Wenn auf dem Dorf der Schuh drückt

25.03.2008 | Stand 03.12.2020, 6:02 Uhr

Alois Haas ist Feuerwehrkommandant und Ortssprecher von Hagau. - Foto: sag

Ingolstadt (DK) Ob Gut Winkelacker, sanierungsbedürftige Spielplätze oder die Zufahrten zu Neubaugebieten: Wenn in Ingolstädter Stadtteilen, die keinen eigenen Stadtrat haben, der Schuh drückt, sind die Ortssprecher erste Anlaufstelle. Demnächst werden sie neu gewählt.

Nach der Wahl ist vor der Wahl: Kaum haben die Ingolstädter Wählerinnen und Wähler ihr Kreuz bei den Parteien für den Stadtrat gemacht, steht bereits die nächste kommunalpolitische Entscheidung an. Denn nach der Bayerischen Gemeindeordnung können in Stadtteilen, die am 18. Januar 1952 noch selbstständige Gemeinden waren und die im Stadtrat nicht vertreten sind, Ortssprecher gewählt werden. Dieses Recht wird allerdings auch eingeschränkt: Wenn der Stadtteil in einem angemessenen Umfang im Bezirksausschuss vertreten ist, entfallen die Ortssprecher. Entscheidend ist das Verhältnis zwischen der Größe der ehemals selbstständigen Gemeinde und dem heutigen Stadtbezirk.

In Ingolstadt sind die Stadtteile der ehemaligen Gemeinden Brunnenreuth, Dünzlau, Hagau und Mühlhausen betroffen. Hinzu kommt der Stadtteil Irgertsheim, der in der neuen Legislaturperiode von keinem Stadtrat mehr vertreten wird. Voraussetzung zur Wahl der Ortssprecher, die in der Wahlperiode 2008 bis 2014 amtieren, ist allerdings, dass ein Drittel der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger des Stadtteils die Wahl beantragt. Dazu liegen ab kommenden Freitag, 28. März, Antragslisten zur Unterschrift aus (siehe auch die Terminauswahl im eigenen Textkasten).

Entscheiden sich die Wähler für eine Vertretung durch die Ortssprecher, lädt die Stadt ab 10. April zu speziellen Ortsversammlungen ein. Über die Vorschläge an den Wahlabenden würde dann in geheimer Wahl abgestimmt und die Sprecher von Oberbürgermeister Alfred Lehmann in ihr Amt bestellt. Eine Vereidigung der Vertreter ist nicht zwingend vorgeschrieben, erläuterte gestern Hauptamtsleiter Hans Meier vor der Presse. Wie andere Gemeindeorgane auch sind die Ortssprecher der Geheimhaltung unterworfen. Sie dürfen an öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzungen des Stadtrates teilnehmen, die ihren Stadtteil betreffen. Dabei haben sie das Recht, die Gremien zu beraten und auch eigene Anträge zu stellen. Für den Aufwand steht ihnen eine Entschädigung zu.

In der vergangenen Wahlperiode von 2002 bis 2008 waren die Ortssprecher Joseph Brandl für Mühlhausen, Alois Haas für Hagau, Richard Kerschenlohr für Dünzlau und Ralf Netter für Brunnenreuth. Alle vier gehören der CSU an und engagieren sich auch in anderen Funktionen für ihren Stadtteil. Alois Haas etwa ist unter anderem Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr in Hagau. Der 50-jährige Postbedienstete zieht ein durchwegs positives Fazit seiner Erfahrungen als Ortssprecher: "Das Amt ist auf jeden Fall sinnvoll", betont der Familienvater, der gerne wieder kandidieren möchte.

An seinen ersten Antrag vor sechs Jahren – die Erhöhung des Maschendrahtzauns am Bolzplatz in Hagau – kann sich Haas gut erinnern: "Ich war damals überrascht, wie schnell und unkompliziert die Zusammenarbeit mit der Verwaltung ablief", lobt der Ortssprecher, der auch die Kooperation mit den Bezirksausschüssen schätzt. Als großen Erfolg seiner bisherigen Arbeit verbucht Alois Haas die Einführung des Ramadama in dem Stadtteil oder die Vermittlung im Neubaugebiet Hagau. Sein Anliegen sei es gewesen, nicht nur eine Zufahrtsstraße, sondern auch eine Ausfahrt in die neue Siedlung zu bauen.

Erfolgreich konnte der 50-Jährige auch seine Ortskenntnis bei der Gestaltung des Radweges zwischen Knoglersfreude und Hagau einbringen. "Wegen der schmalen Straße war das eine gefährliche Situation", schildert Haas. Doch nicht nur die großen Baumaßnahmen sorgen für viel Arbeit. "Als Ortssprecher hat man schon viel zu tun", berichtet Alois Haas, der auch bei zahlreichen, alltäglichen Problemen die erste Anlaufstelle ist. Sein Parteifreund Ralf Netter aus Brunnenreuth kann davon auch ein Lied singen: "Ich kümmere mich schon um viele Belange", sagt der 56-jährige Modellbauer, dem das Amt trotz des Aufwands viel Spaß macht.

Als eine der treibenden Kräfte stand Netter zum Beispiel hinter dem Umbau des Dorfstadls in ein Vereinsheim, das nun verschiedenen Initiativen in Brunnenreuth als Unterkunft zur Verfügung steht. Netter trug außerdem seinen Teil dazu bei, dass sich die Wogen im Streit um Gut Winkelacker wieder legten und war als Ortssprecher bei der konkreten Gestaltung der Neubaugebiete eingebunden. Die Erfahrungen die er vor Ort gewonnen hat, will der Familienvater auch künftig nutzen: "Ich bewerbe mich auf jeden Fall", antwortet er ohne Zögern auf die Antwort auf die Frage nach einer erneuten Kandidatur.