Wenn weniger mehr ist

Von Inhaltsstoffen bis hin zur plastikfreien Verpackung: So funktioniert Nachhaltigkeit in der Kosmetik

26.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:35 Uhr
Große Auswahl, viele Inhaltsstoffe: Oft fällt es Kunden schwer, nachhaltige Kosmetik zu finden. Ein Blick auf die Inhaltsstoffe kann hier helfen. −Foto: Imago Images

Ingolstadt - In den Regalen der Drogeriemärkte reihen sich die Tiegel, Tuben und Dosen aneinander, die Auswahl an Kosmetik ist schier uferlos.

 

Doch neben trendigen Farben und angenehmen Texturen achten Verbraucher bei ihren Produkten zunehmend auf Nachhaltigkeit. Über die vergangenen Jahre sei deshalb auch der Marktanteil der nachhaltigen Kosmetik stetig gestiegen, weiß Umweltreferentin Maria Leidemann (Foto) vom VerbraucherService Bayern in Augsburg. Laut Dambachers Branchenreport hat allein Naturkosmetik nur im Jahr 2018 in Deutschland mehr als eine Million neue Käuferinnen und Käufer erreicht. Der Anteil am gesamten deutschen Kosmetikmarkt sei mit einem Umsatz von 1,3 Milliarden Euro auf 9,2 Prozent gestiegen.

Der Boom habe zweierlei Gründe:"Die Kunden möchten der Umwelt weniger schaden und gleichzeitig keine schlechten Inhaltsstoffe an ihre Haut lassen", erklärt Leidemann. So mancher Kunde wird zum Experten in eigener Sache, versucht auf Mineralbestandteile und hormonell wirksame Inhaltsstoffe größtenteils zu verzichten.

Doch die Liste eben jener Inhaltsstoffe bleibe für viele nach wie vor ein Rätsel. Als ersten Anhaltspunkt orientiere sich der Verbraucher am besten an Gütesiegeln in der Naturkosmetik, so Leidemann. Diese geben Aufschluss darüber, ob das Produkt beispielsweise ohne Tierversuche auskomme oder die Inhaltsstoffe in Bioqualität seien. "Ein Verbraucher kann das sonst ganz schwer überprüfen", ist Maria Leidemann überzeugt. Auch die Rohstoffgewinnung spiele eine große Rolle für die Nachhaltigkeit eines Produkts. "Die Stoffe der Produkte sollten möglichst regional und biologisch angebaut werden. " Hierbei sorge ein Blick auf die Webseite des Unternehmens für Aufklärung. Viele Marken in der Naturkosmetik achteten bereits auf den Nachhaltigkeitsgedanken. Doch Vorsicht: Naturkosmetik bedeute nicht automatisch nachhaltige Kosmetik, warnt die Umweltreferentin. "Das beste Beispiel ist Palmöl: An sich ist es ein natürliches Produkt, kann also für Naturkosmetik verwendet werden. Aber die Produktion und die Logistik schaden der Umwelt ungemein. " Auch Allergiker müssen bei Naturkosmetik Vorsicht walten lassen, denn diese kann genauso Allergien auslösen wie herkömmliche Schönheitspflege. Zu den Allergieauslösern zählten vor allem Duftstoffe, darunter auch ätherische Öle. Orangenöl beispielsweise sei zudem besonders schwer ökologisch abbaubar, wird laut Leidemann aber auch in der Naturkosmetik benutzt.

Viel Plastik lässt sich häufig bei der Verpackung einsparen: Unverpacktläden bieten ihre Ware ganz ohne Plastik an. Hier kann man seine Produkte aus dem Glas auffüllen lassen. Eine Alternative dazu lässt sich auch in der Kosmetikabteilung von Drogerien finden, dort gibt es recycelte Verpackungen oder Deos, Cremes, Duschgel und Shampoo in festen Formen.

Die Nachhaltigkeit hat oft auch ihren Preis: Manche Produkte seien teurer im Einkauf, da sie hochwertigere Inhaltsstoffe als gewöhnlich haben. Auch hier verweist die Expertin auf Palmöl: "Um Make-up herzustellen, benötigt man ein Fett. Palmöl ist weltweit das billigste Fett auf dem Markt. " Wenn der Hersteller nun stattdessen auf regionale Öle wie etwa Rapsöl zurückgreifen möchte, dann wird sein Produkt teurer. Artikel wie Festshampoos scheinen auf den ersten Blick teurer als die flüssige Version zu sein, dafür seien sie ergiebiger. Oft sei es am nachhaltigsten, sein eigenes Konsumverhalten zu reflektieren. "Es ist am günstigsten und zugleich am nachhaltigsten, wenn man mal seinen Kosmetikbedarf überdenkt und schaut, welche Produkte man überhaupt täglich verwendet", so Leidemann. Durch das Reduzieren auf die tatsächlich benötigten Pflege ließe sich auch eine Menge Geld sparen.

Nicht nur in der Kosmetik setzen viele Hersteller auf Nachhaltigkeit, auch bei Hygieneprodukten kommt das ökologische Verantwortungsbewusstsein zum Tragen. Binden etwa gebe es in wiederverwendbarer Variante als Baumwollbinden, statt Tampons könnten Frauen Menstruationstassen verwenden. Wer doch weiter Tampons benutzen möchte, könnte auf Produkte aus Biobaumwolle zurückgreifen. "Hier spart man auch wieder Pestizide ein. " Selbst bei Toilettenpapier kann der Verbraucher ökologisch bewusster leben, indem er darauf achte, Recyclingpapier zu verwenden. Dieses sei mit einem blauen Engel gekennzeichnet. Das heißt: Das Papier wurde nicht chemisch gebleicht.

Mit vielen kleinen Schritten gelangt man ans Ziel: "Viele schlagen den nachhaltigen Weg ein und geben auf, weil sie denken, in vielen Bereichen könnten sie eh nichts ändern", erzählt Leidemann "Aber man darf stolz auf sich sein, wenn man es schafft, ein Stück nachhaltiger zu leben. "

DK/Foto: VerbraucherService Bayern/Spreter

Anna Hausmann