Greding
Weltmeisterin mit der Steirischen

Melissa Hüttner kehrt von den Wettkämpfen aus Österreich mit dem Titel zurück

19.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:00 Uhr

 

Greding (HK) Höher hinaus kann sie nicht mehr: Melissa Hüttner ist Weltmeisterin. Die 20-Jährige aus Greding hat sich bei der Harmonika-WM in Mayrhofen im Zillertal Anfang Juni den Titel auf ihrer Steirischen geholt.

Den WM-Titel muss sie sich zwar mit zwei weiteren Musikern teilen, doch schmälert das den Erfolg keineswegs. Denn die Organisatoren vom österreichischen Harmonikaverband haben die Teilnehmerschar wegen des unerwarteten Andrangs – es sind offene Meisterschaften – einfach in drei Gruppen geteilt. Jede davon hatte ihren Sieger, der sich nun Weltmeister nennen darf. Zusätzlich verliehen die Juroren Melissa Hüttner für ihr Vortragsspiel in der Stufe E – der Höchststufe für erwachsene Musiker – das Prädikat „Ausgezeichnet“.

Der internationale Wettbewerb des Harmonikaverbandes Österreich, der eben auch als Weltmeisterschaft firmiert, war fast ein Heimspiel für Melissa Hüttner. Denn unterrichtet wird sie seit neun Jahren von Hubert Klausner, der in Aschau im Zillertal wohnt und arbeitet. Ein Lehrer, der fast 250 Kilometer entfernt lebt? „Ich fahre in den Ferien öfter mal hin“, sagt Hüttner. Der Rest ist fleißiges Üben in Greding. Vor zwölf Jahren habe sie begonnen, auf der Steirischen zu spielen, auch diatonische Harmonika genannt. Erst in der städtischen Musikschule, bei verschiedenen Lehrern. „Die haben mich immer weggeschickt“, sagt Hüttner mit einem Lächeln, „weil sie mir nichts mehr beibringen konnten.“ Auf der Suche nach Noten ist sie dann im Internet auf Hubert Klausner gestoßen, der nicht nur studierter Harmonikalehrer ist, sondern auch Literatur für Akkordeon und Steirische Harmonika schreibt.

Die Zusammenarbeit hat sich gelohnt, nicht nur für Hüttner, sondern auch für ihren Lehrer. Denn der hat insgesamt 30 seiner Schüler ins WM-Rennen geschickt und mit ihnen alle drei vergebenen Titel abgeräumt. „Einen Monat vorher war noch ein Gipfeltreffen“, schildert Melissa Hüttner. Dort habe sie die anderen kennengelernt – und für sich schon einmal zehn Mitbewerber als ernsthafte Konkurrenten ausschließen können. „Aber die anderen waren echt gut“, sagt sie. Auch deshalb habe sie bis zum Schluss für das Vorspielen geübt, „um die letzten Fehler rauszukriegen“.

Ein gutes halbes Jahr Probenarbeit lagen da schon hinter ihr, immer wieder dieselben drei Stücke: ein verpflichtendes volkstümliches Lied, Variationen des französischen Volksliedes „Sur le pont d’Avignon“, die es so nur für die Steirische gibt, und zuletzt einen Swing-Mix. „Volksmusik spiele ich nicht unbedingt“, sagt Hüttner, deshalb sei sie ganz froh über die Musikauswahl gewesen. Doch nach locker 100 Stunden Proben hatte sie dann genug: „Ich habe die Lieder seit der WM nicht mehr gespielt“, sagt sie, „schon Freitagabend wollte ich nichts mehr davon hören, ich war sicher, dass ich nicht gewonnen habe.“ Am Samstag jedoch erfuhr sie, dass sie Weltmeisterin geworden war – und so musste sie abends beim Preisträgerkonzert erneut ran.

Sie hätte sich lediglich unter den Top Ten eingeordnet, so Hüttner bescheiden. Dabei gleiten ihre Finger mit traumwandlerischer Sicherheit über die Knöpfe ihrer Harmonika. 8500 Euro hat das gute Stück gekostet, da braucht es schon eine gute Portion Begeisterung. „Und man muss auf die finanzielle Unterstützung der Eltern hoffen“, sagt die 20-Jährige und lacht. Ihr Klavier jedenfalls sei günstiger gewesen – das spielt sie nebst Trompete auch noch.

Musikunterricht zu geben ist für die junge Frau jedoch keine berufliche Option, wie sie sagt. Die Abiturientin absolviert zurzeit in Greding eine Ausbildung zur Berufskraftfahrerin; sie fährt den Schulbus. „Das war schon immer mein Traum, das mache ich, bis ich ein passendes Studium gefunden habe.“ Mit der Gredinger Zahnärztin Irene Dirsch probe sie des Öfteren. „Vielleicht mache ich ja Zahnärztin“, überlegt sie deshalb. Bis es so weit ist, können die Busschüler weiter auf Hilfe bei ihren Lateinhausaufgaben während der Fahrt hoffen. Schon das ist eine Besonderheit. Jetzt werden sie auch noch von einer Weltmeisterin chauffiert.