Neuburg
Widmung an den Jazz

Olaf Polziehn Trio hat Jesse Davis als As im Ärmel

12.02.2012 | Stand 03.12.2020, 1:50 Uhr

Neuburg (tbz) Das überwiegend weißhaarige Publikum ist gespannt und voller Vorfreude. Die Gäste auf den hinteren Plätzen sehen ihn zuerst, den sympathischen 41-Jährigen, der nicht nur körperlich ein ganz Großer ist: Olaf Polziehn betritt die Bühne, danach schlendern auch Mario Gonzi und Ingmar Heller zu ihren Instrumenten.

Doch das ist noch nicht Alles, denn die deutschsprachigen Jazzmusiker haben ein As aus New Orleans im Ärmel: Jesse Davis.

Der Altsaxophonist, der im Kinofilm „Kansas City“ Charlie Parker verkörperte und sich auf der ganzen Welt einen Namen gemacht hat, fühlt sich auf der Neuburger Bühne sichtlich wohl. Man nickt sich kurz zu und dann beginnt ein mitreißendes Potpourri aus Jazzklassikern, Neukompositionen und Abwandlungen von bereits bekannten Stücken. Das Olaf Polziehn Trio hat zusammen mit Jesse Davis bereits eine Live-Cd aufgenommen und beehrt fünf deutsche Städte mit Konzerten.

Auffallend ist der lockere und respektvolle Umgang zwischen den Musikern, hier gibt es kein „in den Vordergrund drängen“, denn jeder Einzelne darf in mehreren Solo-Sequenzen sein Können zum Besten geben. Der österreichische Schlagzeuger Mario Gonzi, laut Polziehn „einer der Besten, die es in Europa gibt“, lässt die Besen über die Becken kreisen und wird gekonnt von Kontrabassist Ingmar Heller begleitet. Olaf Polziehn und Ingmar Heller sind schon 20 Jahre lang miteinander unterwegs, „das wäre dann länger, als meine erste Ehe gehalten hat.“

Der Tastenvirtuose war schon öfters in Neuburg. Auf die Frage hin, was das Neuburger Birdland so besonders mache, antwortet der ruhige und aufgeräumte Deutsche wie erwartet: „Die Akustik. Ich mag sowohl kleine, aber auch große Gigs, alles hat Vor- und Nachteile. Doch die Stimmung hier ist wirklich fantastisch.“ Man bemerkt, dass die Bühne sein Zuhause ist, er führt humorvoll durch den Abend, der mit viel Beifall belohnt wird. Auch Jesse Davis, das personifizierte New Orleans, bereichert den Abend mit einer großen Portion Authentizität. Beeindruckend ist die „Widmung an den Jazz“, der erste Song des Abends, der von Polziehn geschrieben wurde. Die Finger des Pianisten schweben geradezu über die Tasten. Jesse Davis spielt sich in Ekstase und man kann nicht fassen, wie schnell Ingmar Heller den Kontrabass bedient. Manfred Rehm hält sich gewohnt im Hintergrund, doch man merkt, dass er die Fäden in Händen hält: „Der Manni denkt einfach an Alles“. Nach drei Zugaben verabschieden sich die Musiker und hinterlassen begeisterte Jazzliebhaber.

Jesse Davis zieht sich nach dem Konzert in den Backstage-Bereich des Birdlands zurück: Lässig auf einer Ledercouch sitzend und mit einer Zigarette in der Hand bemerkt man, dass dieser Saxophonist trotz seiner Erfolge bodenständig und komplett frei von Starallüren geblieben ist: „This club is fantastic. I like this city.“ Man bemerke einfach, wenn die Menschen verstehen, was man ihnen sagen will. Natürlich gebe es Unterschiede zwischen einem amerikanischen und einem deutschen Publikum. Jeder genieße Musik auf seine eigene Art und ihm gefalle, wie wir Deutschen als stillschweigende Genießer die Melodien in uns wirken lassen. Auf die Frage hin, ob er wie die Rolling Stones vorhat, irgendwann sein 50. Bühnenjubiläum zu feiern, kommt nur: „Natürlich. Bis mir die Puste wegbleibt.“