Wider die Tempel der Finanzmärkte

27.02.2009 | Stand 03.12.2020, 5:10 Uhr

Szene aus dem Berchinger Ölbergspiel: Hans Dengler als Christus und Paula Zrenner als Engel. Das Mysterienspiel beruht auf einer alten Überlieferung und zog schon tausende Besucher an. - Foto: Karg

Berching (aka) "Der heilige Paulus – seine Botschaft vom Kreuz", heißt die Predigtreihe der Berchinger Ölbergandachten. Am Donnerstagabend fand die erste Ölbergandacht, beginnend mit dem Rosenkranz, statt. Die Predigt hielt dabei Monsignore Dekan Richard Distler aus Neumarkt.

Nach der Predigt folgte das Ölbergspiel mit lebenden Darstellern – Hand Dengler als Christus und Paula Zrenner als Engel, der den Kelch des Leidens reichte. Eine eucharistische Andacht mit Segen beschloss das Ölbergspiel.

Der Neumarkter Dekan begann seine Predigt mit einer Geschichte vom heiligen Paulus, der vor 2000 Jahren durch Athen geschlendert sei und dort einen kleinen Altar inmitten zahlreicher Tempel, Göttern und Götzen geweiht, mit der Aufschrift "Dem unbekannten Gott" entdeckt habe. Damals habe Paulus seine Zuhörer nicht bekehren können.

"Kelche des Leidens"

Heute sei es vielfach auch so, dass sich der Mensch lieber den Tempeln der Finanzmärkte, des Konsums oder des Sports zuwende. Dem gläubigen Christen aber habe Paulus einen neuen Weg gezeigt: den zu Gott. Die Hoffnung, die Christus schenke, lasse den Gläubigen nicht erschüttern. Jetzt sei es höchste Zeit für eine Umkehr, für die Versöhnung, für Festigung guter zwischenmenschlicher Beziehungen.

Zum Mysterienspiel: Der Vorhang öffnet sich. Man sieht Christus auf dem Ölberg im Gebete kniend. Die Jünger des Herrn schlafen. Der Mond wirft seinen blassen Schein auf den hageren Christus in der Todesangst, der einsam und verlassen nach oben blickt. Der erste und der zweite Fall: Über Christus erscheint ein großes strahlendes Kreuz und schwebt langsam hernieder. Der dritte Fall beginnt wieder mit dem Erscheinen des Kreuzes. Christus fällt zum dritten Male auf die Erde, und das Kreuz legt sich ihm schwer auf die Schulter. Ein Engel reicht dem Heiland drei Mal den "Kelch des Leidens". Darauf hin verlässt Jesus den Ölberg und geht mutig seinen Feinden entgegen. "Der Wille seines Vaters und die Liebe zu uns Sünder hat ihn gestärkt; wie das Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, so geduldig wird er für uns leiden und sterben", heißt es in der Fibel, welche aus Anlass der Neuinszenierung 1982 herausgebracht wurde.

Das Mysterienspiel, das ein fester Bestandteil im Berchinger Pfarr- und Kulturleben ist und in den vergangenen Jahren viele tausend Besucher angezogen hat,  beruht auf einer alten Überlieferung. Bereits im Jahre 1516 stiftete der Vikar von "St. Lorenz zu Nürnberg", Leonhard Griessel (vermutlich geboren um 1470 in Berching), angeblich für die St. Lorenzkirche zu Berching eine "Angst". Im Laufe der Jahre gab es verschiedene "Zustiftungen", so im Jahre 1595. Bürger und Verwalter Hans Bauer stiftete einen Gottesdienst, der allgemein "die Angst" genannt wurde, in dem "das Leiden Christi daneben zu Gemüte soll geführet werden".

Ab dem Jahre 1854 wurden die Spiele in der Berchinger Franziskanerklosterkirche eingeführt, teilweise nur als Andacht, teilweise als Spiel mit Engelsfigur, jedoch ohne lebende Darsteller. Ab 21. März 1929 wurden im damaligen Franziskanerkloster Berching auf vielfachem Wunsch der Bevölkerung die Ölbergspiele wieder neu mit lebenden Darstellern in Szene gesetzt. Laut Überlieferung gab es damals bereits zwei bis drei Stunden vor Beginn der Andacht keine freien Plätze mehr in der Berchinger Klosterkirche.

Andachtsreihe

Im Jahr 1967 fanden die vorerst letzten Ölbergspiele im ehemaligen Franziskanerkloster statt, da dieses aufgehoben und die Klosterkirche 1972 zum Pfarrzentrum der Pfarrei Berching eingeweiht werden konnte. 1982 – ein Jahr vor der 1100-Jahrfeier der Stadt Berching – kehrten die beliebten Ölbergspiele an den Ort zurück, wo sie vor nunmehr 491 Jahren ihren Anfang genommen hatten: in die altehrwürdige Pfarrkirche St. Lorenz, deren Grundmauerreste aus der Entstehungszeit Berchings (883) stammen.

Folgende Prediger werden die Andachtsreihe heuer weiterhin begleiten: Am 5. März Pfarrer Norbert Winner (Neumarkt) am 12. März Dekan Gerhard Ehrl (Lauterhofen), am 19. März Dekan Franz Josef Gerner (Hilpoltstein), am 26. März, Pfarrer Josef Funk, (Beilngries) und am 2. April Pater Christoph Heinzmann aus Paulushofen.