Wer zuletzt lacht

Kommentar

13.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:48 Uhr

Horst Seehofer weiß: Motivation ist alles. "Ein Alexander Dobrindt scheitert nicht", sagte der CSU-Chef einst, als es um die Perspektive für eine Pkw-Maut auf Deutschlands Schnellstraßen ging. Was als kleiner Schubser für den Bundesverkehrsminister gedacht war, muss Dobrindt in Wahrheit ungezählte schlaflose Nächte bereitet haben.

Immens war der Druck der Parteiführung, aber auch der Opposition und nicht zuletzt der Öffentlichkeit. Dobrindt sollte die Quadratur des Kreises finden. Eine Pkw-Maut, mit der man zwar ausschließlich Ausländern in die Tasche greifen kann, die aber dennoch von der Europäischen Union als nicht diskriminierend goutiert wird.

Daran, dass die Maut nach schier endlosen Querelen eingeführt wird, bestehen kaum noch Zweifel. Die Pläne sind bereits vom Bundestag mit den Stimmen der großen Koalition abgesegnet. Und da nun auch die EU-Kommission um Jean-Claude Juncker einverstanden ist, kann man bei den Christsozialen jubeln: Wichtigstes Wahlversprechen erfolgreich umgesetzt.

Doch Moment. Erfolgreich? Obwohl das Projekt formell beschlossen ist, hat Deutschland noch nicht eine einzige Vignette verkauft - und wird es auch noch lange nicht. Auch sonst ist die Historie der deutschen Maut wenig glamourös. Nicht nur, dass nach dem heftig geführten Streit mit der EU-Kommission samt Klagedrohungen verbrannte Erde übrig geblieben ist. Nun drohen selbst enge Partner der Bundesrepublik, den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Österreich poltert am lautesten, will nicht akzeptieren, dass die Bürger der Alpenrepublik und andere Europäer die Autobahnen des reichen Nachbarn refinanzieren sollen.

Vor allem aber: Die Prognosen, wie viel die offiziell Infrastrukturabgabe genannte Maut tatsächlich in die Kassen des Bundes spülen wird, werden gefühlt wöchentlich nach unten korrigiert. Erste Studien kommen zu dem bitteren Schluss, dass die Maut sogar ein Minusgeschäft werden könnte. Das wiederum liegt daran, dass die EU-Kommission Minister Dobrindt das Versprechen abgerungen hat, besonders klimaschonende Fahrzeuge besserzustellen. Wer ein Fahrzeug besitzt, das die Euro-6-Norm erfüllt, bekommt sogar mehr Geld zurückerstattet, als ihn das Pickerl gekostet hat.

Ein Punktsieg für Brüssel. Während sich Juncker ins Fäustchen lacht, dürfte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble dem Bundesverkehrsminister bald die Freundschaft kündigen. Denn Dobrindt feiert sich und die CSU als Sieger. Dabei übersieht er, dass sein Prestigeprojekt - spätestens wenn die Mehrzahl der in Deutschland zugelassenen Autos mit umweltfreundlichen Euro-6-Motoren und elektrisch unterwegs ist - eine Geldvernichtungsmaschine für den Bund wird. Und dieser Fall wird eintreten. Vielleicht nicht morgen, vielleicht nicht nächstes Jahr - aber irgendwann. Dann hat sich der ganze Ärger, der sich aus einer Stammtischparole des Wahlkampfs 2013 entwickelt hatte, nicht gelohnt.