’s jetzt Bomben in Ihrer Wohnung“ Er meinte zu mir, er hätte geantwortet: „Nein, aber Sie vielleicht“ Ob schlagfertig oder unverschämt, das bleibt dem Auge des Betrachters überlassen, wahr aber ist: die zwei haben sich daraufhin gut verstanden. Aufgrund der massiven Flüchtlingszahlen, die den Landkreis erreicht haben, geht bei vielen Mitbürgern die Angst um. Das ist aus vielen Gründen heraus verständlich. Die ehrenamtlichen Helfer und viele andere, die sich im direkten Kontakt mit den bei uns Gestrandeten befinden, machen glücklicherweise meist andere Erfahrungen, soweit ich den Gesprächen mit Bekannten entnehme. Das kann Mitbürger, die das noch nicht so sehen können, vielleicht ermutigen. Denn: ich sehe es so, wie es der Landrat formuliert hat: die neue Realität ist da, je schneller man sie annimmt, desto besser kommt man damit zurecht. Bezüglich minderjähriger Flüchtlinge: Haben Sie sich das schon mal vorgestellt: Ihr Kind oder Ihr minderjähriger Enkel flieht wegen einer verzweifelten Situation in der Heimat über einen kostspieligen, unsicheren und entbehrungsreichen Weg in ein fremdes Land. Wie erleichtert wären Sie, wenn er/sie Sie irgendwann anriefe und sagen würde: „Stell Dir vor, Leute aus dem Ort haben mir heute einen Tee angeboten, ich glaube, ich brauche hier keine Angst zu haben.“

Elke Chardon

Scheyern