Schrobenhausen
Wie alles begann

Der AC Olympia Schrobenhausen wird heuer 125 Jahre alt (1)

05.05.2020 | Stand 23.09.2023, 11:54 Uhr
Aus den Gründungstagen des ACO liegt kein Foto vor, aber eines aus dem Jahr 1928, das jede Menge starke Herren aus einer schwarzweißen Vergangenheit zeigt. −Foto: Archiv

Schrobenhausen - Er ist im wahrsten Sinne des Wortes ein starker Verein: Der Athletenclub Olympia Schrobenhausen (ACO) wird heuer 125 Jahre alt. Und der Verein hat einiges vorzuweisen: Noch in den 80ern hob der ACO in der Bundesliga, und eine Europameisterschaft richtete er auch noch aus. Die Schrobenhausener Zeitung widmet dem Traditionsverein also aus gutem Grund eine kleine Serie. Los geht es heute mit der Gründungszeit, also im Jahr 1895.

Es war eine sensationelle Entdeckung, die der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen in jenem Jahr machte. Die Strahlen, die er aufspürte, revolutionierten die Diagnostik in der Medizin. Was war noch im Jahre 1895? Der Film begann zu laufen, der Nord-Ostsee-Kanal wurde eröffnet, der Krankenunterstützungsverein und der Katholische Arbeiterverein Schrobenhausen wurde gegründet - und es begann eine einmalige Kraftsportgeschichte, die weit über Bayerns Grenzen hinaus Beachtung und Respekt gefunden hat: die Gründung des Athletenclubs Schrobenhausen.

Dabei spielte übrigens der Schrobenhausener Viehmarkt, damals einer der größten in Bayern, die Hauptrolle. Jeden Donnerstag in den Monaten Januar bis April wurden zu jener Zeit rund 2700 bis 2800 Rinder in der Innenstadt aufgetrieben. Dann wurde gehandelt.

Folgende Szene ist aus dem März 1895 überliefert: So gegen 11 Uhr fragte ein Händler aus Augsburg in der Nähe des Gasthofes "Zum Bräumichl", einen Bauern: "Was willst du für deine Geißböcke?" Damit meinte er die Ochsen. Der Bauer nannte eine Summe, die den Händler in Rage brachte: "So viel Geld, du bist ja narrisch!" Der Bauer aber deutete auf den größten Ochsen und sagte: "Dem sein Vater hat als Stier einen ersten Preis bekommen!" Der Händler erwiderte scharf: "Was, ein Preisochse mit Abstammung soll das sein? Den werde ich mit meinen zwei kleinen Händen und mit meinen Armen auf den Boden schultern, weißt schon: Wie die Ringer!" Und der Bauer schrie zurück: "Wenn du das kannst, du Maulaufreißer, dann bekommst du das Paar um zehn Mark billiger und noch fünf Maß Bier dazu." Und der Händler erwiderte: "Die Wette gilt!"

Die beiden streuten etwas Stroh auf dem Boden aus, damit der Ochse nicht verletzt wurde, sollte er zu Fall kommen. Als der Händler seinen Mantel und die Joppe auszog und die Hemdsärmel hochkrempelte, kamen beachtliche Muskelberge zutage. Der Händler packte mit gekreuzten Armen die Hörner des Ochsens Hörner und riss mit einem gewaltigen Ruck den Kopf des rund 15 Zentner schweren Tieres so stark nach rechts, dass es schwankte und auf die Strohmatte stürzte.

Damit war der Händler längst nicht fertig. "Auf den Rücken musst du, du Geißbock!", schrie er zähnefletschend und drehte ihn weiter. Und tatsächlich berührte der Ochse mit dem Rücken den Boden und kullerte dann auf die andere Seite. "Bravo!" hallte es über den ganzen Markt. Und überall in den Gasthöfen erzählte man von dieser herkules'schen Begebenheit.

Dem damaligen Stadtbaumeister Lorenz Krammer war der Viehhändler schon längst bekannt als Augsburgs bester Ringer und Gewichtheber. Einige Schrobenhausener taten sich zusammen und ließen sich von dem Augsburger, der extra eine Hantel mitbrachte, in der Kunst der Kraftsports unterrichten. Von da an wurde jeden Donnerstag fleißig trainiert. Bereits kurze Zeit später gründeten die Aktiven im Gasthaus "Zum Unterbräu" den "Athletenclub Schrobenhausen" mit den Vorsitzenden Lorenz Krammer und Ruppert Gottlieb.

Weil sie intensiv trainierten, erreichten die Schrobenhausener Athleten bald überdurchschnittliche Leistungen. Inneiner Chronik ist von einem gewissen Karl Rast die Rede, der einarmig 200 Pfund zur Hochstrecke brachte.

Die "Internationale Illustrirte Athletenzeitung" schrieb 1896: "Der Athletenclub Schrobenhausen, welcher sich im Jahre 1895 gründete, ist jetzt zusehends im Aufblühen begriffen. In der ersten Zeit sprach man diesem jungen Verein wenig Lebenkraft zu, aber nachdem einige Herren fest zusammenhielten, hat sich aus dem kleinen Samenkorn ein schöner Stamm entwickelt, der fest und treu die Principien des Vereins hochhält. An den Carnevalstagen trat obiger Verein zum ersten Male an die Oeffentlichkeit und wurden die Evolutionen der Herren von einem außergewöhnlich zahlreich versammelten Publikum mit großem Beifall ausgezeichnet. Die hiesige Einwohnerschaft kommt daher dem Athletenclub mit Sympathie entgegen, umsomehr da dieser Sport hier am Platze noch nicht gepflegt wurde und noch etwas Neues ist."

Und weiter: "Im Monat April gedenkt genannter Verein eine Familienunterhaltung mit Aufführungen zur Feier seines einjährigen Bestehens abzuhalten und ist nur zu wünschen, daß der Besuch der Einwohnerschaft und Interessenten ein recht zahlreicher sein möge, umsomehr da die Mitglieder bestrebt sind, an diesem Abend etwas gediegenes zu leisten und den Besuchern einen genussreichen Abend zu verschaffen. So wünschen wir dem Athletenclub Schrobenhausenein recht gutes Gelingen des Festes und wird an dieser Stelle noch bemerkt, daß Sportsgenossen, welche zufällig nach Schrobenhausen kommen, bei den Vereins- und Übungsstunden jeden Donnerstag und Samstag im Gasthause zum Unterbräu herzlich willkommen sind." Und dazu kam es dann auch.

SZ

Fortsetzung folgt

Erhard Dürrmann