Erlangen (DK) "Nicht nur geboren bin ich
Weltpoet aus Franken

Ausstellung über Friedrich Rückert in Erlangen

09.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:04 Uhr

Erlangen (DK) "Nicht nur geboren bin ich / in der Mitte des Mais / auch in der Mitte des Mains" dichtete wortwitzig der Weltpoet Friedrich Rückert und spielte damit auf seine fränkische Heimat an, der er sein Leben lang verbunden blieb. In Schweinfurt wurde er 1866 geboren; als Professor für Orientalistik, die er als wissenschaftliche Disziplin mitbegründet hatte, hatte er den eigens für ihn geschaffenen ersten Lehrstuhl für "Orientalische Sprachen" inne; und in Neuses bei Coburg, seinem Sommerdomizil, starb er vor 150 Jahren in dem für damalige Verhältnisse hohen Alter von 78 Jahren und wurde in Coburg bestattet.

Neben seinem Zeitgenossen Jean Paul gilt Friedrich Rückert als der wohl bedeutendste Dichter aus Franken.

Jetzt ist dem Dichter, Sprachforscher, Übersetzer und auch Dramatiker eine Ausstellung im Stadtmuseum Erlangen gewidmet, die sinnfällig nicht nur die Lebensstationen Rückerts aufblättert, sondern auch einen Blick auf die Zeit wirft, die sich in Deutschland zwischen der politischen Aufbruchsstimmung der bürgerlichen März-Revolution von 1848, der konservativen Reaktion des Biedermeier und der Industrialisierung gesellschaftlich neu ausrichtete.

Seinen vor allem zu Lebzeiten errungenen Ruhm verdankte Rückert vor allem seinem lyrischen Werk, das mit etwa 25 000 Gedichten, elegischen Sinnsprüchen und Aphorismen bis heute noch nicht vollständig gehoben ist. Nicht minder berühmt machten Rückert aber auch seine Erforschung 44 alter Sprachen, und von 20 Schriften nebst deren Übersetzungen, darunter der Koran und Texte aus dem Sanskrit, was in der Ausstellung durch viele Zeugnisse und Originale dokumentiert wird.

Als Zeitgenosse Alexander von Humboldts war Rückert ein Universalgenie, das schon in jungen Jahren sein immenses Wissen als Redakteur der "Morgenblätter für die gebildeten Stände" unter Beweis stellte. Sein Diktum "Weltpoesie ist Weltversöhnung" und seine Kritik einer der Industrialisierung geschuldeten Umweltzerstörung mag man heute als frühen Ausdruck einer globalen und ökologischen Weltsicht verstehen.

Wenn auch Rückert, als Zeitgenosse Goethes und der Gebrüder Grimm, als "vergessen" gilt, von dem kaum ein Text oder Titel im allgemeinen Bewusstsein haften geblieben ist, so ist er doch über die Musik heute noch gegenwärtig. Gustav Mahlers "Kindertotenlieder" vertonen einige der insgesamt 425 "Kindertodtenlieder", die Friedrich Rückert nach dem Tod zweier seiner Kinder schrieb, die innerhalb weniger Wochen 1833/34 an Scharlach starben und in Erlangen begraben sind. Aber auch "Donald Duck" zitiert Rückert-Gedichte, eine kleine Hommage Walt Disneys an Friedrich Rückert. Der sich übrigens mit seinen "Märlein" für Kinder verewigt hat, etwa mit dem Märchen "Vom Bäumlein, das andere Blätter hat gewollt".

Kurz vor seinem Tod wirft Rückert einen fast seherischen, pessimistischen Blick auf die Welt: "Die Welt wird je älter je kälter / Immer mehr gehen die Wälder aus, / Und der Urzeit Kohlenbehälter / Gehn auf in der Neuzeit Maschinenbraus."

Stadtmuseum Erlangen, bis 26. Dezember. Di, Mi, Fr 9 bis 17, Sa, So und Feiertag 11 bis 17 Uhr.