Weihnachten swingt

09.12.2008 | Stand 03.12.2020, 5:21 Uhr

Ingolstadt (DK) Was haben Louis Armstrong und Canned Heat, Spyro Gyra und gar Lynyrd Skynyrd gemeinsam? Richtig – ob alt oder neu, ob Jazz oder Rock, von allen gibt es Weihnachtsplatten und -CDs, worauf "Jingle Bells" und "Driving Home For Christmas" und all die üblichen amerikanischen Spezialsongs zum geschäftsträchtigen Event vereinigt sind. Deutsche wie "Es ist ein Ros’ entsprungen" kommen weniger vor, weil sie auch mit viel gutem Willen meist weder rocken noch swingen.

Swing? – Hier kommt Max Greger jr., der Pianist und Bandleader aus München, ins Spiel, denn der swingt aus Leidenschaft und Berufung. Und zwar immer, also auch kurz vor Weihnachten in der ausverkauften Neuen Welt. Mit "Winter Wonderland", "Sleigh Ride", "Santa Baby" und weiteren insgesamt 25 Titeln aus der Abteilung "Christmas für die ganze Familie" erfreut er Jung und Alt mit Easy Listening, swingenden Schlagern, ein klein wenig Blues, Soul und Rock ’n’ Roll. Perlendes Piano, samtener Bass (Rocky Knauer) und sanft gebürstetes oder wahlweise heftig attackiertes Schlagzeug (Max Kinker) harmonieren wie immer souverän, und es gibt tatsächlich Phasen im Konzert, während derer man sich glatt mitten in einem Jazzstandard wähnen könnte, so locker und groovy kommt die Musik daher.

Doch die Phasen, in denen die Band sich selbst von der Leine lässt, sind selten. Das Christmas-Material eignet sich anscheinend nur bedingt hierfür. Und auch nicht zur Entwicklung eigener Ideen bei der Bearbeitung der Vorlagen, denn so ähnlich wie hier und heute muss es vermutlich ganz einfach klingen, wenn Swing auf Weihnachten trifft.

Nina Michelle und Tony Bulluck schließlich sind für den Gesang zuständig. Erstere verfügt über eine angeraute Stimme, die für Aufsehen sorgt. Schleifpapier, grobe Körnung. Und Tony Bulluck? Nun, er hat vor Jahren, als er erstmals mit Greger jr. unterwegs war, eingeschlagen wie eine Bombe. Von der damaligen Extraklasse ist diesmal nichts zu spüren. Zuerst gibt er bei "I Saw Mummy Kissing Santa Claus" den singenden Clown, was er wahrlich nicht nötig hat und den Abend in dieser Phase verdächtig in Richtung "Ententanz" abdriften lässt, dann setzt er eine Chris-Rea-Nummer solistisch völlig in den Sand, um schließlich bei "Crying Christmas Tears" für einen versöhnlichen Abschluss zu sorgen. Am Ende bekommen Greger jr. und seine Truppe dennoch gehörig Applaus. Wer gerne Weihnachtslieder hört, kam schließlich auf seine Kosten. Swingfreunde hingegen vermutlich eher nicht. Aber immerhin ist bald Weihnachten. Da will man dann doch nicht so sein.