Ingolstadt
Wie elektrisiert

Apian-Gymnasium initiiert Schülerforschungszentrum Kinder aus der ganzen Region sind zum Experimentieren eingeladen

22.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:39 Uhr

Grundschüler experimentieren im Gymnasium: Die Drittklässler Leo, Artur, Flavia, Alex und Charlotte gehören zur Pioniergeneration des neuen Schülerforschungszentrums im Apian. Hier testen sie, welche Stoffe Strom leiten und welche nicht. - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Das Apian-Gymnasium hat eine neue Initiative gestartet, um in naturwissenschaftlich-technischen Fächern Talente zu fördern: ein Schülerforschungszentrum. Das Besondere daran: Auch Grundschulen machen mit. Projektpartner sind die Technische Hochschule und das digitale Gründerzentrum.

Die Atomtechnologie hat in Deutschland wirklich keine Zukunft mehr. Und hier ist der Beweis: Leo, Artur und Alex wollen Ingenieur werden, das steht für sie schon fest, obgleich bis zur Berufswahl noch ein bisschen Zeit ist, denn die Buben gehen in die dritte Klasse. Automobilbau würde sie interessieren. Und Kerntechnik? "Nein! Die ist uns zu gefährlich", sagt Leo. Seine Klassenkameraden nicken. "Und dann der ganze radioaktive Müll!" So sprechen heute Achtjährige. Sie haben über die Welt der Technik schon Wichtiges gelernt.

Alex, Leo und Artur sitzen mit 25 Klassenkameradinnen und Klassenkameraden aus der 3 c der Grundschule an der Münchener Straße in einem ganz speziellen Lehrsaal des Apian-Gymnasiums: dem Schülerforschungszentrum. So nennt die Schule ihre neue Initiative.

Die Kinder experimentieren an diesem Tag mit Strom. Der soll einen Propeller antreiben. Bis der sich dreht, müssen Widerstände erkannt und ausgeschaltet werden, um den Kreislauf zu schließen. "Plastik, Glas und Holz leiten nicht", erklärt Alex. "Kupfer, Aluminium, Eisen und Kohle leiten Strom", fährt Artur fort. Das haben die Drittklässler bereits gewusst, weil auch in den Grundschulen lebensnaher Sachunterricht auf dem Stundenplan steht. Aber diese Kenntnisse jetzt in einem Gymnasium demonstrieren zu dürfen, mit Gymnasiallehrern an ihrer Seite - Marianne Schall, Christoph Trescher und Markus Zeller - ist für die Acht- und Neunjährigen etwas Besonderes. So wie das ganze Projekt.

Das Apian hat für sein Schülerforschungszentrum ein didaktisches Konzept erarbeitet, um Schüler ab der dritten Klasse in acht aufeinander aufbauenden Modulen bis in die Oberstufe in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) zusätzlich zu fördern, Begeisterung zu wecken und Talente zu entdecken. Die Kinder von der Antonschule gehören zur Pioniergeneration. "Sie wenden ihr Wissen hier auf einer anderen Ebene an", berichtet Andrea Wermter, die Klassenlehrerin der 3 c. Sie sieht mit Freude, wie ihre 28 Schüler enthusiastisch, aber diszipliniert mit Stromkabeln, Salzlösungen oder Modellfahrzeugen hantieren.

Das Schülerforschungszentrum ist aber keine Elitenveranstaltung, also mitnichten ein Workshop für Hochbegabte. "Es sind alle eingeladen", sagt Karl-Heinz Haak, der Leiter des Apian-Gymnasiums. "Wir vermitteln hier Grundlagen und führen die Kinder behutsam an die MINT-Fächer heran." Sollten Schüler erkennen, dass ihre Interessen mehr im Geisteswissenschaftlichen oder Künstlerischen liegen, "dann ist auch völlig in Ordnung". Neigungen und Fähigkeiten verteilen sich schließlich breit gestreut.

Es kommen immer komplette Klassen in den Raum E 056, der ganz für das Pilotprojekt reserviert ist. Jetzt, in der Aufbauphase, sind bis zum Ende des Schuljahrs fünf Experimentiervormittage für Grundschüler geplant, zwei fanden bisher statt. Es sollen bald mehr werden. "Schüler aus der ganzen Region sind eingeladen, zu uns zu kommen", sagt Haak. Nachwuchsförderung sei wichtig. Man bedenke: Audi, Airbus, dazu ein blühender Mittelstand - "wir sind eine MINT-Region!"

Auch deshalb beteiligt sich die Technische Hochschule Ingolstadt (THI) an der Initiative. Schon heute besuchen didaktisch geschulte Teams von Studenten regelmäßig Ingolstädter Schulen, um mit Jugendlichen zu experimentieren und sie für Technik zu begeistern. Sie untererstützen auch Schüler, die an Wettbewerben wie "Jugend forscht" teilnehmen. "Wir wollen näher an die Mittelstufe heran", sagt Bettina Wiesmann, Studienberaterin an der THI und beeindruckte Besucherin des Forscherzentrums im Apian. Denn: "Praxiserfahrung begeistert Schüler - auch solche, die vorher gesagt haben, Technik interessiere sie nicht. Wenn sie gemeinsam deren Reiz entdecken, merken sie: Das macht Spaß!" Erreiche man Schüler auf der emotionalen Ebene, ließen sie sich leichter für MINT-Fächer gewinnen. "Aber das geht nur in den jungen Jahrgängen." Deshalb wirft die THI ein Auge auf die Mittelstufe, also die 13- bis 15-Jährigen.

Wenn die Schüler dieses Alter erreicht haben, will auch das digitale Gründerzentrum Brigk in die Förderung der jungen Talente einsteigen. Idealerweise in einem eigenen Lehrsaal an der THI oder im Kavalier Dallwigk nebenan, wo dann das Brigk residiert. Aber es wird noch eine Weile dauern, bis es so weit ist.

Die Drittklässlerinnen Flavia, Charlotte und Saphira werden vielleicht dabei sein. Ihnen gefällt die Jungforscherrunde im Apian. Mit Technik kennen sich die Achtjährigen aus. "Zu Hause tu ich mit meinem Papa mein Rad reparieren, wenn es kaputt ist", erzählt Saphira. "Ich und mein Bruder Nick, der ist zehn, haben einen Expermientieren-mit-Strom-Kasten", berichtet Flavia. "Und wir züchten Kristalle." Charlotte experimentiert gerne mit ihrem Opa herum. "Oder wird bauen etwas."

Ja, sie haben schon mal davon gehört, dass es Leute gibt, die behaupten, so was sei doch nichts für Mädchen. Was für ein Blödsinn, finden Flavia, Saphira und Charlotte: "Technik ist nicht nur für Jungs da!"