Eichstätt
"Weltbekannte Dame unseres kulturellen Gedächtnisses"

Eichstätter Gastdozent Ludwig Steinherr legt Lyrikband mit Gedichten zu Vermeer vor

24.10.2019 | Stand 02.12.2020, 12:46 Uhr
In seinem Band "Briefleserin in Blau" hat der Lyriker Ludwig Steinherr Gedichte versammelt, die dem Delfter Maler Jan Vermeer gewidmet sind. −Foto: Buckl

Eichstätt (buk) Die "Briefleserin in Blau" des Delfter Malers Jan Vermeer van Delft, auch als Johannes Vermeer bekannt, entstand um 1662 bis 1664 und gehört zu den bekanntesten holländischen Ölgemälden aus der Epoche des Goldenen Zeitalters der Niederlande.

Vor Kurzem war das im Amsterdamer Rijksmuseum beheimatete Bild auch in München zu sehen. Verständlich, dass der Münchner Lyriker Ludwig Steinherr, langjähriger Lehrbeauftragter an der Katholischen Universität für das Fach Philosophie, dieses Gemälde nun auf den Umschlag eines neuen Bandes mit Gedichten setzte, den er dem Delfter Maler widmet.

Diesen holländischen Maler hat Steinherr schon viele Male umkreist, Gedichte über dessen Werk tauchen in etlichen der rund 20 Lyrikbände auf, die Steinherr bereits publiziert hat. Der Band "Briefleserin in Blau" versammelt sie nun in einer Ausgabe, erweitert um einige hier erstmals veröffentlichte Gedichte wie "Licht-Leserin" und eben das Titelgedicht.

Ein lesenswertes Vorwort zu dem Band steuerte Bernhard Maaz bei, der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, worin er sich mit der Protagonistin von Vermeers titelgebendem Bild beschäftigt, "einer weltbekannten Dame unseres kulturellen Gedächtnisses", deren Wesen sich dem Betrachter zwar im Bild offenbart, deren Name aber unbekannt bleibt: "Wer war sie, wie hieß sie, warum hielt Vermeer sie im Bild fest? " In jedem Fall kann man erkennen, dass die vornehme im hellen Licht lesende Dame schwanger ist und sich in "einer gediegenen, ungefährdeten, einer sicheren Lebenswelt" befindet.

Eine Annäherung an Bilder in Gedichten "als Ekphrasis" sei schon lange bekannt, die Kunst der Worte kann Bildern "einen poetischen Mehrwert" verleihen, so Maaz weiter; Bildgedichte seien schon seit dem Barock, der Romantik und der Klassik bekannt, als man Gedichte auf Raffael, Dürer oder Correggio verfasste. Hier reihe sich Steinherrs Lyrik in Traditionen ein, indem sie die "Betrachtung der Kunstwerke mit Beobachtung des Lebens verwebe".

Der Band enthält rund zwei Dutzend Gedichte, die teils direkt dem Barockmaler gewidmet sind, der im Oktober 1632 in Delft getauft und im Dezember 1675 dort begraben wurde, sein Schaffen allgemein oder einzelne Werke daraus in den Fokus rücken. Fast immer geht es in diesen Gedichten um das Licht in Vermeers Bildern, ein Leitmotiv, das sich auch durch Steinherrs weiteres Werk zieht: "Es gibt das Licht / damit es die Dinge geben kann / Es gibt die Dinge damit es / das Licht geben kann" heißt es in dem Gedicht "Vermeer", das Steinherr erstmals in dem Band "Das Mädchen Der Maler Ich" von 2013 vorgelegt hatte und das auch der "Briefleserin in Blau" gewidmet ist: "Die Schwangere liest den Brief ohne Worte / Sie liest das Licht und kommt / an kein Ende / Jedes Land auf der gilbenden Karte / ist eben erst entdeckt und sucht / seine Farbe. "

Mit der "Briefleserin in Blau" hat der 1962 in München geborene Autor, der für seine Lyrik schon mit mehreren Preisen prämiert wurde, wieder einen lesenswerten Lyrikband vorgelegt, dessen Lektüre man empfehlen kann.

Ludwig Steinherr: Briefleserin in Blau. Gedichte zu Vermeer. Allitera Verlag, Reihe "Lyrikedition 2000", mit einem Vorwort von Bernhard Maaz. Gebunden, 40 Seiten, Preis 14,80 Euro.