Hilpoltstein
Wie aus der Designer-Bettwäsche ein Minirock wird

Anna Heindl aus Zell schneidert aus alten Stoffen neue Kleidung und präsentiert ihre Mode in einem eigenen Upcycling-Blog

11.08.2020 | Stand 02.12.2020, 10:47 Uhr
  −Foto: Bleisteiner

Zell - Upcycling liegt voll im Trend. Getreu dem Motto "Aus Alt mach Neu" werden Abfallprodukte oder nutzlose Stoffe ganz im Sinne der Nachhaltigkeit in neuwertige Produkte umgewandelt. Eine, die sich ganz dieser Philosophie verschrieben hat, ist Anna Heindl aus Zell. Die 16-Jährige schneidert aus alten Stoffen, ausgedienter Bettwäsche oder Second-Hand-Klamotten neue Kleidung und stellt ihre Ergebnisse in ihrem Upcycling-Blog im Internet vor.

Das kreative Talent liegt anscheinend in der Familie, denn Mutter Birgit fertigt verschiedene Näharbeiten aus Stoffen und Papier wie beispielsweise genähte Grußkarten. Vater Andreas hat sich ganz der Malerei verschrieben. So ist die Familie Heindl schon seit vielen Jahren regelmäßig beim Tag des offenen Ateliers des Landkreises Roth vertreten, bei dem auch Anna schon früh ihre eigenen Malarbeiten und Zeichnungen der Öffentlichkeit präsentierte. Auch bei "SupermART" in Nürnberg, einer Ausstellung die jährlich für drei Tage im Herbst ausgewählten Künstlern eine Plattform bietet, durfte Anna Heindl ihre Werke schon mehrfach zeigen.

Zu Stiften, Pinseln und Farben greift Anna zwar nach wie vor - aber seltener. Aktuell steht nämlich das Nähen ihrer eigenen Mode im Fokus. "Bilder male ich - und dann sind sie halt irgendwann fertig", sagt die 16-Jährige lapidar. "Wenn ich aber ein neues Kleidungsstück fertig genäht habe, bin ich voller Vorfreude, weil ich es dann auch anziehen und ausführen kann", fügt sie hinzu.

Noch gut kann sich Anna an ihre erstes selbst gefertigtes Exemplar erinnern - einen Minirock. "Ich war mit meiner Schulklasse im Mai vergangenen Jahres in London. Da wollte ich eigentlich unbedingt ein hippes Teil kaufen als Erinnerung an den Aufenthalt dort. Ich hab' aber festgestellt, dass alles sauteuer ist, und deshalb gar nicht eingesehen, über 100 Euro für was Cooles auszugeben", sagt Anna, die aber trotzdem fündig wurde: "In einem Second-Hand-Laden hab ich dann zwei Hemden im Holzfällerstil mit dem typisch britischen Karomuster entdeckt und mich dann zu einem Spontankauf entschieden."

Etwa sechs Pfund (knapp sieben Euro) hat sie damals dafür bezahlt. Zuhause kam ihr dann die Idee, die Hemden einfach umzufunktionieren, "denn der Stoff war so schön und so weich". Inspirationen für ihr Vorhaben hat sie sich dazu im Internet gesucht und sich dann gleich an die Nähmaschine gesetzt. Schon nach einem Abend und einem Vormittag war ein Karo-Rock fertig. "Das war gar nicht so schwierig", erinnert sich Anna zurück und sagt: "Es war ein einfacher Schnitt, mit Knopfleiste und Taschen war das Hemd in seiner Ursprungsform ja eh schon besetzt. Dann kamen halt noch ein paar Abnäher rein und der Rock war so gut wie fertig."

Das "Rohmaterial" für ihre Mode bekommt Anna von Freunden der Familie, in Second-Hand-Läden oder auch auf Trödelmärkten. Vergangenes Jahr hat sie beim Burgfest eine knallbunte Bettwäsche von Yves Saint Laurent erstanden. "Das Logo hab ich erst zuhause entdeckt", sagt Anna, die sich aus der Bettwäsche kurzerhand einen Minirock genäht hat. An Ideen mangelt es der jungen Schneiderin jedenfalls nicht. So ist etwa ein Retro-Landhaus-Dirndl aus alten Vorhängen entstanden, eine alte Jeanshose wurde zu einem trendigen Minirock umfunktioniert und aus diversen Stoffresten oder alten Blusen und T-Shirts werden Kulturbeutel oder Taschen gefertigt.

Fast 50 Kleidungsstücke hat Anna bereits genäht - ausschließlich für den eigenen Gebrauch. Verkaufen oder für andere Leute nähen möchte sie vorerst nicht. "Es ist einfach nur ein Hobby, das mir großen Spaß macht", sagt sie mit leuchtenden Augen und wendet sich ihrer Nähmaschine zu. In ihrer Nähstube am Dachboden hat sie an einem Kleiderständer ihre selbst geschneiderten Röcke, Hosen, Blusen, Jacken und Blazer an Bügeln aufgereiht. Weil sie ihre Klamotten aber auch selbst präsentieren wollte, wurde Vater Andreas dazu überredet, die Tochter in ihren selbst gemachten Outfits zu fotografieren. Entstanden sind die Aufnahmen in der Natur aber auch vor einer schlichten Hausmauer, am Tennisplatz oder in einer Sandgrube. "Das Posieren vor der Kamera mache ich aber mit einer großen Portion Selbstironie", sagt Anna Heindl.

Die 16-Jährige hat kürzlich die Realschule abgeschlossen und sich für eine Ausbildung zur Mediengestalterin beworben. Ein Teil der Bewerbung war freilich der Internetauftritt für ihre eigene Mode. "Mit diesem Blog möchte ich Anregungen vor allem für meine Generation schaffen, die sich selbst mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen will", schreibt Anna dort. Denn auch wenn es so scheint, als würde sich die Jugend von heute für den Umweltschutz einsetzen, "wissen die meisten nicht einmal richtig, für was sie am Friday for Future demonstrieren", schreibt Anna. So möchte sie mit ihrem Blog nicht zuletzt auch zum Nachdenken anregen und alle Besucher dazu animieren, selbst einen Teil der Garderobe in die Hand zu nehmen und zu verwandeln.

HK