Weltstar zwischen Couch und Wandschrank

20.02.2009 | Stand 03.12.2020, 5:11 Uhr

Auch die "Verlierer" David und Gisela Mullan (von rechts) waren bei Heinrich und Maria Wiedemann zur Party eingeladen.

Eichstätt (EK) Heller Aufruhr auf dem roten Teppich vor dem Haus der Familie Wiedemann am Eichstätter Seidlkreuz. Jede Minute trifft der Star des Abends ein. Kamerateam und Fotografen positionieren sich entlang der Richard-Strauß-Straße. Ein weißes Auto mit dem Logo des Bayerischen Rundfunks hält vor der Menschentraube – mit Familie Wiedemann an vorderster Front.

Gespannt richten sich die Blicke auf den Gast auf der Rückbank. "Ja des is er, der Johnny Logan", flüstert eine Dame glucksend ihrer Nachbarin zu. "Johnny, Johnny!" – Juchzer und anhaltender Applaus, als der irische Musiker, 54 Jahre alt und zweifacher Grand-Prix-Gewinner, seinen Gastgebern Maria, Heinrich und deren erwachsenen Kindern Thomas, Stefan und Christina die Hand schüttelt. Es sei dem irischen Star, der seine Glanzzeiten in den 1980ern hatte, ein Vergnügen, heute bei den Wiedemanns zu sein. "It’s a pleasure for me to be here in the centre of Bavaria", versichert er und strahlt mit seinen meerblauen Augen in die Runde.

Aber was verschlägt einen altgedienten Star wie Johnny Logan an einem Donnerstagabend nach Eichstätt? "Meine Damen haben das eingebrockt", erklärt Heinrich und lacht. Mit seinen Damen meint er seine Frau Maria und seine 20-jährige Tochter Christina. In einer spontanen Minute haben sich die beiden bei der "Wohnzimmertour" des Radiosenders Bayern 1 beworben – eine Aktion, bei der Hörer ein privates Live-Konzert ihres Superstars im heimischen Wohnzimmer gewinnen können.

Aus Hunderten von Bewerbungen loste Bayern 1 die Familie Wiedemann als glückliche Gewinner aus. "Die Mama war sprachlos, als die vom Radio angerufen haben", erinnert sich Christina. Dass sie ausgerechnet Johnny Logan bei sich zu Hause haben wollten, war von Anfang an klar. "Unsere Familie ist ein großer Fan von irischer Musik und irischem Bier", verrät Sohn Stefan. Trotzdem ganz bayerisch traditionell schlängelt er sich in Lederhose und bayrischem Filzhut durch das Menschengewirr auf dem roten Teppich vor der Garage. In großen Lettern prangt ein Plakat mit der Aufschrift "Irish meets Bayrisch". Stefan kickt einen Luftballon mit einem Aufdruck der Bayernflagge zur Seite und verteilt emsig irisches Guiness und bayerisches Weißbier.

Familie, Radio- und Fernsehteam, Nachbarn, Freunde und auch Dompfarrer Franz Mattes und Bürgermeister Josef Schmidramsl stehen eng gedrängt im Wiedemannschen Wohnzimmer. Unter ihnen auch die halb-irische Familie Mullan aus Hallstadt aus Oberfranken. Maria hatte die Mitstreiter bei der Verlosung kurzerhand über das Radio eingeladen, als sie erfuhr, welch große Enttäuschung es für die Mullans war, nicht gewonnen zu haben.

"Irish meets Bayrisch"

"Eigentlich sollte das Konzert eine Geburtstagsüberraschung für meinen Mann und meine Söhne werden", erklärt Maria und lässt einen prüfenden Blick durch das bis auf den letzten Quadratzentimeter belegte Wohnzimmer schweifen. "Aber durch den Medienrummel ließ sich das nicht geheim halten", fügt sie hinzu und zuckt mit den Schultern.

Für Stefan war es dennoch eine "exzellente Überraschung" und Thomas findet es "erste Sahne". "Das ist eine einmalige Chance und es geht unter die Haut, wenn ein Weltstar im heimischen Wohnzimmer ein Live-Konzert gibt", beschreibt Heinrich und sieht mit funkelnden Augen in Richtung Johnny Logan, der mit seinen Bandkollegen am Keyboard und der Gitarre ein Happy Birthday anstimmt. "Für die Geburtstagskinder Heinrich, Stefan und Thomas", verkündet der Sänger in seinem irischen Deutsch. Thomas wurde am 16. Februar 24, sein Bruder Stefan am selben Tag 25 Jahre alt. Zwei Tage später folgte dann der Geburtstag von Heinrich.

Der Familienvater steht hinter seiner Frau, umschließt sie mit seinen Armen. Maria windet einen Zettel in ihrer Hand, auf dem sie ihre Dankesrede für später notiert hat. Das Ehepaar schunkelt im Takt zum Grand-Prix-Hit "What’s another year", ihre Blicke hängen unentwegt an dem Sänger. Maria nippt an ihrem Guiness. "Das ist einfach mein Lieblingshit aus jungen Jahren."

Johnny Logan geht in die Knie – er scheint sein gewaltiges Stimmvermögen aus den pumpenden Bewegungen zu schöpfen. Seine Hand hält er an die Brust, auf der ein silbernes Kettchen aus dem halb offenen Hemd blitzt. Er wirft den Freundinnen von Thomas und Stefan eine Kusshand zu, die in ihren kurzen Dirndl zu einem irischen Song tanzen. "The two brothers will kill me", witzelt der Star ins Mikrofon. "Seine Nähe zum Publikum ist einfach sensationell", begeistert sich Thomas vor der Kamera des Bayerischen Rundfunks.

Auch als Bayern-1-Moderator Uwe Erdelt einen bayrischen Satz von dem Superstar hören will, ziert er sich nicht und plappert ein "In Eichstätt is es gmiatlich" in das Mikrofon. Und damit versucht er sich nicht das einzige Mal an der deutschen Sprache. Immer wieder singt er eine Liedzeile auf deutsch, kokettiert mit dem Publikum.

Nach einem zweistündigen Live-Konzert lässt er erneut eine Kusshand durch den Raum fliegen und verschwindet über den roten Teppich. Vorbei an den "Irish meets Bayrisch"- Banner, vorbei an den aufblasbaren Bayern 1-Säulen in der Einfahrt. Zurück bleiben glückliche und hochzufriedene Eichstätter und eine überwältigte Familie Wiedemann: "Wir haben erwartet, dass es der Wahnsinn wird, aber es war mehr als der Wahnsinn. Das war der tollste Typ, den wir je in unserem Wohnzimmer hatten."