Weihnachtsbaum aus dem Wald

17.12.2006 | Stand 03.12.2020, 7:14 Uhr

Hilpoltstein/Eysölden (HK) Ein Weihnachtsfest für die Natur: Rund 40 selbst gesägte Christbäume verließen bei der jährlichen BN-Aktion den Wald zwischen Eysölden und Stauf.

Es ist schon eine fast zehnjährige Tradition geworden: Das Selber-Sägen von Christbäumen in einem Waldstück zwischen Eysölden und Stauf, wozu der Bund Naturschutz (BN) Hilpoltstein jährlich kurz vor dem Weihnachtsfest einlädt. Am Samstag waren es rund 40 Fichten und Tannen, die so den Forst verließen.

Die Natur profitiert gleich mehrfach von der Aktion, wie Frank Lehner, Leiter der Hilpoltsteiner BN-Ortsgruppe, berichtet. So wird der Baumbestand ausgedünnt und den Förstern diese notwendige Arbeit zum Teil abgenommen. Auch die Ökobilanz sieht bei den hier gesägten Christbäumen besser aus als beispielsweise bei seinen importierten Artgenossen: "Keine langen Transportwege und keine Behandlung mit Pestiziden", zählt Lehner auf.

So bildet sich am Samstagmorgen schnell ein großer Konvoi, der Lehner in das besagte Waldstück folgt – und los kann es gehen. Meist sind es ganze Familien, die sich auf die Suche ins Dickicht begeben. Zur Auswahl stehen ein nach den vom Sturm Wiebke verursachten Schäden neu bepflanztes Forstareal – oder der dicht bewachsene Bereich nebenan, in dem die jungen Bäume Schutz unter den Ästen ihrer großen Verwandten suchen. Vergeblich, denn die schönsten Exemplare werden zielsicher erspäht und sogleich abgesägt.

"Da muss man schnell sein", meint etwa der Hilpoltsteiner Karl Neuhofer, der mit seinem Sohn Thomas innerhalb weniger Minuten den Wald um einen Christbaum erleichtert. Nicht ganz so schnell schafft es Familie Benz aus Liebenstadt, aber sie machen ja auch einen Großeinkauf: einen Baum für sich, einen für die Oma – und ein kleines Bonus-Bäumchen noch dazu.

Zeit benötigen auch die Hollands aus Eckersmühlen, deren Töchter Lea und Linda selbst erfolgreich zur Säge greifen. Jene vergessen hat indes Johannes Lutter aus Hilpoltstein, der sich aber zu helfen weiß: mit der kleinen Klappsäge aus dem Baumarkt, die er für solche "Notfälle" immer im Auto hat. Sein sechsjähriger Sohn Kilian war schon im zarten Alter von zwei Jahren mit dabei und ist seitdem mit den Bäumen gewachsen. Dass das nun gesägte Exemplar nicht zu groß gerät – dafür soll ein Metermaß helfen.

Neben jungen Familien, die hier kräftig zu Werke gehen, finden sich einige rüstige Senioren bei der Aktion wieder. Wie etwa Dietmar Sacher aus Thalmässing, der von seiner erwachsenen Tochter Christine Kolsch begleitet wird. Oder die Stauferin Babette Stromberger, die zudem weiß, wie der Weihnachtsbaum für ein authentisches Christfest-Erlebnis sorgen kann – indem man ihn nämlich einfach einige Tage im Stall deponiert, so dass sich an Heiligabend die Geschehnisse von Bethlehem förmlich riechen lassen. Stromberger selbst ist mit dem Traktor zum Abtransport der Bäume angereist, andere sind mit Auto-Hänger bewaffnet und wieder andere packen ihre grüne Eroberung in den Pkw.

Wie der Hilpoltsteiner Emanuel Schilberg, der sich mit einer Plane behilft. Das ungewohnte Treiben im Forst wird schließlich einigen angestammten Waldbewohnern selbst etwas zu viel und so zischt ein Reh mitten durch die angehenden Christbäume hindurch, um sich in Sicherheit zu bringen.

Der Bestand jenes Wildes wurde in den letzten Jahren sukzessive dezimiert und so kommt es, dass es heuer "erstaunlich viele Tannen gibt", erklärt Förster Alfons Herzog. Hier kommen alle zu ihrem Weihnachtsbaum, der außerdem recht günstig ist. Drei Euro kostet der laufende Meter Fichte, vier Euro beträgt er bei der Tanne. Auch Lehner nimmt schließlich ein Exemplar mit, obwohl er heuer eigentlich ganz darauf verzichten wollte. Doch es waren die eigenen Kinder, die ihn schließlich vom Gegenteil überzeugten und so den BN-Chef zur Teilnahme an der eigenen Aktion bewogen, die eine immer größere Resonanz findet.