Pfaffenhofen
Wenn Telefonmarketing zum Terror wird

27.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:54 Uhr

Mit einem Präsent bedankte sich Landtagsabgeordnete Erika Görlitz bei Ministerialdirigent Thomas Dickert für seine Informationen zum Thema Telefonmarketing. - Foto: Zurek

Pfaffenhofen (zur) Telefonmarketing im Spannungsfeld zwischen "Verbraucherschutz" und "Unternehmerfreiheit": Im Rahmen der Reihe "CSU im Dialog" hatte der Kreisverband Pfaffenhofen jetzt zu einer interessanten Infoveranstaltung geladen.

CSU-Kreisvorsitzender Karl Straub freute sich ebenso wie Landtagsabgeordnete Erika Görlitz mit Ministerialdirigent Thomas Dickert vom Staatsministerium für Verbraucherschutz einen versierten Fachmann für dieses Thema gefunden zu haben.

Zu den Zuhörern, die sich trotz WM-Konkurrenz im Hofbergsaal eingefunden hatten, gehörten neben Landrat Anton Westner und dem Landkreissachgebietsleiter Wirtschaftsförderung Peter Beyer auch einige kommunale Politiker und örtliche Unternehmer. Das Szenario, das Dickert zu Beginn seines Vortrages entwarf, dürfte niemandem im Publikum fremd gewesen sein: Ein Freitagabend, die Familie sitzt endlich einmal vereint am Tisch, da klingelt das Telefon. Eine freundliche Dame, die einen günstigeren Telefontarif anbietet. Kaum ein paar Minuten später, verkündet ein Herr am Ende der Leitung einen Lottogewinn und möchte die Kontonummer des Anschlussinhabers wissen.

Beschwerden nehmen zu

Schon im Jahr 2006 hatte die Zahl der Beschwerden gegen derlei Belästigung bei der dafür zuständigen Bundesnetzagentur um ein Drittel zugenommen, in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 waren es bereits nahezu 30 000 Fälle und die Tendenz ist steigend.

Selbst wenn nach einem solchen Telefonat kein rechtmäßiger Vertrag zustande komme, scheuten die schwarzen Schafe unter den Unternehmern nicht davor zurück, mit Anwaltsschreiben (für die sich unseriöse Juristen hergeben) und Mahnungen bis hin zu Inkasso-Drohungen Druck auszuüben, bedauerte Dickert eine traurige Realität. Um besser auf die Flut von Werbeanrufen reagieren zu können, hat die Regierung nun das bereits 1909 eingeführte Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, kurz UWG, verschäft (siehe Infokasten).

Was für den Verbraucher nur positiv sein kann, stellt seriöse Geschäftsleute teilweise vor ungeahnte Probleme. Sie müssen sich auch Anrufe, die sie bisher als Service am Kunden geleistet haben (etwa einen Hinweis auf den bald fälligen TÜV oder die Nachfrage, ob dieser denn mit der jüngst geleisteten Arbeit zufrieden ist) vorab schriftlich genehmigen lassen. Sonst kann im Falle einer Kundenbeschwerde ein hohes Bußgeld drohen.

Noch verheerender wirkt sich das neue Widerrufsrecht aus, das "Finanzierungstouristen" auch außerhalb von telefonischen Transaktionen auf den Plan ruft. Wie Karl Straub drastisch schildert, gibt es Kunden, die sich für 14 Tage einen Wagen nehmen, in Urlaub fahren und den Vertrag anschließend widerrufen. Er dürfe dann nicht einmal eine Wertminderung geltend machen, was schnell zu mehrstelligen Verlusten führen könne, so der Unternehmer.

Gesetz auf dem Prüfstand

Um im Falle solch ungewollter Härten reagieren zu können, habe man die Evaluierung von Gesetzen eingeführt, so Dickert. Auch das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb komme Mitte 2012 auf den Prüfstand. Denn man wolle einen vernünftigen Ausgleich von Interessen erreichen. In Bayern setze man dabei – wie an diesem Abend geschehen – auf den "kooperativen Ansatz". Sprich: Man redet miteinander und sucht nach Lösungen, die für beide Seiten von Nutzen sind.

Bei der Diskussion berichteten die Zuhörer von eigenen Erfahrungen, die bis hin zu massiven Drohungen eines Inkassobüros mit russisch klingendem Namen reichten. Eine derartige Eskalation lässt sich nur vermeiden, so das Fazit Dickerts, wenn man sich bei einem ungewollten Anruf erst gar nicht auf ein Gespräch einlässt. Spätestens wenn nach den Kontodaten gefragt werde, müsse gelten: Einfach den Hörer auflegen. Bei vermeintlich kostenlosen Downloads aus dem Internet ist schon die Frage nach Name und Adresse ein deutliches Warnsignal, vorm letzten Klick doch das Kleingedruckte genau zu lesen, ergänzte der Jurist seine Warnung.