München
Wem gehören die Daten?

Zunehmende Automatisierung des Fahrens wirft Fragen auf Hersteller investieren in IT-Sicherheit

01.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:28 Uhr

München (DK) Längst können die ersten Oberklasse-Fahrzeuge kurzfristig das Steuer übernehmen. Noch müssen sie dabei vom Fahrer überwacht werden. Doch schon in wenigen Jahren sollen Autos dann ganz alleine fahren können. Klar ist, dass auf dem Weg dorthin der Autonomisierungsgrad ständig zunehmen wird. Dabei werden immer gewaltigere Mengen an Daten anfallen. Doch: Wem gehören diese Daten? Wer darf sie verarbeiten? Und wie kann man diese Daten vor dem Zugriff von Hackern schützen? Über diese Fragen diskutierten gestern Experten auf einer Veranstaltung des Verbands der bayerischen Wirtschaft (vbw) in München.

Michael Waidner, Leiter des Fraunhofer-Instituts für sichere Informationstechnologie in Darmstadt, warnte trotz aller Möglichkeiten vor der Vorstellung von totaler Sicherheit. Alles sei angreifbar, auch Autos. "Mit der Zunahme von IT im Auto explodiert die Angriffsfläche", sagte Waidner. Schon heute hätten Fahrzeuge 50 bis 100 Prozessoren an Bord und bis zu 100 Millionen Zeilen Programmiercode. Die Daten aus dem Auto würden in Zukunft zunehmend wertvoller und damit auch für Angreifer immer attraktiver. Bereits Daten aus der seit vielen Jahren in nahezu jedem Auto verbauten On-Board-Diagnose-Steckdose seien so aussagekräftig, dass man aus einem begrenzten Fahrerkreis (etwa einer Familie) genau sagen könne, wer gefahren ist - ohne dass dafür GPS-Daten nötig seien. Mittlerweile seien aber alle Hersteller aufgewacht und investierten in IT-Sicherheit, so Waidner.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte am Vormittag in Ingolstadt den selbstfahrenden Audi A7 namens "Jack" getestet und dies als "spannende Sache" empfunden. Seine Erkenntnis: "Der Unfall des Tesla muss uns in mahnender Erinnerung bleiben." Dennoch müsse klar sein, dass der Mensch am Ende trotzdem "fehlbarer" sei als der Computer. Ihm sei besonders beim Umgang mit personenbezogenen Daten wichtig, dass die Bürger wissen, wer was von ihnen wisse.

Dass Datensparsamkeit nicht die Lösung sei, erklärte Dirk Heckmann, Experte für Sicherheits- und Internetrecht an der Universität Passau. "Je mehr eine Maschine leisten soll, umso mehr Daten braucht sie", so Heckmann. "Das muss aber kein Widerspruch zum Datenschutz sein." Er sprach sich für eine Unterscheidung von Daten für Primärzwecke und Daten für Sekundärzwecke aus. Weil erstere der Verkehrssicherheit dienten, müsse man per Gesetz den Zugriff auf diese (anonymisierten) Daten erlauben. Für die Sekundärdaten - beispielsweise für Versicherer - sei dann eine Zustimmung der Nutzer nötig. BMW-Entwicklungschef Klaus Fröhlich betonte im Bezug auf den Datenschutz noch einmal die Bedeutung des Kaufs des Kartendienstes Here, gemeinsam mit Audi und Mercedes. Hätte man das nicht gemacht, wäre man von den Internetgiganten erpressbar gewesen: Karten gegen Daten aus dem Auto.

Bis zum ersten komplett autonomen Fahrzeug sei noch viel Arbeit nötig. "Keine Sensorik, die sie heute kennen, kann die menschlichen Sinneswahrnehmungen ersetzen", sagte Fröhlich. Ein besonders wichtiger Faktor werde in Zukunft die künstliche Intelligenz. "Das menschliche Gehirn zu ersetzen, ist die eigentliche Herausforderung." Völlige Sicherheit werde es dennoch nie geben: "Es wird ein Restrisiko bleiben."