Offenstetten
Weltrekordler, Olympiasieger – und nun auch Filmstar

21.01.2010 | Stand 03.12.2020, 4:19 Uhr

Platz drei für die "Cabrinis": Florian Leonhardt (von links), Martin Beckenbauer, Sert Sergen und Stefan Bayer 2009 in Langau.

Offenstetten (DK) Er spielt Fußball und Tennis; er läuft und walkt und schwimmt. Er ist Weltrekordler und Olympiasieger – und nun auch noch Schauspieler: Stefan Bayer, Absolvent der Cabrinischule Offenstetten, ist ein sportliches Multitalent und spielt nun sogar eine Hauptrolle in einem Dokumentarfilm.

"I know I can – Special Olym-pics" heißt der Streifen, den die Katholische Jugendfürsorge (KJF) der Diözese Regensburg in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Gesundheit und der Organisation Special Olympics Bayern in Auftrag gegeben hat. Und der Titel des Films – "Ich weiß, dass ich es kann" – ist Stefan Bayer auf den Leib geschrieben, er ist praktisch sein Lebensmotto. Denn der 18-Jährige hat ein Handicap, er ist geistig behindert.

Die Doku, die heute in Regensburg vor rund 170 geladenen Gästen der Öffentlichkeit vorgestellt wird, soll künftig überwiegend an Schulen gezeigt werden. Der Film hat das Anliegen, Vorbehalte gegen Menschen mit Handicaps zu entkräften und zu zeigen, dass auch sie ein wertvoller Teil unserer Gesellschaft sind. Um eine breite Öffentlichkeit zu erreichen, soll der Film auch im Fernsehen ausgestrahlt werden. Der Bayerische Rundfunk und das Deutsche Sportfernsehen haben allerdings bislang noch keine Sendetermine festgelegt.

Der Cabrinischüler Stefan Bayer ist neben Stefanie Rossmeier von der Bischof-Wittmann-Schule in Regensburg der Hauptdarsteller dieser Dokumentation. Die Regisseure Bruno Hartl und Isolde Hill begleiteten die Sportler im Januar 2009 zu den "Special Olympics", den Olympischen Spielen für Menschen mit geistiger Behinderung nach Österreich.

Dort wird der 18-Jährige heuer zum 5. Mal mit dabei sein. Er wünscht sich, auch diesmal so erfolgreich zu sein wie in den Jahren 2008 und 2009, als er jeweils eine Medaille mit nach Hause brachte. 2008 siegte er in der Einzelwertung beim so genannten Cross-Country-Lauf, und im Vorjahr sicherte Bayer seinen Staffelkameraden Martin Beckenbauer, Florian Leonhardt und Sert Sergen als Schlussläufer dank einer enormen Energieleistung noch die Bronzemedaille. Herbert Pischulti, halbpädagogischer Förderlehrer und Sportleiter an der Cabrinischule, gerät ob Bayers Leistung auch ein Jahr später wieder ins Schwärmen: "Stefan ist mit 1:22 Minuten Rückstand auf die österreichische Staffel ins Rennen gegangen. Er ist förmlich über die Piste geflogen und hat auf der 1000-Meter-Runde zwei Minuten gut gemacht. Stefan erzielte die drittschnellste Laufzeit von allen Teilnehmern", erinnert sich Pischulti. Zur Belohnung gab es Lob von Karli Kranjc, dem Schlussläufer der Siegerstaffel, eine Urkunde und einen leckeren Schweinebraten mit Knödeln. Eine besondere Ehre wurde dem Cabrinischüler schon bei der Eröffnung der Wettbewerbe zuteil, als er vor tausenden Zuhörern den Olympischen Eid der Sportler sprechen durfte.

Zufrieden oder gar glücklich war Stefan Bayer dennoch nicht über die Bronzemedaille. "Wenn er nicht gewinnt, ist er manchmal nicht ansprechbar", weiß Vater Wolfgang, der den Ehrgeiz seines Jungen oft ein wenig bremsen muss. "Der Sport gibt Stefan die Möglichkeit zu lernen, dass er mit einem 3. Platz kein Verlierer ist. Auch lernt er zu akzeptieren, dass manchmal andere besser sind als er."

Doch das ist nicht allzu oft der Fall, denn wie Sportleiter Pischulti erzählt, ist Stefan auch im Schwimmen kaum zu schlagen: "Die Brustdisziplin beherrscht er auch in technischer Hinsicht fast perfekt." Stefan hört seinem Lehrer zu, freut sich über das Kompliment und ergänzt: "Ich spiele auch gerne Fußball, ich bin Torwart." Der 18-Jährige strahlt, und Vater Wolfgang wirft ein: "Tennis spielt er auch recht gut, bei uns zu Hause beim SV Ihrlerstein und in der Behindertengruppe des SV Saal."

Auch ließ es sich Stefan nicht nehmen, mit einigen Mitschülern 2007 den Riedenburger Oliver Riess bei dessen Nordic-Walking-Weltrekord in Kelheim zu unterstützen. Riess musste damals nach 56:15 Stunden entkräftet aufgeben, aber die Cabrinischüler walkten bis zum Finale am Sonntagmittag weiter und verdienten sich nach 88 Stunden ebenfalls einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde.

Es sei eine Hauptaufgabe der Cabrinischule in Offenstetten, "herauszukitzeln, wo die Schüler ihre Stärken haben, wo sie sich mit ihren Fähigkeiten in die Gesellschaft einbringen und auch erfolgreich präsentieren können", betont die Schulleiterin Elfriede Meier. Besonders der Sport sei geeignet, das Selbstvertrauen der Schüler zu fördern: "Wir haben auch die Aufgabe, die Jugendlichen resistent zu machen gegen dumme Sprüche", präzisiert Pischulti. Die abfälligen Bemerkungen der "Gesunden" weiß der Pädagoge, machen den Menschen mit Handicaps noch immer das Leben schwer.

Stefan Bayer, der in Offenstetten derzeit in der Berufsschulstufe an seiner Zukunft bastelt, hat mit den Beleidigungen Anderer zu leben gelernt. Der 18-Jährige richtet seinen Fokus auf die Dinge, die ihm Spaß machen. Und so freut er sich heute darauf, nach Regensburg zu fahren und sich den Dokumentarfilm anzuschauen, in dem er nochmal ganz groß raus kommt.

Nach der Präsentation des Films aber bleibt den Cabrinischülern um Stefan Bayer nicht viel Zeit zum Verschnaufen: Schon am Wochenende geht es wieder los ins österreichische Tamsweg, wo in der nächsten Woche die 18. Auflage der Lungauer Langlauftage auf dem Programm steht. Die Frage, was er dort erreichen möchte, macht Stefan um eine Antwort ein wenig verlegen. Doch er muss gar nichts sagen, sind seine sportlichen Ziele doch immer die gleichen: Er möchte stets der Beste sein.