Altmannstein
Wer schätzt den Wildschaden?

Im Landkreis Eichstätt gibt es immer weniger Schätzer - Auch die Gemeinde Altmannstein ist auf der Suche

18.10.2019 | Stand 02.12.2020, 12:49 Uhr
So eine Wildschweinrotte kann in einem landwirtschaftlichen Feld ordentlich Schaden anrichten. −Foto: Gateau/dpa

Altmannstein (DK) Man stelle sich eine Wildschweinrotte vor. Vielleicht ein Dutzend oder mehr ausgewachsene Tiere, viele davon bis zu 150 Kilogramm schwer. Auf der Suche nach Nahrung dringen sie in ein Feld ein mit Kartoffeln, mit Getreide oder Mais. Sie schlagen Schneisen, wühlen Flächen um. Kein Wunder, dass da bisweilen große Schäden entstehen. Sollen diese geschätzt werden, braucht es Wildschadenschätzer. Die Gemeinde Altmannstein sucht momentan wieder solche Schätzer, denn im ganzen Landkreis werden diese immer weniger.

Haben Wildschein oder auch Rotwild einen Schaden auf einem Acker oder Feld angerichtet, haftet laut Bundesjagdgesetz die Jagdgenossenschaft, in deren Gebiet die Fläche liegt. Oft ist der Jagdpächter, der die betreffende Jagd gepachtet hat, im Jagdpachtvertrag dazu verpflichtet, den Ersatz des Wildschadens zu übernehmen - in Teilen oder sogar ganz. Kommt es zu keiner einvernehmlichen Lösung zwischen Landwirt und Jagdpächter oder Jagdgenossenschaft, kommt die Gemeinde ins Spiel.

"Die Gemeinde ist verpflichtet, wenn ein Wildschadensverfahren ansteht, dieses auch durchzuführen", erklärt Manfred Zippel, Geschäftsleitender Beamter der Gemeinde Altmannstein. Hat sich der Geschädigte innerhalb der Wochenfrist gemeldet und gibt es keine einvernehmliche Lösung, beraumt die Gemeinde einen Termin für die Schätzung an.

Ende 2016 gab es im Landkreis Eichsätt 56 Wildschadenschätzer verteilt auf die 25 Gemeinden, wie das Landratsamt auf Nachfrage unserer Zeitung mitteilt. "In der Regel greift eine Gemeinde im Bedarfsfall auf ihre eigenen Schätzer aus dem Gemeindebereich zurück", heißt es weiter. In Altmannstein selbst gibt es aber keinen mehr, Zippel greift auf einen Schätzer von außerhalb der Gemeinde zurück. "Für die Zukunft ist das ein Problem, es kann nicht immer einer alles machen", weiß Zippel. Bis vor einiger Zeit waren noch fünf Wildschadenschätzer aus Altmannstein bestellt, wie das Landratsamt mitteilt. Die Behörde fragt derzeit die Zahlen bei den einzelnen Gemeinden des Landkreises ab, doch schon jetzt "zeichnet sich deutlich ab, dass einige Wildschadenschätzer für dieses Ehrenamt nicht mehr zur Verfügung stehen können oder wollen und Ersatz nur schwer zu finden ist". Nun sind die Wildschadenschätzer nicht auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt und es habe sich auch bewährt, einen Schätzer aus der Nachbargemeinde mit der Erstellung des Gutachtens zu beauftragen, "weil dann die Akzeptanz bei den Beteiligten oftmals höher ist, als wenn der Schätzer aus der eigenen Ortschaft kommt". Die Einschätzung bestätigt Zippel, wenn es um dasselbe Dorf geht. "Es ist schon gut, wenn jemand extra da ist", der persönlichen Befindlichkeiten wegen. Dennoch: Schätzer in der eigenen Gemeinde seien schon von Vorteil, denn diese sind "zeitlich freier verfügbar", wie Zippel aus langjähriger Erfahrung weiß. Viele Jahre war beispielsweise der inzwischen gestorbene Albert Pfaller senior aus Thannhausen Wildschadenschätzer in Altmannstein.

Zehn bis 20 Wildschadensfälle, die auch geschätzt würden, gebe es in der Großgemeinde im Jahr, erzählt Zippel. Die Zahl variiere. Für die Schätzung treffen sich Zippel als Vertreter der Gemeinde, der geschädigte Landwirt, der Ersatzpflichtige und natürlich der Schätzer vor Ort. Da sammle man mit der Zeit viele Erfahrungswerte, was das Erkennen und Zuordnen der Schäden angehe, beschreibt Zippel. Angefressene Maiskolben, zerwühlte Äcker und andere Spuren müssten klar abgegrenzt werden zu Schäden durch Windböen oder Starkregen sowie Schädlinge zum Beispiel. Schwieriger sei es immer wieder, den Schaden auch zu finden. Wenn der Mais über mannshoch wachse zum Beispiel. Dann kann es auch sein, dass die Schätzung erst nach der Ernte stattfindet, denn auch dann lasse sich der Schaden anhand von umgedrückten Pflanzen und anderen Spuren der Tiere eindeutig zuordnen.

Die Schätzer kommen oftmals selbst aus dem Bereich der Landwirtschaft. Besonders ideal sind natürlich Personen, die sowohl Landwirte als auch Jäger sind. Wer Interesse hat, meldet sich bei der Gemeinde, die gibt den Vorschlag weiter an die Untere Jagdbehörde, welche sich wiederum mit dem Bayerischen Bauernverband und dem Jagdbeirat in Verbindung setzt, um etwaige Einwände gegen die Person von beiden Seiten auszuschließen. Besondere Voraussetzungen gibt es nicht, aber das Angebot einer Schulung beim Bauernverband, die von Interessenten auch gerne angenommen werde, wie das Landratsamt mitteilt. Für Zeitaufwand und Fahrtkosten bekommen die Schätzer eine Art Aufwandspauschale.

Hat man den Schaden im Feld gefunden, kommt es vor Ort immer wieder zum Schlagabtausch, weiß Zippel. "Vorbringen kann jeder alles." Denn natürlich sei es auch für die Jäger nicht immer leicht, schließlich können sie nicht beliebig schießen. Manchmal reichen die Anbauflächen fast bis zum Waldrand - gibt es dann keine Schussgassen, gelangt das Wild ungesehen ins Feld. Zippel weiß von den Schätzern, mit denen er schon zusammengearbeitet hat, dass die meisten die Aufgabe sehr engagiert und mit Herzblut ausüben würden, immer darauf bedacht, eine einvernehmliche Lösung zu finden. "Der Idealfall, der auch in den meisten Fällen erreicht wird, ist, dass alle erkennen, dass es eine gerechte und ausgeglichene Abschätzung war." Selbst dann, wenn es vorher Streit gegeben habe.