Wertvolle Christusfigur wiederentdeckt

16.10.2008 | Stand 03.12.2020, 5:30 Uhr

Dringend renovierungsbedürftig ist nicht nur der Kopf des spätgotischen Kruzifixus aus der Kapelle von St. Georg.

Schrobenhausen (woe) Was für eine Überraschung: In der Kapelle des Alten- und Pflegeheims St. Georg befindet sich seit Jahrzehnten eine Christusfigur, die Teil einer Kreuzigungsszene ist. Jetzt stellte sich heraus, dass es sich um eine seltene Kostbarkeit handelt.

Schon seit einiger Zeit hatte sich Heinz Roller, der Leiter von St. Georg, vorgenommen, die schadhafte Christusfigur in der Kapelle des Alten- und Pflegeheims in die Hände eines Fachmanns zu geben. Von Stadtpfarrer Josef Beyrer erhielt er die Adresse eines Restaurators, der für St. Jakob bereits etliche Arbeiten ausgeführt hat. Der Experte begutachtete das Kunstwerk – und kam zu einem unerwarteten Ergebnis: Die Hauskapelle von St. Georg beherbergt einen seltenen Kunstschatz, der im Lauf der Jahrzehnte in Vergessenheit geriet.

Die ungewöhnliche Kreuzigungsszene zeigt eine geschnitzte Christusfigur, die auf einem gemalten Leinwandbild befestigt ist. Unter das Kreuz sind Maria, Johannes, Maria Magdalena sowie trauende Engel gemalt. Restaurator Bruno Fromm vermutet, dass der spätgotische Christus um das Jahr 1500 entstanden ist, das Gemälde, ebenfalls von herausragender künstlerischer Qualität, ist wohl 200 Jahre älter. Beide Objekte wurden mehrere Male überarbeitet und restauriert. "Vor allem die heute sichtbare Fassung des Christus ist von geringer Qualität", stellt Fromm fest. Außerdem ist ein Fuß der Figur abgebrochen, das Leinwandbild verschmutzt und die originale Vergoldung am Zierrahmen teilweise mit Goldbronze überstrichen.

In der Kapelle des Alten- und Pflegeheims hat sich eine seltene Christusdarstellung erhalten. Die Figur fällt durch ihren Realismus auf. Sie hatte ursprünglich sogar echte Haare, von denen jedoch nur noch Reste erhalten sind.

Die Figur war vermutlich Teil eines barocken Kreuzaltars in der Stadtpfarrkirche St. Jakob. Im Zuge der Regotisierung der Kirche im Jahr 1855 wurde das Werk aus dem Kirchenraum entfernt und vom Schrobenhausener Kaufmann Josef Schmederer erworben. Im Jahr 1926 überließ die Kaufmannsfamilie Schmederer-Kneißl das Gemälde und die Figur schließlich der Leinfelder-Stiftung: Das Kunstwerk bekam seinen heutigen Platz an der Westwand der Kapelle des St.-Georg-Stifts. Im Jahr 1928 ließ Mathilde Hitl die Gruppe instand setzen; die Arbeiten wurden damals vom Augsburger Kirchenmaler Rossmann ausgeführt, wie das Schrobenhausener Wochenblatt am 24. März 1928 meldete.

Experte Fromm hat drei unterschiedliche Restaurierungsvorschläge ausgearbeitet – von Minimalmaßnahmen, die den weiteren Zerfall des Kunstwerks verhindern, bis zu einer umfassenden Restaurierung, deren Ziel die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ist. Der entsprechende Kostenrahmen reicht von knapp 3000 Euro bis rund 30 000 Euro. Welcher Vorschlag umgesetzt wird, steht noch nicht fest, denn die finanziellen Möglichkeiten der Leinfelder-Stiftung sind sehr begrenzt. Eine über die bloße Sicherung hinaus gehende Restaurierung wird es deshalb nur geben, wenn sich zu den bereits vorhandenen Sponsoren noch weitere dazu gesellen.