Pandemiefolgen
Wenn's beim Fast Food klemmt: Ingolstädter Schnellrestaurant und Vermieter streiten um Mietminderung

21.06.2021 | Stand 23.09.2023, 19:18 Uhr
Symbolfoto. −Foto: Pixabay

Ingolstadt - Corona, der Lockdown und die Gastronomie - eine Geschichte mit vielen Härten und teils existenziellen Problemen für Wirte und ihr Personal, die noch nicht in jedem Fall zu Ende erzählt worden ist.

Eine Facette aus dieser Gemengelage hat am Montag eine Zivilkammer des Landgerichts beschäftigt. Das längst nicht abgeschlossene Verfahren dreht sich um ein Ingolstädter Schnellrestaurant, seine offenbar merklichen Einbußen in der Pandemie und um Mietminderungen, die deshalb, aber auch wegen des angeblich schlechten baulichen Zustands von Lokal und Umlage beim Vermieter geltend gemacht worden sind.

Es ist ein "sehr heißes Eisen", mit dem sich Vorsitzender Jürgen Staudt da nach eigenen Worten abgeben muss. Zu Zivilstreitigkeiten um die wirtschaftlichen Folgen pandemiebedingter Schließungen, also zu Einnahmeausfälle und Regressforderungen, gibt es bislang zwar eine Reihe von Urteilen von Land- und Oberlandesgerichten, doch sind diese recht uneinheitlich ausgefallen. Einen festen Pfad mit Hinweisen auf höchstrichterliche Rechtsprechung suchen die Juristen bislang vergeblich. Also muss sich jeder Richter auf seine eigenen Interpretationen der Rechtslage verlassen.

Der vorliegende Fall ist sogar noch viel komplexer und bietet laut Jürgen Staudt "jede Menge Fallstricke". Ginge es der Klägerin nach, dann wären auch noch Aspekte der Verkehrssicherungspflicht, angebliche Schäden an Gebäude und Haustechnik und eine auslegungsfähige Klausel im Mietvertrag zu verhandeln. Für sie könnte es letztendlich womöglich sogar um die Frage gehen, ob sie als Geschäftsführerin des Restaurants ihren Frenchisevertrag mit einem Fast-Food-Konzern erfüllen kann, wenn ihr das Ingolstädter Lokal nach einer inzwischen ausgesprochenen Kündigung nicht mehr zur Verfügung stehen sollte. Ihre Anwälte warfen deshalb bereits das Szenario einer millionenschweren Schadensersatzklage an die Wand - ohne dass sich die Gegenseite beeindruckt gezeigt hätte.

Das Schnellrestaurant hatte sich im ersten Lockdown im vorigen Jahr rund zwei Monate und auch ab Herbst 2020 dann abermals ganz auf Abholbetrieb (an der Theke im Lokal und am Drive-in-Schalter) eingestellt, war also nie völlig geschlossen. Die Geschäftsführerin machte vor Gericht geltend, dass für sie ein Restaurantbetrieb aber nicht gegeben war, weil sich niemand an den Tischen niederlassen konnte. Sie pocht auf eine Klausel im Mietvertrag, wonach bei höherer Gewalt der Vermieter das Risiko trage und somit auch Mietausfälle hinnehmen müsse. Zudem trugen sie und ihre Anwälte Details zu Schäden im und am Gebäude vor, die ebenfalls Mietminderungen rechtfertigten - so jedenfalls ihre Interpretation.

Der (nicht in Ingolstadt beheimatete) Vermieter hatte mit einer fristlosen Kündigung des eigentlich noch bis 2023 laufenden Mietvertrages reagiert. Ihm gehören mehrere Immobilen in Bayern, die an Fast-Food-Betriebe vermietet sind. Der Mann fürchtet offenbar einen Reißverschlusseffekt: Sollte er im jetzigen Prozess starke Einbußen hinnehmen müssen, könnten womöglich auch andere Pächter auf die Idee kommen, mit Hinweis auf die Corona-Misere Zahlungen zu kürzen.

Vorsitzender Staudt machte beiden Parteien klar, dass ihre jeweiligen Maximalpositionen vor Gericht nach seiner Auffassung nicht zu halten sein werden. Den Vorschlag eines Vergleichs - eine Mietminderung um 10 bis 15 Prozent auf die insgesamt bislang etwa neun Lockdown-Monate gerechnet - lehnte der Vermieteranwalt ab. Die Positionen lagen hier mit einer allenfalls niedrigen fünfstelligen Summe (Vorschlag des Beklagten und Gegenklägers) und mindestens 100000 Euro (Forderung der Mieterseite) noch sehr weit auseinander.

Das Verfahren ist nun erst einmal vertagt worden. Die Pächterin hat bis Mitte Juli Zeit bekommen, ihre Verlustrechnung zu präzisieren und eine Gegenüberstellung zu ihrer Einnahmesituation vor der Pandemie vorzulegen. Dann dürften sich die Protagonisten irgendwann im Laufe des Sommers vor Gericht wiedersehen.

DK

Bernd Heimerl