Ingolstadt
Wie eine Disco plötzlich zur Weinstube wird

28.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:04 Uhr

Tolle Stimmung: Mit der Partynacht startet das Konzept "Freundlich Feiern".

Ingolstadt (DK) Die Disco Eiskeller in der Altstadt wird seit zehn Jahren ohne die richtige Genehmigung betrieben. Das kam jetzt im Zuge einer allgemeinen Überprüfung heraus. Die Schankerlaubnis gilt nur für eine Weinstube. Die Stadt prüft daher, ob der Brandschutz den strengen Anforderungen an eine Disco genügt.

Die Anhänger des beschaulichen Weintrinkens in uriger Gewölbeatmosphäre dürften sich schnell deplatziert vorkommen, sollten sie mal in den Eiskeller in der Jesuitenstraße einkehren, denn das Lokal ist seit einigen Jahren eine beliebte Diskothek. Zumindest realistisch gesehen, denn im streng juristischen Sinne ist der Eiskeller – salopp gesprochen – eine Weinstube; das ist vor kurzem zum Erstaunen des Wirts ans Licht gekommen.

Strengere Anforderungen

Claus Bechmann hat das Lokal in der historischen Kugelbastei Ende 1999 übernommen. Seither entwickelte es sich vom Club mit überschaubarem Barbetrieb zu einer rege besuchten Disco. Da beginnt das Problem: Der Wirt wusste nach eigener Auskunft nicht, dass er seinen Laden heute ohne die richtige Genehmigung betreibt. Und da nach der Versammlungsstättenverordnung für eine Diskothek viel höhere Anforderungen gelten als für eine Weinstube, besonders beim Brandschutz, hat die Stadt den Eigentümer aufgefordert, einen Antrag auf Nutzungsänderung zu stellen. Vor allem prüft die Verwaltung, ob im Eiskeller die Fluchtwege und -türen sowie die Entrauchungsanlage den strengen Auflagen für Discos entsprechen. Das bestätigt Gerd Treffer, der Sprecher der Stadt. "Bis Mitte Mai muss der Eigentümer die Planunterlagen vorlegen". Darin enthalten wären ein Brandschutz- und ein Stellplatznachweis. Wenn alle angeforderten Unterlagen eingetroffen sind, werde geprüft, ob die Gaststätte weiter als Disco betrieben werden darf wie gewohnt.

Claus Bechmann, dessen Eiskeller GmbH die Räume gemietet hat, ist überaus irritiert: "Erst Anfang vergangenen Jahres war eine Begehung von Experten der Stadt, darunter der Leiter des Ordnungsamts. Und bis auf kleine Beanstandungen, die wir sofort korrigiert haben, hatte keiner Bedenken." So habe er eine Fluchttür eingesetzt, die sich nach außen öffnet, wie es sich gehört. "Ich ging natürlich davon aus, dass die Prüfer von der Stadt wussten, wie bei mir der Laden läuft, und was für den Betrieb einer Disco wichtig ist", betont Bechmann, der als Gastronom noch nie Probleme mit der Verwaltung gehabt hat.

Die durchaus überraschende Entdeckung, dass der Eiskeller rechtlich gesehen eigentlich eine Weinstube ist, verdankt sich den Recherchen der Stadt, die momentan im Kontext der Diskussionen über die Ordnung in der Altstadt jene Gastronomiebetriebe inspiziert, in oder vor denen es öfter mal laut wird.

Verkauf gescheitert

So berichtet es der Eigentümer der Kugelbastei, ein Bauingenieur. Er wollte das Haus gegenüber dem Katharinen-Gymnasium im vergangenen Jahr verkaufen, doch der Abschluss kam nicht zustande. Einen Zusammenhang zwischen dem gescheiterten Geschäft und dem unerwarteten Auftauchen der Schankgenehmigung aus den neunziger Jahren sieht er nicht.

Der Eigentümer möchte zudem den Begriff "Weinstube" modifizieren, obgleich auch die Stadt den Terminus gebraucht. "Von illegalem Betreiben einer Disco kann keine Rede sein! Es gibt eine Genehmigung für eine Gastronomie." Und die habe zunächst tatsächlich eher an ein Weinlokal erinnert als an eine Diskothek, in die sich gerne bis zu 400 Besucher pressen. Bechmann habe bescheiden angefangen, "und dann Erfolg gehabt", sagt der Vermieter über den Wirt. Statt von "Nutzungsänderung" spricht er von einer "nötigen Neudefinition dessen, was der Eiskeller heute ist". Im Grunde, findet er, "ist das eine rechtstheoretische Diskussion".

Bedenken ob des Brandschutzes hegt der Eigentümer keine. "Als Bauingenieur bin ich da sehr sensibel!" Er ist sich sicher, dass der Eiskeller den künftigen Überprüfungen ohne Probleme standhalten wird.

Alle Beteiligten haben freilich die Geschichte zweier anderer Gaststätten im Hinterkopf, bei denen die städtische Aufsicht in aller Strenge zugeschlagen hat: In Sausalitos und Suxul musste die Wirtin Sandra Buck aufwendig und unter Androhung von Zwang umbauen lassen, bis die Brandschutzauflagen erfüllt waren. Daher betont der Eiskeller-Besitzer: "Ich habe Verständnis dafür, dass die Stadt alle gleich behandelt." Auch Gerd Treffer betont: "Die Stadt misst natürlich nicht mit zweierlei Maß."