Schrobenhausen
Wie die vhs ihren 70. Geburtstag feierte

Festakt zum Runden: Schöne Reden und ein paar Ehrungen

17.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:41 Uhr
Dozenten, die über Jahrzehnte hinweg "für unsere vhs brennen" ehrten Klaus Englert (3.v.l.), Jana Gerstmair (l.) und Klaus Meisel (r.) bei der 70-Jahrfeier der vhs. −Foto: De Pascale

Schrobenhausen (SZ) Gäbe es an der Schrobenhausener vhs den Kurs "Wie halte ich eine pfiffige und informative, eine auf die Menschen der Region ebenso wie in die Welt blickende Rede?" - Klaus Meisel wäre der perfekte Dozent dafür. Das bewies der Vorsitzende des Bayerischen Volkshochschulverbandes am Dienstagabend im Blauen Saal des vhs-Gebäudes mit seiner Rede "Wie viel vhs braucht die Stadt?" zum 70-jährigen Jubiläum der Schrobenhausener Erwachsenenbildungseinrichtung.

Fast auf den Tag genau vor 70 Jahren, am 18. Oktober 1948, habe die erste Vorlesung in der ehemaligen Knabenschule stattgefunden, blickt vhs-Vorsitzender Klaus Englert zurück. Bildung stehe in Schrobenhausen "ganz, ganz weit oben", unter anderem eben auch durch eine "fantastische Volkshochschule".

Deren Vorzüge hat auch Karlheinz Stephan schon genossen. Ihm liege die vhs auch deshalb so sehr am Herzen, weil er vor seiner Zeit als Schrobenhausener Bürgermeister bei Klaus Englert den vhs-Kurs "Grundlagen der Kommunalpolitik" gebucht habe. Die vhs leiste einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung des Rechts auf Bildung und Chancengleichheit, verbinde Generationen, Geschlechter, Familien, Nationen und sei ein sozialer Treffpunkt - und damit heute wichtiger denn je, sagt Stephan, bevor er an die anwesenden, "erst recht aber an die abwesenden Kollegen vom Stadtrat" appelliert: "Die vhs braucht die Unterstützung der Stadt!" (neben ihm, Vizebürgermeisterin Inge Eberle und Klaus Englert sind weitere zwei Stadträte zum Festakt erschienen). Stephan dankt jenen, die das Bildungsangebot durch ihre Treue unterstützen und lobt Referenten wie ehrenamtlich Engagierte, "die in der Flüchtlingskrise wichtige Beiträge leisteten", sowie die Mitarbeiter mitsamt "der neuen Chefin Jana Gerstmair".

Ständig sei sie mit ihrem Team dabei, "das Haus auf moderne Beine zu stellen", versichert vhs-Leiterin Jana Gerstmair dann. Immer schon sei die vhs "ein Ort der Begegnung und des persönlichen Wachsens gewesen. "Und wir werden es bleiben", so Gerstmair.

Nicht wenige dürften bedauern, dass sich Festredner Klaus Meisel an ein Rommel-Zitat hält: "Wer zu lange Reden hält, ist auch ansonsten ein schlechter Mensch". Denn Meisel liefert ein humoriges, deshalb aber nicht minder tiefgreifendes, leidenschaftliches Plädoyer pro Volkshochschule: Wertvolle Beiträge habe die vhs in den vergangenen Jahrzehnten beispielsweise bei Themen wie Globalisierung, Internationalisierung, in den Bereichen Sprachen oder Gesundheitswesen wie auch im kommunalen Wesen oder bei berufsbezogenem Wissen geleistet, so Meisel. Die vhs sei weltoffen und sorge dafür, dass Menschen aus unterschiedlichen Milieus miteinander lernen und sich austauschen. Darüber hinaus finde an der Volkshochschule "so etwas wie eine kommunikative Verifizierung vorhandenem wissenschaftlichen Wissens" statt. Ohne engagierte Dozenten - "das Gesicht der vhs" - sei das alles nicht möglich.

Künftig alles online nachzuschlagen, "würde für einen Krawattenbindekurs ausreichen", findet Meisel. Aber um eine Sprache zu lernen, bei der kulturellen oder politischen Bildung oder beim Erwerb beruflicher Kompetenzen brauche man "Dozenten aus Fleisch und Blut, um mit ihnen zu kommunizieren". Insofern sei die vhs ein "wertvoller sozialer Kitt für das Gemeinwesen" und begleite auch bürgerschaftliches Engagement. Und: Von wegen, "mit 64 hängen die Leute an der Schnabeltasse", sagt Meisel. "Heute werden die Menschen Gott sei Dank älter", partizipierten länger am gesellschaftlichen Leben. Nicht zuletzt sei die vhs dann auch ein Mittel gegen die Einsamkeit, intergeneratives Lernen biete fast jeder Kurs. Weil Deutschland auch jenseits der Flüchtlingsdebatte dauerhaft ein Einwanderungsland bleiben werde, sei wichtig, dass die vhs Menschen aus anderen Ländern das anbiete, was sie dringend zur Integration brauchen: die Vermittlung der deutschen Sprache. Auch gelte es, der Sorge vieler um die Demokratie zu begegnen, denn die benötige schließlich mitdenkende Menschen.

In einer sich digitalisierenden Gesellschaft - und vor dem Hintergrund nicht selten "asozialer" Medien - gehe es ferner darum, die Beurteilungs- und Wahrnehmungskompetenzen der Menschen zu stärken. "Auch deshalb brauchen wir mehr vhs!", ist Meisel überzeugt. Gerade wegen der Digitalisierung - "wir werden nicht darauf verzichten, die Kultur der Präsenz zu zu pflegen" - stehe die vhs hochdifferenzierten Erwartungen gegenüber. Trotz "struktureller Unterfinanzierung" und weil "allein sich eine Information zu holen, noch keine Bildung ist", sei ihm um die Zukunft der vhs nicht bange, blickt Klaus Meisel optimistisch in die Zukunft.

Seinen Vortrag spickt Meisel mit witzigen Anekdoten. Statt beim Fußball - "da kann man sich ja aktuellerweise wenig entspannen" - schaue er sich lieber Krimis an, in denen immer häufiger Verdächtige im Dunstkreis einer vhs auftauchten. "Ich rate allen anwesenden Dozenten, schauen Sie sich Ihre Teilnehmer gut an!", scherzt Meisel. Und zu süffisanten Kommentaren, beispielsweise zu Kursen wie "Bauch, Beine, Po", geistern ihm Antworten wie diese durch den Kopf: "Sie müssen nicht teilnehmen, Sie haben von allem genug!"

Mit Brigitte Schuster, Gabi Karl, Heidelinde Mayr, Rita Schefthaler, Catherine Barroy-Hurler, Andrea Filusch, Pia Freyinger, Gertrud Heggenstaller, Evelyn Papperitz, Stephan Pokorny, Maria Wagner und Klaus Englert werden langjährige Dozenten der Schrobenhausener vhs geehrt, bevor ein geselliger Teil den Abend abschließt.

Ute De Pascale