Wenn Lehrer die Schulbank drücken

02.10.2008 | Stand 03.12.2020, 5:32 Uhr

Eine Klasse voller Lehrer: Seminar-Leiter Bernhard Aschenbrenner (vorne Mitte) inmitten seiner 22 Studienreferendare. So viele angehende Lehrerinnen und Lehrer wie in diesem Jahr sind in Riedenburg noch nie ausgebildet worden. Seit heuer ist die Staatliche Realschule auch Seminarschule für angehende Mathelehrer. - Foto: Rast

Riedenburg (DK) An der Staatlichen Realschule Riedenburg wird seit Beginn des Schuljahres eine Rekordzahl an Referendaren ausgebildet. Insgesamt 22 Junglehrer aus ganz Bayern sammeln in Riedenburg die ersten praktischen Erfahrungen in ihrem künftigen Beruf.

Voll Vorfreude sind die 18 jungen Frauen und vier Männer am letzten Tag der Sommerferien in der Dreiburgenstadt angekommen. Alle sind Mitte 20 und haben vor einigen Wochen ihr Studium abgeschlossen. Bis zum Ende des Schuljahres werden sie in Riedenburg bleiben, danach verschlägt es sie ganz nach dem Willen des Kultusministeriums in eine beliebige andere bayerische Stadt.

Der erste Eindruck vom Ort sei sehr positiv gewesen, berichten die Referendare. Viele von ihnen stammen aus Franken, aber auch die anderen Regierungsbezirke sind vertreten. Die meisten haben sich in Riedenburg ein Zimmer genommen und pendeln am Wochenende nach Hause. Auch die Nähe zu Regensburg wird geschätzt. Vom ersten Lehrer-Gehalt – knapp 1000 Euro netto, sei sie erst mal in Regensburg shoppen gegangen, erzählt eine Seminaristin.

Keine Konkurrenz

Manche der angehenden Lehrer kennen sich bereits vom Studium her. "Wir fühlen uns immer noch als Klasse", berichten sie. Auch eine gemeinsame Wanderung zu den Riedenburger Burgen sei bereits gestartet worden. Gegenseitige Konkurrenz herrsche derzeit nicht, bestätigen die Junglehrer. Denn im vergangenen Jahr seien von den in Riedenburg ausgebildeten Referendaren alle in den Staatsdienst übernommen worden, weiß Bernd Aschenbrenner, der Leiter der Staatlichen Realschule.

Ihm und den Seminarleitern unterliegt in den kommenden zehn Monaten die Aufgabe, die Junglehrer in die praktischen Seiten ihres Berufes einzuführen. Denn an der Uni ist überwiegend Theorie vermittelt worden. Alle Riedenburger Referendare haben ihr Erstes Staatsexamen bestanden. An der Johann-Simon-Mayr-Realschule werden die Fächer-Kombinationen Deutsch / Geschichte, Englisch / Geschichte, Deutsch / Sport weiblich, Englisch / Sport weiblich und Mathematik / Katholische Religion gelehrt. Neu in Riedenburg ist die Ausbildung in Mathematik, was der Schule heuer weitere sieben Referendare beschert.

Aschenbrenner unterrichtet alle 22 Junglehrer in Schulrecht, Schulkunde und den Grundfragen staatsbürgerlicher Bildung. Dabei vermittelt der Schulleiter unter anderem die beamtenrechtlichen Pflichten, den richtigen Umgang mit disziplinarrechtlichen Fällen und das "Geflecht von Vorschriften", mit dem die Abschlussprüfungen geregelt seien. Diese Inhalte würden im Zweiten Staatsexamen abgefragt, so Aschenbrenner. Doch auch das "praktische Handwerkszeug" werde den Junglehrern beigebracht: Wie stehe ich vor der Klasse? Wie gewinne ich Sicherheit im Unterricht? Wie viel Stoff passt in eine Stunde? Wie treffe ich im Erziehungs-Alltag eigenverantwortlich die richtigen Entscheidungen

Für die jungen Leute beginne in Riedenburg ein "völlig neuer Lebensabschnitt". Sie seien hoch motiviert und wollten sich bewähren, lobt Aschenbrenner. Davon profitiere auch die Schule massiv. Die jungen Leute entwickelten frische Ideen und setzten neue Impulse für das Schul-Leben. Da immer genug Vertretungslehrer vorhanden seien, könne der Unterrichts-Ausfall deutlich reduziert werden. Es könnten viele zusätzliche Projekte und Neigungsgruppen angeboten werden. Die Schulstunden seien stets aktuell und auf hohem pädagogischen und didaktischen Niveau. Und auch für das 53-köpfige Lehrerkollegium bedeuteten die Referendare eine persönliche Bereicherung.

Aschenbrenner räumt aber ein, dass die vielen Seminaristen auch Belastungen mit sich bringen würden. Der organisatorische Aufwand sei beträchtlich. Alleine in diesem Schuljahr müsse er mit den zuständigen Kollegen 44 Lehrproben abnehmen. Doch unter dem Strich würden die Vorteile bei weitem überwiegen.

Neues Rollenverständnis

Das größte Problem, vor dem die angehenden Lehrer stehen, sei die "Änderung des Rollenverständnisses", hat Aschenbrenner häufig erlebt. Bislang hätten sie Wissen aufgenommen, künftig müssten sie es vermitteln. Bislang seien sie hinten in der Klasse gesessen, jetzt stünden sie vorne. Viele Referendare hätten auch "Bedenken, von den Schülern Disziplin einzufordern". Da herrsche bei den Junglehrern die völlig unbegründete Furcht, von den Schülern im Stich gelassen zu werden. Man müsse den Referendaren Zeit geben, sich zu entwickeln. Allerdings gebe es beim Umgang mit den Schülern auch "Naturtalente", hat Aschenbrenner erfahren.

Dank der zahlreichen Referendare, die durch die Johann-Simon-Mayr-Realschule geschleust werden, leidet die Schule nie unter Nachwuchs-Mangel. Vielen der Junglehrer gefällt es laut Aschenbrenner in Riedenburg so gut, dass sie sich nach dem Zweiten Staatsexamen gerne wieder hierher bewerben. "Und bei manchen Referendaren sind an ihrem letzten Tag schon Tränen geflossen, weil sie Riedenburg wieder verlassen mussten", erinnert sich Aschenbrenner.