Weltkulturerbe in Gefahr?

14.04.2009 | Stand 03.12.2020, 5:02 Uhr

Dem neuen Baugebiet in Zandt (unterer Bildabschnitt) müssten Teile der römischen Limesanlagen weichen. Ein Oberflächenabtrag auf einem der geplanten Baugrundstücke brachte nun Reste des Palisadengrabens ans Licht. Der Limes verläuft wohl ziemlich genau unter der Straße. - Foto: Hager/Hoedt

Zandt (DK) Sogar auf der Fahne der Limesschützen von 1923 sei er doch zu sehen: Der Verlauf des römischen Grenzwalls in Zandt. Deshalb hat Hobbyheimatforscher Rudi Götz schon gleich gewarnt, als er vom neuen Baugebiet in seinem Heimatdorf gehört hat: "Passts auf, da geht fei der Limes durch."

Der frühere stellvertretende Bürgermeister ist sauer auf seine Gemeinde Denkendorf: "Da hätte ich mir mehr Fingerspitzengefühl erwartet. Das hat doch jeder gewusst, dass hier der Limes durchläuft."

Was war passiert? Die Gemeinde Denkendorf plant ein neues Baugebiet "Am Graben" im gut 800 Einwohner zählenden Ortsteil Zandt und hat vorige Woche auf einem Grundstück des potenziellen Baugebietes Oberboden abtragen lassen. Dabei sind Überreste des römischen Palisadengrabens zum Vorschein gekommen, die der historischen Grenzmauer vorgelagert waren. "In Zandt graben s’ den Limes weg", schallte dieser Tage der Ruf besorgter Hobbyhistoriker bis in die Kreisstadt Eichstätt und die Redaktion der Heimatzeitung.

Eine Nachfrage beim Landesamt für Denkmalpflege ergab nun: Ganz so dramatisch ist es nicht, aber ernst ist die Lage schon. Der Leiter der Dienststelle Ingolstadt, Erich Claßen, erklärt, dass der Oberboden an dieser Stelle nach Absprache mit ihm abgetragen worden sei, um festzustellen, ob in den geplanten Baugrundstücken Spuren des historischen Grenzwalls zu finden seien. Denn die Gemeinde habe das zunächst bezweifelt. "Jetzt haben wir da etwas gefunden", so Claßen.

Der Schaufelbagger brachte Überreste des Palisadengrabens ans Licht, der in der zweiten Ausbauphase der römischen Grenzbefestigung der rätischen Mauer vorgelagert war. Die sogenannte "Teufelsmauer" selbst liege wohl direkt unter der Straße in Zandt, vermutet Claßen – wenn sie nicht schon Bauarbeiten früherer Jahrhunderte und Jahrzehnte zum Opfer gefallen ist.

Den Bodendenkmalpflegern wäre es am allerliebsten, wenn die Überreste des Limes unberührt im Boden bleiben könnten – sollten sie jedoch zerstört werden, dann wäre es auch möglich, dass der Limes seinen Status als Unesco-Weltkulturerbe verliert, so Claßen. Der Plan, hier ein Baugebiet zu errichten, werde deshalb auch der Limeskommission und der Unesco gemeldet – dann werde man weitersehen.

Der Status des Weltkulturerbes habe aber keinen neuen Rechtsstatus erzeugt – baurechtlich spiele das also keine Rolle, so Claßen. Deshalb sei – wie bei jedem anderen Baugebiet, bei dem Denkmäler im Boden vermutet oder gefunden werden – nun das mindeste, dass die Gemeinde vor der Erschließung des Baugebiets eine fachmännische archäologische Grabung durchführen lasse – "ohne Dokumentation geht da gar nichts", sagt Claßen.

Die Gemeinde werde sich dem sicher nicht verschließen, versicherte Geschäftsführer Herbert Niefnecker gestern auf Anfrage – Bürgermeister Jürgen Hauke ist noch im Urlaub. Denkendorf gehöre zu den Limesgemeinden, bekräftigt Niefnecker: "Wir leben mit dem Limes und ziehen auch Nutzen aus ihm." Die Gemeinde kümmere sich aktiv um den Limes, auch wenn der antike Grenzwall die Gemeinde eben manchmal einschränke – wie in diesem Fall. Niefnecker versichert jedoch, dass hier selbstverständlich zunächst eine archäologische Grabung stattfinden würde, bevor ein neues Baugebiet entstünde. Die Entscheidung habe der Gemeinderat zu fällen, der das nächste Mal am 30. April zusammenkommt. Dass die 15, vielleicht 20 neuen Bauplätze der Unesco Sorgen bereiten könnten, glaubt Niefnecker nicht: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ganze Weltkulturerbe an Zandt hängt."